Neues Verkehrskonzept: Bitburger erfinden das Rad neu

Bitburg · Lange hat das Radfahren in Bitburg eher ein Schattendasein gefristet. Das soll sich mit dem neuen Verkehrskonzept ändern. Dabei sind auch die Ideen der Bürger gefragt. Das hat die Stadt genau vor.

Regen prasselt auf die Dächer, tropft runter auf die Straße. Das Thermometer zeigt zehn Grad. Der Himmel: so grau wie der Asphalt unter den Reifen der Männer und Frauen, die heute durch die Stadt radeln. Die acht Gestalten in den gelben Warnwesten wirken wie Farbkleckse auf einer Leinwand. Sie sind mit die einzigen, die man heute auf Bitburgs Straßen sieht. Die wenigen Fußgänger ziehen ihre Schals hoch, verstecken sich unter Schirmen.

Was das Radelrudel bei diesem Wetter in den Sattel treibt? Die Mitarbeiter von der Stadt und dem Landesbetrieb für Mobilität (LBM) fahren die Radwege in Bitburg ab, überprüfen die Beschilderung und besprechen, wo es etwas zu tun gibt. Immer wieder halten die Planer an Problemstellen.
Immer wieder wird unterwegs debattiert: Braucht es einen Schutzstreifen oder eine eigene Fahrbahn? Sollen Radler hier kreuzen, dort queren, lieber im Kreisverkehr oder daran vorbei rollen?

Das Thema Radwege ist in Bitburg offensichtlich komplizierter, als man meinen könnte. Kein Wunder: Bisher hat sich damit offensichtlich noch kaum jemand befasst. "Bitburg ist nicht gerade eine Radfahrstadt", meint der Gerolsteiner LBM-Chef Harald Enders. Schüler nähmen den Bus oder würden von den Eltern gefahren. Berufspendler gebe es kaum. Und wegen der extremen Steigungen auf den Strecken sei die Eifel - anders als die Moselregion - für Radtouristen noch nicht so attraktiv, wie sie vielleicht sein könnte.

Das Verfahren: Doch all das soll sich jetzt ändern mit einem neuen Radkonzept für Bitburg. Es soll in zwei Bürgerwerkstätten erarbeitet werden. Der erste Workshop startet im November, ein zweiter ist für Sommer des nächsten Jahres angesetzt.

Die Anregungen der Bürger sollen mit Hilfe des Kölner Planungsbüros Via in ein Konzept gegossen werden. Der Stadtrat soll dann abstimmen, ob die Entwürfe in den Generalverkehrsplan einfließen. Bis dahin ist es noch eine Weile hin. Aber schon jetzt gibt es jede Menge Ideen:

Anbindung der Ortsteile: Rund um die Bierbrauerstadt ist einiges an neuen Wegen geplant (die gestrichelten Linien in der Infografik). Als erstes will die Stadt die Verbindung zwischen Nimstalweg und Saarstraße angehen. Diese neue Route soll entlang der alten Bahntrasse führen und das Radeln in und um Bitburg erleichtern. Ein Vorteil:Wer aus Masholder Richtung Saarstraße fährt, muss dann nur noch eine, statt fünf Kreuzungen überqueren.
Aber guter Rad(weg) ist teuer, oder? In diesem Fall nicht: Die neue Strecke wird die Bitburger wohl keinen Cent kosten. Der Bund übernimmt die Kosten. Der Grund: Durch den Ausbau der B 51 fällt ein Stück Radweg weg. Es ist das ohnehin sanierungsbedürftige Teilstück an der Verlängerung der Echternacher Straße. Der Ersatz - also der neue Weg - soll fertig sein, bevor der alte abgerissen wird, verspricht Enders. Probleme könnte jetzt höchstens die seltene Kreuzkröte machen, die in dem Gebiet lebt. LBM-Chef Enders ist aber zuversichtlich, "dass wir das in den Griff kriegen". Was auch immer das bedeuten mag…

Auch Matzen, Mötsch und Stahl könnten in den nächsten Jahren neue Anbindungen an die Kernstadt bekommen (siehe Grafik). Bislang sind das aber nur Vorschläge. Vorschläge gibt es übrigens nicht nur für die Ortsteile.

Anbindung der Schulen: Ein weiterer Schwerpunkt im neuen Konzept werden die Schulwege in der Stadt sein. Sie sollen sicherer und besser ausgeschildert werden. Und dafür müsse nicht mal viel Geld ausgegeben werden, meint Enders: "Die Wege sind da. Wir müssen sie den Kindern nur zeigen." Hier und da könne vielleicht ein Schutzstreifen eingezeichnet, eine Kreuzung markiert oder der Asphalt saniert werden. Auch Projekte mit Schulen könnte sich der LBM-Chef vorstellen. Wenn mehr Schüler mit dem Fahrrad zum Unterricht führen, würde das in jedem Fall den Verkehr in der Denkmalstraße entlasten. Was er meint: Montag bis Freitag gegen Viertel vor 8 stauen sich dort die Wagen von Eltern, die ihre Kinder zur Schule bringen.

Anbindung des Tourismus: Bei der Tourist Information weiß man: Radtouren liegen im Trend. Auch in Bitburg könne man damit Geld verdienen. Die Touristiker wollen daher eine Broschüre mit neuen Ausflugsstrecken veröffentlichen - darunter auch zwei, die durch die Bierbrauerstadt führen.

Die Eifel liegt bei den Radlern als Mittelgebirge im Augenblick noch nicht so hoch im Kurs. Das liegt vor allem an den Steigungen auf den Strecken. Doch was ist schon ein Hügel, wenn man ein E-Bike hat? Dass immer mehr Sportler zu den motorisierten Geräten greifen, sehen die Eifeler als Chance.KommentarBitburg kommt in die GängeBundesweit boomt der Radverkehr - auch in Kleinstädten. Doch Bitburg hat diese Entwicklung lange verschlafen. Hier geht der Trend eher zum Zweitwagen als zum Fahrrad oder E-Bike. Neue Wege, neue Streifen, neue Konzepte sollen das ändern. Und die Ideen sind nicht schlecht. Sie kommen nur spät. Bis etwas passiert, werden Jahre ins Land gehen. Dabei hätten die Bitburger das alles schon früher haben können. Städte wie Isny im Allgäu, Ketzin im Havelland oder Reken in Nordrhein-Westfalen machen es vor. Aber genug gemeckert: Es ist gut, dass sich hier bald was dreht, vorzugsweise Fahrradreifen. Bitburg kommt endlich in die Gänge. c.altmayer@volksfreund.deExtra: RADWEGE IN DER REGION

Was das Radwegenetz angeht, steht die Region gar nicht schlecht da. Rund 30 Millionen Euro sind seit den 1980er-Jahren in den Ausbau von Fahrradwegen geflossen. Auch heute lassen sich Stadt, Bund und Land deren Instandhaltung Geld kosten. Erst kürzlich hat der Landesbetrieb Mobilität die Strecke von Bitburg nach Messerich saniert. Statt über Schotter rollen die Reifen jetzt über Asphalt. Und auch abseits der Städte wird sich um Radwege bemüht. Im kommenden Jahr will der LBM eine sogenannte Venn-Eifel-Mosel-Route ausschildern. Die Route gibt es schon - sie hieß nur noch nicht so. Die Strecke umfasst den kompletten Kylltal-Radweg.

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