Nach tödlichem Unfall in Bleialf - Amtsgericht Prüm verurteilt Berufsfahrer zu einer Geldstrafe

Prüm · Ein fatales Manöver - und ein Angeklagter, der wohl nur ein einziges Mal nicht genügend aufgepasst hat: Das Amtsgericht Prüm hat einen 58-Jährigen wegen fahrlässiger Tötung zu einer Geldstrafe von 2100 Euro verurteilt. Er hatte im September in Bleialf einen Unfall verursacht, bei dem eine 76-jährige Radfahrerin ums Leben kam.

Prüm. Ein unbescholtener Mann, seit 40 Jahren ohne jede Auffälligkeit im Verkehr unterwegs, aber einmal hat er offenbar nicht genügend Acht gegeben - und eine Frau stirbt. Das ist der Fall, der vor dem Amtsgericht Prüm verhandelt wird.

Der Vorwurf gegen den 58-jährigen Berufsfahrer aus der Verbandsgemeinde Prüm: fahrlässige Tötung. Er hatte, sagt Staatsanwältin Beatrix Klingler, am 25. September in der Winterscheider Straße von Bleialf seinen Sattelzug mit Tieflader am Fahrbahnrand abgestellt, um dort auf einem Lager-Grundstück einen Gabelstapler abzuholen.
Dazu musste der 58-Jährige an der Zugmaschine vorbei auf die Straße rollen, nach links abbiegen, den Stapler am LKW entlang zum Heck des Hängers und anschließend über die beiden Laderampen auf den Tieflader fahren.
Am Stapler war jedoch vorn eine Baggerschaufel montiert, mit Kies beladen - 1,80 Meter weit ragte sie nach Angaben von Gutachter Roland Benninghaus bereits in die Fahrbahn, bevor der Angeklagte die Straße komplett überblicken konnte.Chancenlose Radfahrerin

Und in dem Augenblick, als die Schaufel sich am LKW vorbei auf die abschüssige Straße schiebt, kommt die 76-jährige Radfahrerin herangerollt - ohne Chance, dem Zusammenstoß zu entgehen.
Sie stürzt so unglücklich, dass sie mit schwersten Kopf- und etlichen weiteren, ebenfalls lebensbedrohenden Verletzungen ins Aachener Klinikum geflogen werden muss. Die Ärzte können sie nicht retten, sie stirbt am gleichen Tag.

Der Angeklagte gibt an - vom Sachverständigen bestätigt - dass er extrem langsam auf die Straße gefahren sei, "in der festen Überzeugung, es käme keiner". Dass er - von einer Polizeibeamtin bestätigt - die Warnblinkanlage am LKW eingeschaltet hatte. Dass er schnell zurückgesetzt habe, als er die Radfahrerin wahrgenommen hatte und anschließend sofort erste Hilfe leistete.

Allerdings hatte er sich in der unübersichtlichen Situation auch niemanden zu Hilfe genommen, der ihn hätte einweisen können - ein Umstand, auf den auch Wolfgang Kau hinweist. Er vertritt die drei Kinder der Getöteten als Nebenkläger, an der Verhandlung nehmen sie nicht teil.

Kaum etwas ist strittig, der Angeklagte, spürbar mitgenommen, versucht sich nicht aus seiner Verantwortung zu reden, lediglich zwei Punkte liefern Raum für Diskussionen: So trug die Radfahrerin keinen Helm - Verteidiger Johannes Klotz wirft die Frage auf, ob sie andernfalls vielleicht doch den Sturz hätte überleben können. Und ob sie nicht eventuell schneller unterwegs gewesen sein könnte als mit den 15 bis 25 Kilometern pro Stunde, die der Gutachter für wahrscheinlich hält.

Letztlich aber spielt das alles keine Rolle: Die anderen Verletzungen waren offensichtlich so schwer, dass sie ebenfalls zum Tod der Frau beigetragen haben.

Am Ende sind sich Anklage, Nebenklage und Verteidigung nahezu einig: Der 58-Jährige soll eine Geldstrafe erhalten. Keine Haft, kein Führerscheinentzug. Die Staatsanwältin fordert, der finanziellen Situation des Angeklagten angemessen, 70 Tagessätze zu 35 Euro, er habe sich immerhin "noch nie etwas zu schulden kommen lassen".
Wolfgang Kau schließt sich an, verlangt aber zusätzlich, dass der 58-Jährige auch die Kosten der Nebenklage trage. Und er erinnert daran, dass durch das Unglück eine Frau "aus einem tätigen und engagierten Leben gerissen worden ist". Die Entschuldigung des Angeklagten könne er zwar nicht annehmen - "das können nur ihre drei Kinder. Aber ich werde sie mitnehmen." Verteidiger Johannes Klotz plädiert für nur 50 Tagessätze. Sein Mandant sei "von der ganzen Situation sehr tief getroffen und beeinträchtigt". Insgesamt habe es sich bei dem Unfall um eine "Verkettung unglücklicher Umstände" gehandelt, wenn auch das Geschehen vermeidbar gewesen wäre.Aufrichtige Entschuldigung


Letztes Wort des Angeklagten: Er bittet die Familie noch einmal um Entschuldigung. Das Unglück, sagt er, "tut mir aufrichtig leid".
Amtsrichter Oliver Emmer bleibt anschließend mit seinem Urteil in der salomonischen Mitte: 60 Tagessätze zu 35 Euro, plus Kosten der Nebenklage. Ja, es habe eine unglückliche Verkettung gegeben - aber die Ursache dafür habe der Angeklagte herbeigeführt. In vielen solcher Fälle laufe es zwar nach dem Motto "et hätt noch immer jot jejange. Aber leider", sagt Emmer, "geht es dann doch nicht immer gut."

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