Nur noch Ostern ist schlimmer - Wenn die stille Nacht zur Stress-Nacht wird

Kyllburg/Wittlich · Mit der Geburt Jesu feiern Christen heute an Heiligabend eine Sternstunde für die Menschheit. Seit Wochen laufen die Vorbereitungen: innere wie äußere. Für viele Menschen bedeutet das Stress. Doch wenn die Glocken zur Christmette läuten, fällt alles von ihnen ab. Für andere fängt die Arbeit dann erst an. Der TV die Pastöre gefragt, ob der Spagat zwischen Dienst und Besinnung gelingt.

"Weihnachten ist lange nicht so schlimm wie Ostern", sagt Dechant Klaus Bender vom Dekanat Bitburg spontan auf die Frage, ob Weihnachten für ihn Stress bedeutet. "Das sind normale festliche Gottesdienste ohne Extras. In der Karwoche und an Ostern hingegen werden verschiedene Liturgien gefeiert, die alle einzeln vorbereitet werden müssen."
Ähnlich sieht es auch Pfarrer Ralf-Pius Krämer von der Pfarreiengemeinschaft (PG) Gerolsteiner Land: "Weihnachten ist viel Arbeit, aber unkompliziert und planbar." Eine gut durchdachte Planung ist das A und O, bestätigen auch Pfarrer Bruno Comes von der PG Wittlich und Pfarrer Ludwig Hoffmann von der PG Daun. "Wir sind trotz der Größe hier gut aufgestellt und jammern nicht. Die Gottesdienste sind zeitlich versetzt und damit für unser Pastoralteam gut machbar", sagt Ludwig.
Die Katholiken rund um Daun können laut Pfarrbrief von Heiligabend bis zum zweiten Weihnachtsfeiertag zwischen 25 Gottesdiensten auswählen. Dazu kommen noch drei Kinderkrippenfeiern. In Wittlich schaut es ähnlich aus: 23 Messen und fünf Krippenfeiern. Comes ist froh, sich dabei auf seine vielen Mitarbeiter verlassen zu können.
Hohe Erwartungen
Die Erwartungen an die Priester und Gemeindereferenten sind hoch: Die Gottesdienste sollen feierlich sein, die Predigt ausdrucksstark und nicht 08/15. Jeder will etwas für sich davon mit nach Hause nehmen können. "Die Gottesdienste sind pastoral wertvoll, denn sie sind das Tor zum Weihnachtsfest", betont Bender. "Viele Menschen schaffen es nicht mehr, zu Hause Weihnachten zu feiern. Dort besteht das Fest dann oft nur noch aus einem guten Essen. Doch die Menschen suchen etwas an Weihnachten, das Besondere. Gerade die, die das Jahr über selten kommen, sind vielleicht intensiver dabei als die, die immer da sind." Alle sind in den Kirchen willkommen. "Wir nutzen die Weihnachtsgottesdienste nicht dazu, den Leuten ein schlechtes Gewissen zu machen, dass sie nicht öfter reinschauen", sagt auch Ludwig.
Comes hat seine Predigten im Advent bereits dazu genutzt, zur Achtsamkeit zu mahnen: "Würdigt den Heiligen Abend, aber überhöht ihn nicht. Schraubt eure Erwartungen runter, damit kein Streit entsteht."
Doch wie ist das für die Priester? Während die Messbesucher in ihre Familien zurückkehren, wartet auf sie in der Regel das leere Pfarrhaus. Kommt da Wehmut auf? "Es ist tatsächlich eine spannende Situation", bekennt Krämer, "aber auch der Punkt, zur Ruhe zu kommen". Er freut sich auf Besuche bei der Familie und bei Freunden an den Tagen nach Weihnachten. "Mit ist es wichtig, auch selbst feiern zu können. Wir sind ja nicht nur die, die funktionieren", sagt Hoffmann und erzählt von seiner Tradition, zwischen den einzelnen Christmetten seine Mitbrüder zum Essen einzuladen.
Bender kann sich an ein Jahr erinnern, in dem es ihm als jungem Priester sehr schwer gefallen ist, alleine zu sein. Heute kommt er gut zurecht: "Ich mache die Lichter am Baum an, höre Musik und freue mich, dann meine Weihnachtspost zu lesen." Ähnlich ist es im Wittlicher Pfarrhaus. Comes freut sich auf den ersten Feiertag, wenn seine Familie zu Besuch kommt, und auf die Tage nach Weihnachten. Dann hat er Urlaub. "Nach Weihnachten geht die Luft raus, aber nicht weil Weihnachten so stressig ist, sondern weil es das ganze Jahr über auf einem hohen Level ununterbrochen durch geht."

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