Nur wer sich einmischt, kann mitgestalten

BITBURG. Mehr Frauen in die Politik: Diese Forderung unterstützt nicht nur die Gleichstellungsbeauftragte Marita Singh. Auch prominente Politikerinnen wissen aus Erfahrung, dass der Einstieg leichter ist, als viele Frauen denken.

In den Orts- und Verbandsgemeinderäten der Landkreise sitzen deutlich weniger Frauen als Männer. Woran liegt das und wie kann man Frauen ermutigen, durch politisches Engagement vor Ort für ihre Ziele einzutreten?Diese Fragen waren Inhalt zweier Informationsveranstaltungen, die von Marita Singh, der Gleichstellungsbeauftragten des Landkreises Bitburg-Prüm, zusammen mit den Landfrauenverbänden organisiert wurden. "Wege in die Politik" und "Politik praktisch" waren die Abende in Bitburg und Arzfeld betitelt. Als Podiumsgäste gaben Kommunal-Politikerinnen aller Parteien Auskunft über ihre Erfahrungen. Außerdem wurde ein Handbuch für Neueinsteigerinnen vorgestellt, das Überblick über das Wesen der Kommunalpolitik vermittelt. "Der Wunsch, sich politisch zu betätigen, scheitert oft schon im Vorfeld", fasste Marita Singh eines der Diskussionsergebnisse zusammen. "Frauen haben interfamiliäre Hürden zu nehmen und leiden durch hohe Anforderungen in Familie und Beruf unter Zeitproblemen. Darüber hinaus befürchten sie, nicht gut genug zu sein, enttäuscht zu werden oder Machtkämpfe innerhalb der Parteien nicht durchzustehen."Mangelnde Akzeptanz bei Geschlechtsgenossinnen

Auch beklagten viele Frauen einen Mangel an Akzeptanz und Solidarität, vor allem von anderen Frauen. Viele seien davon überzeugt, dass ihnen zur Verfolgung ihrer Ziele das nötige rhetorische Geschick fehle.Aber sind all diese Bedenken in der Praxis tatsächlich relevant? Marita Singh meint: "Nein, denn Frauen, die politisch aktiv sind, kommen besser klar, als man denkt. Sie haben Spaß daran, sind motiviert und werden auch akzeptiert." Eine, die das bestätigen kann, ist Mathilde Weinandy, hauptberufliche Landtagsabgeordnete und erste weibliche Vorsitzende des Gemeindeverbandes Prüm. Sie trat mit 24 Jahren in die CDU ein, um etwas für die Gesellschaft zu tun. "Ich wollte nicht nur meckern, sondern handeln und mitgestalten", begründet sie ihre Motivation. "Natürlich musste ich mich erst einleben und auch Lehrgeld bezahlen. Aber ich habe mir durch meine Arbeit Akzeptanz erworben und sitze heute an einer Schaltstelle, wo ich etwas bewegen kann", sagte Weinandy. "Wichtig ist, Kompetenz zu zeigen. Mir macht das Spaß, vor allem, weil ich immer wieder größte Unterstützung gerade seitens der Männer erhalte." Wichtig ist ihr das selbstverständliche Miteinander der Geschlechter. "Männer und Frauen sind die Gesellschaft. Sie unterscheiden sich und ergänzen sich gerade darum gut in der Zusammenarbeit." Ähnlich sieht das auch Astrid Schmitt, SPD-Landtagsabgeordnete und Vorsitzende des Haushalts- und Finanzausschusses des Kreises Daun. Wie Mathilde Weinandy und viele andere prominente Politikerinnen der Landkreise ist auch sie Mutter. Zur Zeit des Tschernobyl-Unglücks stillte sie ihr erstes Kind. "Aus persönlicher Betroffenheit heraus engagierte ich mich zunächst in einer Bürgerinitiative. Dort konnte ich aber zu wenig bewegen, deshalb trat ich in die Partei meines Vorbilds Willy Brandt ein. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass man mit offenen Armen aufgenommen wird, wenn man sich engagiert. Verfolgt man eine Sache mit gesundem Menschenverstand, ist auch die Akzeptanz da." Den Umgang mit anderen empfinde sie als kollegial. Aber die Belastung durch den Spagat zwischen Familie, Beruf und Politik sei groß. "Das funktioniert nur, wenn einem der Partner Rückendeckung gibt." Trotzdem empfiehlt sie allen Frauen, sich einzumischen, gerade da, wo ihre persönlichen Interessen, berührt werden. "Wichtig ist, ein selbstverständliches Politikverständnis zu entwickeln: Politik geht jeden an."Die Broschüre "Die Politik der Zukunft ist eine Politik mit mehr Frauen" kann bei der Kreisverwaltung in Bitburg unter Telefon 06561/153350 angefordert werden.

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