Neben Brot braucht der Mensch auch Werte

PRÜM. Grundwerte müssen wieder etwas wert sein: Professor Anton Rauscher referierte anlässlich des Neujahrsgesprächs im Ratssaal der Verbandsgemeinde (VG) Prüm zum Thema: "Der Mensch lebt nicht vom Brot allein".

VG-Bürgermeister Aloysius Söhngen hat viel gelesen im vergangenen Jahr. Vor allem die nationale Presse. In seiner Begrüßungsrede anlässlich des Neujahrsgesprächs im Prümer Ratssaal kritisierte er zwar eine "permanente, mediale Aufgeregtheit, in der aus Problemen Krisen und aus Krisen Katastrophen werden", wünschte sich jedoch für das Prümer Land die ein oder andere gute Schlagzeile in diesem Jahr. Er kündigte an, sich intensiv dem Thema Bevölkerungs-Entwicklung zu widmen, ohne dabei zu glauben, den Trend umzukehren. Aber: "Wir müssen uns den sich ändernden Rahmenbedingungen stellen und vor Ort gestalten. Dabei bin ich stolz darauf, dass wir auf viele funktionierende Gemeinwesen zurückgreifen können." Ein funktionierendes Gemeinwesen, Solidarität, Sozialkultur und Grundwerte wie Treue und Verlässlichkeit, darum drehte sich auch der Vortrag des Festredners, Professor Anton Rauscher von der Katholischen Sozialwissenschaftlichen Zentrale in Mönchengladbach. Dieser setzte sich unter dem Titel "Der Mensch lebt nicht vom Brot allein" für eine Erneuerung der sozialen Kultur ein. "Der Lebensstandard der Deutschen steht nach wie vor an der Spitze. Die Stimmung ist aber so, dass es uns schwer fällt, unseren Standort zu bestimmen", zitierte er Altbundeskanzler Helmut Schmidt. Mehr Optimismus, mehr Respekt vor anderen

Dieser werfe mit seiner These die Frage auf, ob wir eigentlich die Zusammenhänge erkennen und warum wir seit 2000 resignativ reagieren. Rauscher stellte die Frage, ob es vielleicht daran liege, dass die Gesellschaft individualistisch geworden sei. Jeder denke nur an sich, nicht an andere. Somit wäre Solidarität nur eine Floskel. Doch er beobachtet, dass die Deutschen bei Katastrophen sehr wohl hilfsbereit seien. Es gebe aber auch Bereiche, wo mehr geholfen werden könne. Zum Beispiel Menschen, die allein sind. Die Menschen hätten aber auch bei vielen anderen Situationen den Mut verloren. Zum Beispiel Vandalen entgegenzutreten und zu sagen: "Das gehört sich aber nicht!" Womit er das Thema Sozialkultur ansprach, das für ihn mehr sei, als wechselseitig zu verstehen. Für ihn sei Sozialkultur, wenn der Bürger sich einer Sache annehme, wenn er ein Problem zu seinem mache. "Viele Bürger gebärden sich so, als ob sie nichts damit zu tun hätten", kritisierte Rauscher. Es sei egoistisch, wenn einer vom anderen nichts mehr wissen möchte. Im Bereich der Wirtschaft störe ihn, dass das Wort "Mit" bei Mitarbeiter nicht mehr ins Gewicht falle. "Früher war den Managern ihre Belegschaft ein Anliegen. Heute sind sie nur noch am börsenorientiertem Wert des Unternehmens interessiert." Die zweite Frage, die ihm auf dem Herzen lag, war, ob Menschen soziale Tatbestände erkennen und ob sie bereit sind, sich den Regeln zu beugen und ihren Beitrag zu leisten. So fragte er sich, warum immer weniger Kinder geboren werden. "Kinder gelten primär als Last. Junge Leute müssen verstehen, dass Kinder die Zukunft bestimmen." Womit er beim Thema Grundwerte war. Es sei erschütternd, wie gewaltbereit junge Menschen seien. Er sei der Meinung, dass junge Leute keinen Grundrespekt mehr vor anderen hätten und damit auch keine Achtung vor anderen Ansichten. Zur Zeit sei es in der Gesellschaft chic, dass jeder seine Meinung durchsetzt. "Wir haben es nötig, in allen Bildungseinrichtungen die Stimme zu erheben", appellierte er. Musikalisch umrahmt wurde der Vortrag vom Kalimba Gesangs-Quintett.

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