Aktion „One billion  rising“: Menschen tanzen in Bitburg gegen Gewalt an Frauen und Mädchen

Bitburg/PRÜM/DAUN · Sich freuen, tanzen, lachen: Bei der weltweiten Aktion „One billion  rising“, die am Mittwoch auch in Bitburg stattfindet, geht es darum, aber um eine ernste Sache. Warum die Eifeler auch in diesem Jahr dabei sind und jeder mittanzen sollte, lesen Sie hier.

 Ob diesmal wieder so viele dabei sind wie 2017?

Ob diesmal wieder so viele dabei sind wie 2017?

Foto: e_bit <e_bit@volksfreund.de>/Maria Adrian

Die Welt tanzt! Und die Eifel ist dabei. Am Mittwoch tanzen Menschen rund um den Globus  gegen Gewalt an Frauen und Mädchen. Nicht  nur in Neuseeland und den USA, nein, auch auf dem Spittel in Bitburg.

Grund für den spontanen Menschenauflauf für die gute Sache, auch „Flash-Mob“ genannt, ist der weltweite Aktionstag gegen Gewalt an Menschen weiblichen Geschlechts. Bereits in den vergangenen beiden Jahren gab es diese Aktion auf dem Spittel. Auch in diesem Jahr freuen sich die Veranstalter auf möglichst viele Mittänzer.

Doch braucht man so etwas überhaupt in der Eifel? Und wie steht es hier um dieses Thema? Die Gleichstellungsbeauftragte des Eifelkreises Bitburg-Prüm., Marita Singh, hat sich den Fragen des Trierischen Voilksfreunds gestellt.

Frau Singh, Gewalt gegen Frauen: Das Thema ist im Moment durch die „Me too“-Debatte in aller Munde. Was halten Sie davon? Erhoffen Sie sich davon nachhaltige Veränderungen?

SINGH: Ich begrüße die Debatte und finde es wichtig, dass die betroffenen Frauen den Mut aufbringen und das in der Öffentlichkeit thematisieren: Wichtig ist, dass die Frauen Hilfe erfahren und dass nicht weggeschaut wird. Sexualisierte Gewalt hat ihre Wurzeln meist in ungleichen Machtverhältnissen, und das muss sich in unserer Gesellschaft ändern.

 Was umfasst der Begriff Gewalt eigentlich: Gehören dazu nur körperliche Übergriffe?

SINGH: Bei Gewalt denken wir oft an Schläge, blaue Flecken, aber Gewalt ist viel mehr: Es ist, etwas mit Zwang vor allem psychisch und physisch durchzusetzen. Und sexualisierte Gewalt sind alle Handlungen, die das sexuelle Selbstbestimmungsrecht des Menschen verletzen. Das kann eine anzügliche Bemerkung, ein „Grabschen“, Mobbing bis hin zu massiv körperlicher Gewalt sein.

Bei Gewalt gegen Frauen denkt man an Indien, Ägypten oder Pakistan. Warum ist das auch ein Eifeler Thema? Und gibt es belastbare Zahlen dazu?

SINGH: Laut einer Studie ist jede dritte Frau weltweit bereits Opfer von Gewalt gewesen. Leider sind die Zahlen aus der Eifel auch nicht anders. Wir haben seit 2001 einen Runden Tisch gegen häusliche Gewalt für die Eifel gegründet. Hier sitzen Polizei, Staatsanwaltschaft, Beratungsstellen, Frauenhaus, Jungendamt, Weisser Ring – also alle, die mit der Thematik befasst sind, an einem Tisch. Ziel ist ein besseres Hilfesystem für die Frauen, Öffentlichkeitsarbeit und ein Tabuthema zu brechen.  Die betroffenen Beratungsstellen sprechen von weiterhin steigenden Fallzahlen. Betroffen sind alle gesellschaftlichen Schichten und auch nicht nur die ausländischen Frauen.

Was kann eine Frau in der Eifel tun, wenn Sie Opfer geworden ist oder sich bedroht fühlt?

SINGH: Wenn das in einer Firma auftritt: Jeder Arbeitgeber hat die Pflicht solchen Anschuldigungen nachzugehen. Betroffene Frauen können sich an die Polizei wenden, an den Frauennotruf oder an die Interventionsstelle.

Wo sehen Sie in der Eifel noch Lücken in der Infrastruktur?

SINGH: Die Wege in der Eifel sind sehr lang und beim Thema ÖPNV sieht es leider auch hier in der Eifel nicht so gut aus. Das nächste Frauenhaus für unsere Region  ist in Trier. Aber leider ist das Frauenhaus ständig belegt, das gilt allerdings für alle Frauenhäuser in Rheinland-Pfalz. Daher begrüße ich die Überlegungen des Frauenministeriums, ein Frauenhaus oder eine Frauen-Schutzwohnung in der Eifel zu planen. Wichtig für betroffene Frauen ist, dass die Interventionsstelle (Caritasverband Westeifel) zu den Frauen geht und sie berät.

Frauen auf der ganzen Welt fordern Veränderungen, wenn es um das Thema Gewalt geht. Was ist in Deutschland aus Ihrer Sicht notwendig- auf gesellschaftlicher, gesetzlicher und politischer Ebene?

SINGH: Die gesellschaftliche Sichtweise zu dem Thema muss sich verändern: Frauen sollten klar formulieren, was sie wollen und was nicht! Und Männer müssen das akzeptieren und sie dürfen ihre Macht nicht missbrauchen. Gesetzliche Veränderungen gibt es genügend: seit 2002 das Gewaltschutzgesetz,  seit 2016 „Nein heißt Nein“. Seit diesem Monat tritt die Istanbul-Konvention in Kraft.

One billion rising - Tanzen gegen Gewalt.  Was erhoffen Sie sich von der  Veranstaltung heute in Bitburg?

SINGH: Das soll die Frauen ermutigen, ihnen klar machen, dass sie nicht alleine sind. Jeder Mensch hat das Recht auf ein gewaltfreies Leben. One billion rising ist ein Akt weltweiter Solidarität. Und ich möchte das Thema immer wieder in die Öffentlichkeit bringen.  Männer und Frauen sollen darüber reden. Nur so kann eine Veränderung stattfinden.

Ulrike Löhnertz

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