Neues aus Bitburgs Vergangenheit

Bitburg · Die Menschen, die im römischen Dorf Beda lebten, waren wohlhabend. Die Reste aufwendiger Keramik, die Archäologen nun im Kobenhof gefunden haben, bestätigen dies. Zudem haben die Mitarbeiter des Landesmuseums nun belegt, dass das Bitburger Kastell auch im 5. Jahrhundert besiedelt war. Eine Zeit, aus der es bisher kaum Funde gab.

 Ein Modell des spätrömischen Kastells: Archäologen haben nun bei Grabungen im Kobenhof (rot) Neues über die Zeit herausgefunden, in der dieses Bauwerk Bitburg vor plündernden Germanen schützte. TV-Foto: Katharina Hammermann

Ein Modell des spätrömischen Kastells: Archäologen haben nun bei Grabungen im Kobenhof (rot) Neues über die Zeit herausgefunden, in der dieses Bauwerk Bitburg vor plündernden Germanen schützte. TV-Foto: Katharina Hammermann

Bitburg. Wie einfach könnte es sein, wenn es Zeitmaschinen gäbe. Dann müsste man nur ein paar Schalter umlegen und schon könnte man sich selbst ein Bild davon machen, wie das römische Dorf (Vicus) Bitburg aussah, wie die Menschen lebten, ob die Häuser aus Stein oder Holz waren oder ob das römische Kastell im 5. Jahrhundert noch genutzt wurde …
Doch Zeitmaschinen gibt es nicht. Und so setzen die Archäologen in mühevoller Kleinarbeit Puzzlestücke zusammen, bis sie eine Vorstellung von der Vergangenheit haben.
Wohlhabendes Straßendorf


Derzeit tun die Mitarbeiter des Trierer Landesmuseums dies im Kobenhof, wo ein neuer Kanal und Wasserleitungen verlegt werden (der TV berichtete). Wenn der Bagger eine Pause einlegt, machen sie sich über die Grube her und untersuchen die freigelegten Erdschichten. "Wir suchen hier nicht nach dem großen Einzelfund", sagt Grabungstechniker Marcus Thiel. Vielmehr sei das Ziel, herauszufinden, wie es in dem römischen Kastell aussah. Denn da gebe es noch große Wissenslücken. Dabei haben sie Funde gemacht, die ihnen bestätigen, wie wohlhabend das Straßendorf vor seiner Zerstörung gewesen sein muss. Und über die spätere Kastellzeit haben sie sogar ganz neue Erkenntnisse gewonnen. Auskunftgeber waren Bodenschichten: Die unterste - mit 1,5 Metern besonders mächtig - besteht hauptsächlich aus Schutt, der aus der Zeit stammt, in der Beda ein Dorf an der wichtigen Straße war, die Köln mit Trier verband. Seine Anfänge hatte das Dorf vermutlich im zweiten Jahrzehnt vor Christus. In einer langen Friedensperiode entwickelte sich die Siedlung zu einem wohlhabenden Kleinstädtchen. Davon zeugen prunkvolle Gräber, Götterdenkmäler oder auch eine Inschrift, die beweist, dass Beda ein Theater hatte.
Die Funde, die nun im Kobenhof gemacht wurden, untermauern die Theorie von Bitburgs Wohlstand. Auch wenn es sich nur um Schutt und Scherben handelt - besonders schöne Scherben. "Die Menschen hier hatten eine große Auswahl an verzierten Bechern, Schalen oder Töpfen, um einen schönen Tisch zu decken", sagt Thiel. Im dritten Jahrhundert war es dann allerdings vorbei mit der häuslichen Gemütlichkeit. Germanenstämme fielen in den Jahren 275/276 über die Region her. "Man muss davon ausgehen, dass Vicus Beda damals einen brutalen Untergang gefunden hat", heißt es in dem von der Stadt Bitburg und dem Landesmuseum herausgegebenen Buch "Das römische Bitburg". Doch die 1,5 Meter mächtige Schicht verrät nicht nur etwas über Bitburgs Friedensperiode. Sie verrät auch etwas Neues über den Bau des wehrhaften Kastells, das in der ersten Hälfte des vierten Jahrhunderts entstand. Denn um die Befestigungsanlage mit ihren fast vier Meter starken Mauern und 13 Rundtürmen zu bauen, wurde das Gelände - wie Befunde aus dem Kobenhof zeigen - zuvor nicht nur planiert. "Das Terrain wurde für das Kastell mächtig angehoben", sagt Thiel. Denn neben dem Schutt findet sich in der untersuchten Schicht auch reichlich Erde, die von verschiedenen Seiten hinzugeschüttet wurde. Vielleicht stammt sie aus den Wehrgräben oder Mauerfundamenten. Die wissenschaftliche Interpretation dieser Erkenntnis steht noch aus.
Auch das, was über diesen 1,5 Metern gefunden wurde, muss noch analysiert werden: Es handelt sich um eine aus der spätrömischen Zeit stammende, rund 60 Zentimeter mächtige Schicht, die neben Scherben viel verbranntes Material enthält. Die weit weniger ausgefeilte Keramik stammt aus dem 4. Jahrhundert. Aber auch noch aus dem 5. Ein Jahrhundert, über das wegen mangelnder Funde bisher wenig bekannt war. Ein Jahrhundert, in dem viele römische Städte und auch Kastelle von einfallenden Germanen zerstört wurden. "Unsere Funde belegen, dass hier zu dieser Zeit noch gesiedelt wurde", sagt Thiel.
Im Kastell hat es oft gebrannt


Auf Häuser ist er im Kobenhof leider nicht gestoßen. Das könne allerdings daran liegen, dass die heutige Gasse vielleicht auch damals eine Gasse war. Oder daran, dass es öfter mal gebrannt hat - wie das Brandmaterial zeigt. Thiel geht von lokalen Feuern aus. Denn zerstört wurde das Kastell nicht. Im 13. Jahrhundert wurden seine Mauern sogar saniert, bis sie im 14. Jahrhundert nicht mehr genug Raum boten, um alle Bitburger zu schützen, und das Römerkastell um eine mittelalterliche Stadtmauer erweitert wurde. Auch aus dieser Zeit finden sich knapp unter einem kaiserzeitlichen Straßenpflaster Scherben.
All diese Scherben werden nun gewaschen und begutachtet, um Rückschlüsse auf ihre Herkunft - und damit auch die Geschichte Bedas ziehen zu können. Ein mühsames Puzzlespiel auf der Suche nach Neuem aus der Vergangenheit.

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