Museen Jäger des gläsernen Schatzes

Oberstedem · Fünf Kilometer von Bitburg entfernt eröffnen sich 2000 Jahre Glasgeschichte in einem Privatmuseum. Ein Besuch in den Vereinigten Museen im Jakobshof.

Helmut Wirges vor einer der vielen Vitrinen im Glasmuseum in Oberstedem. Wie viele Ausstellungsstücke es genau sind, kann er nicht sagen. 

Helmut Wirges vor einer der vielen Vitrinen im Glasmuseum in Oberstedem. Wie viele Ausstellungsstücke es genau sind, kann er nicht sagen. 

Foto: Julia Nemesheimer

Beim Gang durch die Reihen an Vitrinen begleitet den Besucher ein beständiges leises Klirren. Mittendrin in seinem selbst erbauten Glasreich steht Helmut Wirges.

Jedes erste Wochenende im Monat ist das Privatmuseum für Besucher geöffnet. Dabei bietet der Sammler auch Führungen an. Die können ausschweifend sein, wenn Wirges merkt, dass sein Publikum interessiert ist. Vor allem aber schafft er es dabei, seine eigene Leidenschaft rüberzubringen. Dass hier ein Sammler mit Herz und Seele steht, macht sich schon nach den ersten fünf Minuten bemerkbar. Zu jedem Ausstellungsstück kann der 70-Jährige eine Geschichte erzählen. Nicht nur, mit welcher Technik es hergestellt wurde oder aus welcher Hütte es stammt, sondern oft auch, wie und wo er das Exponat gefunden hat.

„Vieles habe ich vom Flohmarkt“, erzählt Wirges. Am Wochenende oder im Familienurlaub – viele Stücke habe er bei Streifzügen auf den Trödelmärkten gefunden. Manche Exponate stammen auch aus dem Antiquitätenhandel oder von Auktionen. Einiges kommt direkt von Künstlern oder aus den Glashütten.

Das Sammelfieber für Glas hat ihn schon sehr früh gepackt. „Mit zwölf Jahren hat es angefangen“, sagt Wirges. Seither hat er tausende Gläser erstanden. Vasen, Flaschen, Trinkgläser, kleine Tiegel und Flakons und imposante Trinkpokale aus 2000 Jahren sammeln sich in dem alten Bauernhaus in Oberstedem.

1998 kaufte Helmut Wirges das Trierer Langhaus aus dem Jahr 1750. „Eigentlich hätte ich mein Museum gerne in Frechen eröffnet“, sagt Wirges. Doch in seiner Heimat bei Köln stieß er auf wenig Interesse seitens der Stadt. Daher schaute er sich in einem größeren Radius um und fand sein Museum im kleinen Dorf in der Eifel. Seither pendelt der Allgemeinmediziner und Diabetologe am Wochenende mit seiner Frau Ursula zwischen Frechen und Ober­stedem.

So oft es seine Zeit zuließ, kam er gemeinsam mit der Familie an den Wochenende in den Ort mit 74 Einwohnern, um das alte Haus auf Vordermann zu bringen. Vor allem hat er es aber in ein Museum verwandelt, das 2006 eröffnet wurde. 90 Prozent der Umbau- und Renovierungsarbeiten hat Familie Wirges selbst übernommen. Einen Teil der Vitrinen konnte der Mediziner aus einer Brühler Ausstellung übernehmen, viele hat er aber selbst gebaut.

Die Mühen haben sich gelohnt. Auf 400 Quadratmetern dehnt sich seine Ausstellung aus. Im Obergeschoss stehen noch etliche Kartons mit weiteren Gläsern, die nicht mehr ins Erdgeschoss gepasst haben – der Platz ist schließlich begrenzt.

Im Parterre trifft man, nachdem man einen kleinen Raum mit Büchern, Kasse und einem sehr positiv gefüllten Gästebuch durchquert hat, zunächst auf Rohstoffe und Werkzeuge und erfährt von Helmut Wirges, wie Glasherstellung funktioniert(e).

In den ersten Vitrinen findet man Exponate aus der Römerzeit, die knapp 2000 Jahre alt sind. Von hier aus arbeitet sich die Wirges-Sammlung durch die Jahrhunderte. Innovationen in der Formgebung und Glasmalerei werden mit vielen Exemplaren dargestellt und von Wirges auf fachkundige Art erklärt. Der chronologische Aufbau reicht bis in die 30er Jahre des 20. Jahrhunderts.

Danach geht es weiter mit „Glas zum Gebrauch“. Bier-, Milch- und Weinflaschen, Glas in der Medizin, Pharmazie und Chemie, im Büro oder Haushalt – auch hier reicht Wirge`s Sammlung bis ins 18. Jahrhundert zurück.

Abschließend gibt es einen kurzen Abschnitt mit zeitgenössischem Glas von 1945 bis heute. Dabei steht das europäische Glasschaffen im Mittelpunkt, das zunehmend dekorative Zwecke erfüllt. Mit vielen, oft kostbaren Stücken, bietet Wirges so insgesamt einen facettenreichen Blick auf das Thema Glas.

Die im Jacobshof ausgestellten Exponate sind aus ganz Europa – sowohl was ihren Herstellungsort als auch den „Fundort“ von Wirges betrifft. Wie viele es aber insgesamt sind oder wie viel Geld er in seine Sammlung investiert hat, kann er nicht sagen. „Das habe ich während eines ganzen Lebens zusammengetragen, da kommt einiges beisammen.“

Anfang Juli tritt Helmut Wirges den Ruhestand an und übergibt seine Arztpraxis seinem Sohn Florian. „Dann habe ich sicher noch etwas mehr Zeit für das Museum und den Hof“, sagt der Sammler.

Für die Zukunft plant er weitere Sonderausstellungen, die in der Vergangenheit meist im Spätsommer realisiert wurden. „Zur Ausstellungseröffnung feiern wir ein großes Fest im Garten mit Büffet und kurzen Vorträgen.“ Bei solchen großen Events ist die gesamte Familie Wirges mit dabei und greift dem passionierten Sammler unter die Arme.

Seinen Lebensmittelpunkt wird Helmut Wirges allerdings nicht nach Oberstedem verlagern. „Meine ganze Familie lebt in und bei Frechen. Da möchte ich nicht wegziehen.“ Aber die Aussicht, auch mal mehr als nur ein Wochenende in der Eifel zu verbringen, sei verlockend.

Die Vereinigten Museen im Jacobshof sind jedes erste Wochenende im Monat von zehn bis 17 Uhr geöffnet, aber auch nach Vereinbarung. Erreichbar, auch für Gruppenführungen, ist Helmut Wirges per E-Mail an dr.wirges@web.de oder unter Telefon 02234/16313. Mit Führung kostet der Eintritt fünf Euro.

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