Passion statt Party

PRÜM. Rockkonzert an Gründonnerstag in der Prümer Markthalle: In der Stadt ist die Meinung darüber gespalten, einige Plakate wurden bereits herabgerissen und das Banner abgeschnitten. Der evangelische Pfarrer Friedebert Seibt plädiert für Stille, Organisator Markus Pint bittet um Vergebung.

 Der Tod Christi – "das Kernstück unseres Glaubens", sagt Pfarrer Friedebert Seibt. Foto: Fritz-Peter Linden

Der Tod Christi – "das Kernstück unseres Glaubens", sagt Pfarrer Friedebert Seibt. Foto: Fritz-Peter Linden

"Ich will nicht polemisieren", sagt Friedebert Seibt. "Und ich nicht provozieren", beteuert Markus Pint. Einige haben das offenbar nicht verstanden: Etliche Konzertplakate hat man ihm abgerissen - und selbst das Banner wurde abgeschnitten. Trotzdem: Der eine, Seibt, bekundet ausdrücklich seinen Respekt vor dem "Bit-am-Eck"- Wirt und Konzertveranstalter, den er menschlich schätze und "auf keinen Fall diskreditieren" möchte. "Aber viele Evangelische haben sich darüber aufgeregt."Über Konsequenzen nicht nachgedacht

Der andere, Pint, hat Verständnis für den Pfarrer - und bittet um Nachsicht: Erstens wolle er dem Publikum etwas bieten, zweitens sei es schwer genug, dafür gute Termine auszuwählen. Da habe sich der Gründonnerstag angeboten, weil tags darauf eben ein Feier- und damit freier Tag sei. "Über Konsequenzen habe ich, ehrlich gesagt, gar nicht nachgedacht." Gründonnerstag: "Da ist die Stiftung des heiligen Abendmahls", sagt Seibt. Und der Abend, an dem Jesus nach christlicher Überlieferung verraten, gefasst und gefoltert wurde, um am folgenden Karfreitag ans Kreuz geschlagen zu werden. "Karfreitag ist Jesus für uns gestorben. Da hat er am meisten für uns gelitten und getan", sagt Seibt. "Das ist Tradition in der evangelischen Kirche. Und das Kernstück unseres Glaubens." Seibt, der von vielen seiner Gemeindemitglieder (insgesamt 500 in Prüm, 1800 in den rund 100 Dörfern drumherum) auf das Thema angesprochen wurde, geht es gar nicht um das Konzert an sich - sondern ums Grundsätzliche: Ab vier Uhr morgens darf an Karfreitag nicht öffentlich gefeiert werden - das gilt bis 24 Uhr und auch für Sportveranstaltungen. "Die Frage ist doch, wer beschlossen hat, dass der Karfreitag erst um vier Uhr beginnt. Und dass man überprüft, ob das Gesetz in Ordnung ist." Rolf Eigner vom Ordnungsamt der Verbandsgemeinde hat das "Landesgesetz über den Schutz der Sonn- und Feiertage" herausgesucht: Es stammt aus dem (CDU-regierten) Jahr 1970. Paragraph 6 verbietet öffentliche Versammlungen, Auf- und Umzüge - soweit nichtreligiös - sowie Unterhaltungs-Veranstaltungen. Allerdings, wie gesagt, erst ab vier Uhr. Letztlich also ein Kompromiss - der Versuch, auf Gläubige ebenso Rücksicht zu nehmen wie auf jene, die damit - oder zumindest mit konfessionellem Glauben - nichts am Hut haben. Als Behörden-Vertreter sitze man da "zwischen zwei Stühlen", bekennt Eigner. "Bei so was ist mir sehr unwohl. Ein tiefgläubiger Mensch fühlt sich da berührt. Andererseits ist das Konzert erlaubt. " Markus Pint jedenfalls ist davon überzeugt, dass er nichts verbrochen hat. "Über Moral kann man natürlich reden", sagt er. "Die Empörung kann ich nachvollziehen. Aber jede Kneipe, jede Diskothek in Deutschland hat an Karfreitag geöffnet - das ist dann genau so anrüchig."Es liege nicht in seinem Interesse, etwas hochzuspielen, sagt Seibt. "Sondern dass man sachlich registriert, dass das unser höchster Feiertag ist, der in Stille verbracht wird." Immerhin: Sie reden miteinander, und zwar friedlich. Und im kommenden Jahr wird es garantiert kein Rock-Konzert an Gründonnerstag geben. Pint: "Dann ist Grenzlandschau."

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