Naturschutz oder Vandalismus?

HECKHUSCHEID. Die Gemeindeväter von Heckhuscheid sind zurzeit so sauer wie die Wiesen im Riester Venn. Dieses Gebiet nämlich soll demnächst als Naturschutzgebiet (NSG) ausgewiesen werden. Dagegen hat zwar in Heckhuscheid niemand etwas, aber: Die Art und Weise, wie die Fläche bisher behandelt wurde, stößt auf derbe Kritik.

Zum Ortstermin hat Ortsbürgermeister Jakob Pinten seine Gemeinderatskollegen Willi Wanken, Werner Norta und Peter Heinen mitgebracht. In der kleinen, malerisch gelegenen Senke stampfen sie in dichtem Nebel über den feuchten Boden und scharren mit den Schuhen an den Stellen, wo vor ein paar Monaten noch Ginster und Weiden wuchsen. "Kein Hase findet hier mehr Schutz", schimpft Jakob Pinten, "und kein Schmetterling wird sich sehen lassen", klagt Peter Heinen. Der Grund: Im Sommer musste das Riester Venn eine Landschaftsschutzmaßnahme über sich ergehen lassen, die Pinten und Kollegen mühelos in die Kategorie "brutal" einordnen. Mit schwerem Gerät sei man über die Fläche gefahren, habe alles platt gemacht. Dass bei diesem Einsatz mit einem Forstmulcher zudem mindestens ein Reh getötet worden sei, bedauern sie ebenso wie ihre Vermutung, dass dort künftig auch Kleinlebewesen die Existenzchance genommen sei.Kritik an Informationspolitik

"Das ist Vandalismus an der Natur", schimpft Werner Norta, der ganz in der Nähe wohnt. Ihm wäre es jedenfalls lieber, die Struktur- und Genehmigungsdirektion (SGD) Nord in Koblenz ließe das Riester Venn in Ruhe und würde darauf verzichten, "Unsummen von Geld" auszugeben. "Früher gab es hier noch Kiebitze und Waldkäuze", erzählt Norta. Die hätten sich zurückgezogen, nachdem man vor ein paar Jahren schon eine ganze Reihe Fichten abgeholzt habe. Norta an die Adresse der SGD: "Ich glaube, die haben sich mit der Materie gar nicht richtig befasst." Zwar habe man in Heckhuscheid nichts gegen die Ausweisung des Riester Venns zum Naturschutzgebiet, aber eine vernünftige Information durch die Behörden sei ja wohl Voraussetzung, um im Einvernehmen zu einer Lösung zu finden. "So jedenfalls ist das Riester Venn zum größten Schandfleck hier geworden", unterstreicht Pinten noch einmal - auch mit dem ironischen Verweis darauf, dass sich der Jäger sicher freue, wenn er das sehe.Um Aufklärung und Frieden bedacht ist derweil Axel Schmidt, promovierter Biologe bei der Koblenzer SGD. Der Referent für Biotop- und Artenschutz erklärt: "Hauptziel ist es, diese Landschaft offen zu halten." Da man in den vergangenen Jahren die Mittel für Pflegemaßnahmen gekürzt habe, hätten sich viele Gehölze angesiedelt, die in dieser Größenordnung nicht dorthin gehörten. Nach der neuerlichen Pflegeaktion werde die Landschaft sich nun so entwickeln, "wie wir es gerne hätten". Dazu gehörten auch Hölzer, die dem Wild künftig wieder Schutz böten. 3750 Euro habe man sich das Projekt im Jahr 2003 kosten lassen. Schmidt: "Es sieht momentan zwar noch brutal aus, aber es wird sich schon wieder eine Parklandschaft entwickeln."Diese Parklandschaft wird nach dem Willen des Biotop-Experten unter anderem Borstgrasrasen, feuchte Hochstaudenvegetation und Wollgras beinhalten. Zudem sei dann optimaler Lebensraum, beispielsweise für Heuschrecken, geschaffen. Weiden indes sollen nicht aufkommen, diese gelte es, möglichst kurz zu halten. Schmidts "Wunschtraum": Das Riester Venn wieder von Schafen beweiden zu lassen.So wie vor ein paar Jahren. Damals, erzählt Werner Norta, sei die bekannte Schäferin Elsa von Rosspatt mit mehr als 200 Tieren für rund sechs Wochen im Riester Venn gewesen. Weil diese Beweidung im Frühjahr vonstatten gegangen sei, hätten die Tiere nichts zu fressen gehabt. "Das haben nicht alle überlebt", erinnert sich Norta und poltert: "Das war Tierquälerei!".Axel Schmidt bleibt indes bei seiner Linie. Oberstes Ziel sei der Naturschutz. Da er wisse, dass es hier auch um Wild gehe, wolle er einen Kompromiss erzielen. "Damit sind wir immer noch am besten gefahren", erklärt er und verspricht, Anfang nächsten Jahres ein Gespräch mit allen Beteiligten vor Ort zu führen. Schmidt: "Wir wollen keinen Kleinkrieg führen."

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