Notizen für die Provinz

SIGMARINGEN. Bernd Gombold - kennen sie nicht? Kennen sie doch: Der Mann ist einer der produktivsten und populärsten Theater-Schriftsteller in Deutschland. Und Verwaltungsbeamter.

Hamlet. Faust. Godot. Alles Klassiker. Und beinahe so publikumswirksam wie "Die unglaubliche Geschichte vom gestohlenen Stinkerkäs'". Ihr Autor: Bernd Gombold. Shakespeare, Goethe, Beckett und... Gombold? Jawohl, auch der. Denn Bernd Gombold ist einer der meistgespielten Bühnen-Autoren im Land - auch wenn mancher Großkultur-Verweser davon nichts weiß. Jeden Winter, so sicher wie die Kosakenchöre dann wieder durch die Kirchenschiffe tremolieren, kommt auch der jährliche "Gombold" über uns, in Form eines gepfefferten Schwanks, aufgeführt von den Theatergruppen der Region. 22 Komödien gehen bisher auf Gombolds Konto, alle im Programm des Deutschen Theaterverlags - wie auch die Werke der eingangs genannten Herrschaften. Und alles Dauerbrenner auf den Provinzbrettern. Gombolds Geheimnis? "Es ist irgendwie diese Mischung aus Derbheit, Freundlichkeit und Nähe zu den Leuten, die das spielen", sagt Verlags-Geschäftsführerin Gabriele Barth. "Das sind drei Standbeine. Und ein Tisch, der drei Beine hat, der wackelt nie." Außerdem: "Seine Dialoge sind relativ kurz, es gibt größere und kleinere Rollen, aber alle sind gleich präsent. So können einfach viele Leute viel damit machen." Und zwar sehr viele Leute: Vom südbadischen "Kraftsportverein Appenweier" bis zur bayerischen "Theatergruppe Münchsteinbach", von Ormont bis Heckhuscheid, von Birresborn bis Habscheid, alle lieben, alle spielen Gombold. Er mag, was die Aufführungsorte betrifft ("Schussenrieder Erlebnisbrauerei"), nicht in der Thalia-Klasse antreten. Dafür aber ist er bundesweit präsent. Wer und was ist Bernd Gombold? Ganz einfach: Ein verbeamteter Familienvater (verheiratet mit Martina, zwei Söhne) mit viel Kreativ-Kapazität. Tagsüber schiebt er Dienst im Landratsamt der baden-württembergischen Kreisstadt Sigmaringen, als Leiter der Personal- und Organisationsabteilung. Und ist erst erschreckend jugendliche 37 Jahre alt. Wann schreibt der Mann? "Wenn andere joggen gehen", sagt Bernd Gombold im Gespräch mit dem TV . Ausgangspunkt seien oft kuriose Begebenheiten aus der Wirklichkeit. "Und dann fang' ich eben an zu spinnen." Geschrieben werde aber erst, wenn er alles durchdacht und den "roten Faden" gefunden habe. Es ist der zweite Anruf, beim ersten war er noch kurz angebunden: "Ich bin gerade in Eile", hatte die freundliche Stimme aus dem Hörer geschwäbelt. "Ich muss gleich zu einem Termin, ich stecke nämlich mitten im Bürgermeisterwahlkampf." Tatsächlich, er will Bürgermeister werden, in seiner Heimatgemeinde Inzigkofen (2900 Einwohner). Das passende Stück hat er selbstverständlich längst geschrieben. Titel: "Der Tyrann."Zwei Schreiber im Rennen

Der Witz: Einer seiner acht Gegenkandidaten (darunter auch ein gewisser "Günther Jauch") nennt sich, ausgerechnet, Schriftsteller. Klingt wie von Gombold ausgedacht - und wird noch kurioser: "Eigentlich kennt den keiner, er kandidiert überall, aber es hat ihn noch niemand hier gesehen." Stimmt: Der "Schriftsteller", das ergibt eine schnelle Internet-Recherche, tritt ständig irgendwo an und fährt im Schnitt etwa ein Prozent Stimmen ein. Gute Aussichten also für den Theater- und Verwaltungsmann, der zwar der CDU angehört, aber als unabhängiger Kandidat ins Rennen geht. Und den es ansonsten nicht juckt, dass seine Werke nicht am Nationaltheater, sondern in Gasthäusern oder Gemeindesälen über die Bühne gehen: "Da bin ich stolz drauf", sagt Gombold. "Und ich habe einen unglaublichen Respekt vor den Dorfbühnen, die das auf die Beine stellen. Das ist selbst gestaltete Kulturarbeit auf dem Land."Auch als Würdenträger will er dichten

Viele laden ihn zu ihren Aufführungen ein - und jedesmal freut er sich, seine Figuren auf der Bühne zu sehen. Natürlich sei die Qualität unterschiedlich, "aber ich habe noch nie gedacht: Wärst du bloß nicht hierher gefahren." Letzte Frage: So viel Erfolg - der zahlt sich doch bestimmt aus? "Ja, natürlich. Aber sie sehen ja, dass ich durchaus noch einem normalen und ehrbaren Beruf nachgehe. Es ist ein schönes Zubrot." Und das will er auch als Bürgermeister backen: "Wenn's klappt, werde ich nicht aufhören, Theaterstücke zu schreiben." Seit Sonntag steht fest: Es hat geklappt. Gombold wurde mit überragender Mehrheit ins Amt gewählt.

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