Narren provozieren mit Nazi-Parolen

Olzheim · Auf dem Rückweg von einem Karnevalsumzug in Ostbelgien haben zehn Jugendliche in Olzheim offenbar lautstark "Sieg Heil" skandiert und den Hitlergruß gezeigt. Anwohner alarmierten daraufhin die Polizei, nun ermittelt die Staatsanwaltschaft.

Olzheim. Dienstagabend, mitten in Olzheim: Eine Gruppe junger Leute ist mit ihrem Motivwagen auf dem Rückweg von einem Umzug in Ostbelgien und macht auf der Hauptstraße Halt, um einige Mitglieder abzusetzen, die aus den umliegenden Orten stammen. Kurz nach 19 Uhr schnappt sich einer der Teilnehmer das Mikrofon und ruft - untermalt von lauter Technomusik - "Sieg Heil", die anderen brüllen mit und zeigen den Hitlergruß. Offenbar war auch Alkohol im Spiel. So schildern empörte Anwohner es der Polizei in Prüm, die umgehend einen Streifenwagen losschickt.
Als die Beamten eintreffen und die Personalien der zehn Jugendlichen im Alter zwischen 13 und 21 Jahren aufnehmen, will keiner etwas von den Vorgängen wissen. Nun ermitteln Polizei und Staatsanwaltschaft wegen der Verwendung der Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen - allerdings nur gegen neun der jungen Leute, wie Karl-Peter Jochem, Pressesprecher des Polizeipräsidiums Trier mitteilt. Denn der 13-Jährige sei noch nicht strafmündig.
Allerdings sei noch keiner der nun belangten Jugendlichen in einem solchen Zusammenhang aufgefallen, sagt Jochem. Im Rahmen des Ermittlungsverfahrens werden nun die Zeugen vernommen und es wird versucht, das Geschehen zu rekonstruieren. Was danach passiere, dafür gebe es - je nach Ergebnis der Ermittlungen - unterschiedliche Möglichkeiten. Neben der Einstellung des Verfahrens, weil eine Schuld nicht bewiesen werden kann, kann die Staatsanwaltschaft auch einen Strafbefehl beantragen oder eine Anklage vor Gericht erheben. Dort drohen eine Geld- oder eine Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren.
"Wir stehen aber noch ganz am Anfang des Verfahrens", sagt Triers Leitender Oberstaatsanwalt Jürgen Brauer. Deshalb könne man derzeit über mögliche Folgen noch keine Aussagen machen. Weil es sich um Jugendliche unterschiedlichen Alters handele, müsse man da differenziert herangehen und bewerten, wer der Rädelsführer war, wer nur Mitläufer und wie stark sie alkoholisiert waren. "Aber wir nehmen das nicht auf die leichte Schulter, sondern gehen da mit Nachdruck vor", sagt Brauer. Polizei und Staatsanwaltschaft betonen ausdrücklich, dass solche Parolen und das Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen auch zu Karneval verboten und "überhaupt nicht lustig sind".Meinung

Nicht zu entschuldigen
Noch ist der Fall Olzheim nicht geklärt, aber unabhängig davon gilt: Wer sich auf eine Straße stellt und sich lautstark zum Nazi-Terrorregime bekennt, muss mit empfindlichen Konsequenzen rechnen. Denn ein solches Verhalten ist nicht zu entschuldigen - weder mit dem Hinweis auf zu viel Alkohol noch auf Gedankenlosigkeit. Denn beides trägt zu einer Verharmlosung bei, die es in diesem Zusammenhang nicht geben darf. Solche Parolen und das Gedankengut, für das sie stehen, haben nichts in unserer Gesellschaft verloren. Deshalb tut man gut daran, dies den Wirrköpfen nachdrücklich zu verdeutlichen. Ihnen muss klar werden, wie menschenverachtend, terroristisch und in sämtlichen Belangen einfach nur abstoßend die Naziherrschaft in Deutschland war und welches unfassbare Leid sie über die Welt gebracht hat. Wer sich vor der Geschichte verschließt und dies mit gedankenlosen Parolen deutlich macht, dem müssen die Augen geöffnet werden. c.brunker@volksfreund.deExtra

Der Paragraf § 86 a des Strafgesetzbuchs (StGB) behandelt das Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen. Zu diesen Kennzeichen gehören neben Fahnen, Uniformstücken und Abzeichen auch Parolen und Grußformeln. Wer in Deutschland beispielsweise den Hitlergruß zeigt oder SS-Runen an Wände schmiert, kann mit einer Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder einer Geldstrafe belegt werden.

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