Nach fünf Jahren freie Bahn

Nach fünfeinhalbjährigem Tauziehen um die künftige Nutzung der ehemaligen "NS-Ordensburg" hat die NRW-Landesregierung am Dienstag grünes Licht für einen Rahmenvertrag gegeben (der TV berichtete).

Vogelsang/Düsseldorf. Mit insgesamt 27 Millionen Euro sollen bis 2012 in der einstigen Kaderschmiede der NSDAP ein Nationalparkzentrum, ein Dokumentationszentrum zur NS- und Nachkriegsgeschichte, eine regionalgeschichtliche Ausstellung sowie eine Jugendherberge mit integriertem Gästehaus und Jugendwaldheim entstehen. Für Letzteres wird der deutsche Jugendherbergsverband (Landesverband Rheinland) die Trägerschaft übernehmen. Unentgeltlich überlässt der Bund dem Jugendherbergswerk dafür die Redoute, die frühere Unterkunft der weiblichen Angestellten. Sie soll die modernste Jugendherberge Europas mit 200 Betten werden. Auf Wunsch der Region soll auch das Schwimmbad durch einen Verein weiterbetrieben werden. Der Bund hat sich bereiterklärt, außerdem den Adlerhof für einen symbolischen Euro an die Region zu übergeben. Unentgeltlich will er außerdem die Flächen abgeben, die zur Verkehrserschließung benötigt werden. Der Bund beteiligt sich an der ersten Entwicklungsstufe zur Anschubfinanzierung mit zehn Millionen Euro, die EU und das Land NRW mit weiteren 17 Millionen Euro — davon 40 Prozent vom Land — zum Ausbau des Denkmals. Die Kreise Euskirchen, Düren, Aachen, die Stadt Schleiden und der Landschaftsverband Rheinland tragen zehn Prozent Eigenanteil. Anfang 2008 soll der Rahmenvertrag unterzeichnet werden. Das riesige Grundstück mit 80 000 Quadratmetern Gebäudefläche war 2005 von den belgischen Streitkräften geräumt worden. Angesichts der heiklen Rolle der "Ordensburg" in der Nazizeit musste eine politisch korrekte wie finanzierbare Lösung gefunden werden. Burg Vogelsang steht seit 1989 unter Denkmalschutz. Das öffentliche Interesse an der sperrigen Immobilie ist enorm — auch in anderen Ländern. Seit der Freigabe der größenwahnsinnigen Nazi-Architektur an der Urfttalsperre für die Öffentlichkeit, die bis zum Abzug der belgischen Militärs Ende 2005 als Kaserne benutzt wurde, kamen bereits 300 000 Besucher. Eine GmbH kümmert sich um private Investoren

Nach der Umsetzung der Pläne soll der Standort "Burg Vogelsang" auch für private Investoren interessant werden. Eine GmbH soll sich um Käufer und Mieter kümmern. Im Gespräch ist unter anderem eine Hotel- und Golfanlage. Im Adlerhof sollen zudem drei Dauerausstellungen untergebracht werden: eine zur NS-Geschichte, eine zur Geschichte der Region und eine weitere zum Nationalpark Eifel. Die Landesregierung will Burg Vogelsang so zu "einem touristischen Ankerpunkt" für Besucher aus Europa entwickeln — "ohne die furchtbare Vergangenheit zu leugnen". Vogelsang entstand 1934 als Schulungskaserne der NSDAP für den faschistischen Nachwuchs und ist eine der größten baulichen Hinterlassenschaften der Nationalsozialisten. Ziel der menschenverachtenden Ideologie war die "Erziehung eines neuen Menschen". Fünfeinhalb Jahre diskutierte die Politik über die Nutzung, immer wieder wurde die Entscheidung verschoben, weil die Finanzierung unklar blieb. Nun herrscht endlich Klarheit. Künftig soll ein attraktives Angebot für junge Familien mit Kindern entstehen, die den Nationalpark erwandern wollen. Die Politik will um jeden Preis verhindern, dass die Anlage zu einem Anlaufpunkt für Neonazis werden könnte — und zwar durch mehr Information und Bildung.

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