"Nur rumhängen" als Alarmsignal

ORENHOFEN. "Drogen und Sucht - Vorbeugung geht alle an": Zu einer Informationsveranstaltung der Ortsgemeinde Orenhofen kamen mehr als 50 Zuhörer in die Eifellandhalle. Das Fazit: Aufklärung ist dringend notwendig, den Familien kommt eine entscheidende Rolle zu und der Prävention gilt höchster Stellenwert.

 Präparierte Flaschen und Werkzeuge: Das Handwerkszeug der Kiffer war ausgestellt und verwunderte die interessierten Besucher.Foto: Rudolf Höser

Präparierte Flaschen und Werkzeuge: Das Handwerkszeug der Kiffer war ausgestellt und verwunderte die interessierten Besucher.Foto: Rudolf Höser

Am Quertisch saßen die Fachleute, die sich im Kreis Bitburg-Prüm professionell mit der Drogen- und Suchtproblematik befassen. Damit war es Ortsbürgermeister Walter Schönhofen gelungen, das geballte Fachwissen zu bündeln, das vor Ort die Szene bestens kennt und in der Lage ist, den Menschen Hilfe zu bieten. Die erwarteten die Zuhörer auch in konkreter Form. Ratsmitglied Myriam Schirra moderierte. Josef Fuchs von der Fachstelle für Suchtprävention beim Caritasverband Westeifel wurde die Zeit knapp. Allein seine umfassende und langjährige Erfahrung hätte ausgereicht, den Abend zu füllen. "Konfliktfähigkeit, positives Selbstwertgefühl, kritisches Konsumbewusstsein und Beziehungsfähigkeit sind wichtige persönliche Schutzfaktoren, die wir bei unseren Kindern und Jugendlichen stärken müssen. Gutes Klima in der Familie ist wichtig

Dazu gehören dann auch geeignete Entfaltungsmöglichkeiten, ein gutes Familienklima und eine günstige Peer-Gruppe", erklärte Fuchs. Viele Suchtmittel sind leicht verfügbar. Fuchs: "Wenn es dann in der Persönlichkeitsstruktur Schwierigkeiten im Umgang mit Konflikten gibt, eine niedrige Frustrationstoleranz gegeben ist, eine schwierige Gegenwartsorientierung sowie Risikobereitschaft und Depression hinzukommen, liegen entscheidende persönliche Risikofaktoren vor. Woran sie als Eltern erkennen können, ob es ein erhöhtes Suchtrisiko bei ihren Kindern gibt, wollten einige wissen. "Bereits bei Kindern sind Anzeichen für seelische Probleme erkennbar, etwa wenn das Kind sich auffällig von anderen zurück zieht und absondert, nicht mehr aus seiner Fantasie- und Traumwelt zurück in die Wirklichkeit kommen will", erklärt Josef Fuchs. Bei Schulkindern setze sich das fort, wenn sich die Kinder dauernd langweilen, für nichts interessieren und passiv "rumhängen". Wenn sie sich nicht dazu entschließen können, aktiv gegen diesen Zustand anzugehen, unselbstständig und stressanfällig sind und keine Freunde haben, schrillen bei den Fachleuten die Alarmglocken. Roland Carius ist der Jugendschutzbeauftragte des Kreises und schildert aus seiner Sicht, wo es klemmt. Carius: "Wenn die Schulleistungen rapide absinken, der Freundeskreis aufgegeben oder ständig gewechselt wird, sind das ernste Anzeichen, denen nicht selten der Rückzug von allen Aktivitäten bis zur totalen Isolation folgt." All dies können Anzeichen für eine spätere Sucht sein, mindestens sind es aber Indikatoren für massive, aktuelle Probleme. Und wenn die jungen Menschen erst einmal in den Drogenkreislauf geraten sind, dann dauert es in der örtlichen Szene für gewöhnlich nicht lange, bis sie bei Peter Scholtes auffällig werden. Der Polizeibeamte ist Jugendsachbearbeiter bei der Polizeiinspektion Bitburg und kennt die örtlichen Verhältnisse sehr genau. "Die Wege und Plätze, die Zeiten und handelnde Personen sind uns bestens bekannt. Es reicht mir etwa aus, den Spitznamen einer Person zu hören, um ihn in der Szene einordnen zu können", verrät der Beamte. Er beleuchtet die rechtliche Situation, vor allem auch im Hinblick auf das Führen von Kraftfahrzeugen. "Bei Kontrollen stellt die Polizei häufig fest: Null Promille Alkohol - Drogentest positiv", berichtet Scholtes und weist auf die Folgen hin. Führerscheinentzug und ein langer, beschwerlicher Weg der Wiedererlangung sind das Ende vom Lied. Elmar Zenner arbeitet für die Caritas als Streetworker. Er macht auf die Sichtweise der jungen Menschen aufmerksam. "Es findet heute ein schneller Wechsel der Generationen statt. Ein 25-jähriger lebt heute schon in einer komplett anderen Welt als ein 18-jähriger. Andere Kleidung, andere Musik, andere Sprache - wir sehen eine rasante Dynamik der Lebenswelten." Zenner plädiert auch dafür Verständnis aufzubringen. Die örtlich ansässige Ärztin Petra Ramos Zunino spricht über die medizinischen und seelischen Folgen der Sucht. Miriam Schmitz ist 22 Jahre alt, sie hört sich die Beiträge an. "Notwendig, gut und richtig. Es ist vor allen Dingen wichtig, dass sich in der Gesellschaft etwas ändert. Das heißt für jeden, an sich selber zu arbeiten. Die Dinge vorleben, das ist das Entscheidende in der Erziehung", sagt die junge Frau. Gisela Krebs sieht den materiellen Überfluss unserer Tage als mit ursächlich dafür, dass sich junge Leute so reichlich mit Alkohol und anderen Drogen versorgen können. Kein Patentrezept, aber Hilfsangebote

Jürgen Weber ist Lehrer an der Realschule Speicher. "Es ermutigt mich, dass die Prävention im Vordergrund steht. Wir gehen auch an der Schule diesen Weg und wollen schon in den ersten Klassen entsprechende Unterrichte anbieten", so der Konrektor, der das Rauchen als ein gravierendes Problem an der Schule ansieht. Am Ende gibt es neben viel Information eine Menge Fragen. Bürgermeister Schönhofen dankt den Referenten für ihre Ausführungen. "Patentrezepte gibt es auch in diesem Bereich keine, doch das Hilfsangebot sollte genutzt werden", so Schönhofen.

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