Archiv 2012 Nur Helmut Schmidt traute ihm nicht

Utscheid · Der Hotelier Peter Winandy aus Utscheid ist ein besonderer Naturfreund. Als Experte für Lebensmittel aus der Wildnis bestimmt der Eifeler mehr als 40 essbare Pilzarten sowie 120 heimische Kräuter, die sich für die Küche eignen.

 Peter Winandy hat beim Pilzesammeln im Wald bei Utscheid einen Rotfußröhrling gefunden. TV-Foto: Christian Moeris

Peter Winandy hat beim Pilzesammeln im Wald bei Utscheid einen Rotfußröhrling gefunden. TV-Foto: Christian Moeris

Utscheid. Mit Messer und Korb bewaffnet streift Peter Winandy durch den Wald bei Utscheid, Verbandsgemeinde Neuerburg, - den Blick immer vom Weg in das angrenzende Unterholz gerichtet. Plötzlich hat er ein Lebewesen am Wegesrand entdeckt, was er sofort genauer unter die Lupe nimmt. Der winzige Pilz verströmt einen aus der Küche bekannten Duft. "Der Knoblauch-Schwindling ist ein hervorragender Würzpilz, zwei Stück davon in einer Pilzpfanne ersetzen den Knoblauch", erklärt der Experte.
Das trockene sonnige Wetter der letzten Tage gefällt dem Pilzliebhaber überhaupt nicht. "Bis Mitte Juli habe ich aber noch tonnenweise Pfifferlinge gesammelt."
Pilzjahr beginnt im März


Trotzdem hat er heute etwas Beute gemacht. Im Korb liegen Rotfußröhrlinge, Perlpilze und Frauentäublinge. Mehr als 40 heimische Pilzarten kann der leidenschaftliche Sammler bestimmen und in der Küche verwerten. "Mein Lieblingspilz ist der Grüngefelderte Täubling mit seinem nussigen Aroma."
Die Professionalität, die der 58-jährige Winandy in seiner Freizeit beim Pilzesuchen an den Tag legt, hat ihn auch beruflich weit gebracht. Als Meisterkoch hat er in den 1970er Jahren im Bundesverteidigungsministerium in Bonn Staatsoberhäupter und Gäste verköstigt.
Fünf Tische im Restaurant


"Nur Bundeskanzler Helmut Schmidt mochte meine selbst gesammelten Pilze nicht." Der Staatsmann habe stets Bedenken wegen einer Pilzvergiftung gehabt. "Da hab ich ihm einmal gesagt: Herr Schmidt, ich bin der oberste Pilzsammler, von mir können sie die doch ruhig essen." Aber da sei nichts zu machen gewesen, lacht Winandy. Seit 1983 betreibt er gemeinsam mit seiner Frau das nach seiner Meinung kleinste Hotel in der Eifel. Die Pension mit neun Betten und fünf Restauranttischen in Utscheid ist auch meist der Grund für seine Beutezüge durch den Eifelwald.
Für seine Gäste kocht Winandy am Abend Menüs, die er mit selbst gesammelten Lebensmitteln aus der freien Natur veredelt. Ob Spargel mit wildem Hopfen, Gänseblümchensuppe oder Vanilleeis mit Holunderbeerensirup, wenn Peter Winandy kocht, spielen heimische Pilze, Kräuter und Früchte die erste Geige.
Seinen ersten Pilz hat er bereits mit acht Jahren gesammelt, als er die Magd auf dem elterlichen Bauernhof in Mettendorf beim Pilzesammeln begleitete. Durch seinen Beruf als Koch lernte er den Wert ungespritzter heimischer Lebensmittel zu schätzen, womit er seine Küche zu jeder Jahreszeit zu versorgen wusste.
Das Pilzjahr beginnt für Winandy, anders als für die Großzahl der Pilzsammler, bereits im März. Wenn im Frühjahr die ersten Speisemorcheln aus dem Boden sprießen, ist er bereits auf Patrouille im Eifelwald unterwegs.
Die Saison endet für den Experten nicht selten erst zur Weihnachtszeit, wenn es selbst den letzten Trompetenpfifferlingen zu kalt wird.Ab und zu bietet er zudem Pilzwanderungen an und unterrichtet Laien in der Bestimmung von Speisepilzen. Und entgegen seiner aufwendigen Küche für die Hotelgäste: Mit dem eigenen Geschmack ist Winandy ganz am Boden geblieben."Ich mag Pilze ganz natürlich und ohne viel Tamtam. In Butter gebraten mit etwas Salz und Pfeffer schmecken sie mir am besten."Extra

Insgesamt gibt es im Eifelkreis etwa 3500 Pilzarten, die mehr als einen Millimeter groß sind. Einen die Pilzsammler ansprechende Größe haben rund 2000 Sorten, wovon nur mehrere Hundert essbar sind. Davon wirklich schmackhaft sind etwa 60 Exemplare. Die geschmacklich wertvollsten und ergiebigsten Speisepilze im Eifelkreis sind Steinpilze, Pfifferlinge, Maronenröhrlinge und Wiesenchampignons. Zudem gibt es 30 tödliche Giftpilze in der Region. Der Grüne Knollenblätterpilz führt wegen der Verwechslungsgefahr mit Scheidenstreiflingen zu den meisten Pilzvergiftungen. Schon der Verzehr geringer Mengen dieses Giftpilzes kann tödlich sein, da die enthaltenen Toxine zu Leberversagen führen. Mehrere Hundert Pilz arten verursachen nach dem Verzehr mittlere bis leichte Pilzvergiftungen wie Magen- und Darmstörungen. Wer sich bei der Bestimmung nicht sicher ist, sollte vor dem Verzehr den Rat eines Pilzsachverständigen einholen. Die nächsten Pilzsachverständigen finden sie in Gerolstein, Mückeln, Trier und Wittlich. Weitere Informationen unter: www.ag-pilzkunde-vulkaneifel.de cmo

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