Per Video sieht der Tele-Notarzt zu

Eifelland · In dünn besiedelten Gegenden braucht der Arzt oft zu lang bis zum Unfallort. Schneller sind die Rettungsassistenten . Jetzt gibt es einen Feldversuch im Ahrtal. Dort sind einige der Rettungswagen mit einer Kamera ausgestattet. Per Videoübertragung sieht so ein Arzt in Aachen den Patienten und gibt Tipps, was zu tun ist. Allerdings dürfen die Helfer nicht alles tun, was einem Arzt erlaubt ist.

 Mithilfe der Rettungswagen Telearztkamera können die Rettungsassistenten Frank Güth (links) und Nicolas Grocki dem Arzt in Aachen ein genaues Bild des Patienten vermitteln. Foto: Thomas Steinicke

Mithilfe der Rettungswagen Telearztkamera können die Rettungsassistenten Frank Güth (links) und Nicolas Grocki dem Arzt in Aachen ein genaues Bild des Patienten vermitteln. Foto: Thomas Steinicke

Eifelland. Ein Einsatz, wie ihn die Rettungskräfte im Kreis Euskirchen nahezu täglich erleben. Schwerer Verkehrsunfall in Ahrhütte, lautet die Meldung. Sofort machen sich die Mitarbeiter der Rettungswache in Tondorf auf den Weg. Es könnte schließlich um Leben und Tod gehen. Acht bis zwölf Minuten später - so will es das Gesetz - treffen sie am Unfallort ein. Ihnen bietet sich ein Bild der Verwüstung.
Irgendwo zwischen den Autotrümmern liegen schwer verletzte Menschen, die dringend der Hilfe bedürfen.
Sofort leiten die Retter jene Maßnahmen ein, zu denen sie befähigt sind und die ihnen kraft ihrer Ausbildung auch erlaubt sind. Doch was dann? Der alarmierte Notarzt hat sich ebenfalls auf den Weg gemacht. Doch die Strecke von seinem Standort in Mechernich ins Ahrtal kann trotz Blaulicht und Sirene schon mal 20 bis 30 Minuten in Anspruch nehmen - erst recht im Winter.
Übertragung in Echtzeit


So können lebenswichtige Minuten vergehen. Diese Zeit könnte schon bald dank moderner Technik besser genutzt werden - mit der Hilfe eines sogenannten Tele-Notarztes. Der ist dann zwar gut 50 Kilometer vom Einsatzort entfernt, kann aber dennoch lebenswichtige Hilfe leisten. Seinen Sitz hat er in der Tele-Notarzt-Zentrale der Berufsfeuerwehr in Aachen.
Dort gehen viele wichtige Informationen über den Patienten per Datenübertragung aus dem Rettungswagen in Ahrhütte direkt aus den Messgeräten in Echtzeit ein: etwa EKG-Werte sowie Puls und Blutdruck des Unfallopfers. "Per Video wird ihm auch ein Bild des Patienten in die Zentrale übertragen", erklärt Udo Crespin, Abteilungsleiter Gefahrenabwehr des Kreises Euskirchen. Die Rettungsassistenten können dann mit Anweisungen des Tele-Notarztes die weitere Versorgung des Patienten vornehmen - "natürlich nur in dem Rahmen, in dem es einem Rettungsassistenten erlaubt ist", so Crespin.
Eine Narkose etwa dürfe ausschließlich der Arzt vornehmen, aber bestimmte Medikamente oder Infusionen könne auch ein Rettungsassistent verabreichen.
Arzt weist aus Ferne an


Trifft dann der Notarzt aus Mechernich ein, kann ihm der Kollege aus Aachen bereits eine erste Diagnose liefern. Dann klinkt er sich entweder aus, oder die beiden Mediziner erörtern gemeinsam die Lage. Was sollte als nächstes getan werden? Reicht es aus, den Patienten in ein nahe gelegenes Krankenhaus zu bringen oder ist der Transport in eine besser ausgerüstete Universitätsklinik angebracht? "Oftmals ist ja eine zweite Meinung wichtig", sagt Crespin, der in diesem Verfahren große Chancen vor allem für den ländlichen Bereich des Kreises Euskirchen sieht, in dem rund 100 hauptberufliche Rettungsassistenten arbeiten und die Notärzte in Euskirchen, Mechernich und Schleiden stationiert sind.
Chance für ländlichen Raum


Im Schnitt haben sie täglich einen ähnlichen Fall wie den im Szenario beschriebenen zu meistern. Daher ist Crespin nach eigenen Aussagen hoch erfreut, dass der Rettungsdienst des Kreises Euskirchen an dem Projekt Telemedizinisches Rettungsassistenzsystem (siehe Infokasten) teilnimmt.
Im Rettungswagen der Tondorfer Wache sind die Komponenten für die Datenübertragung - Video und Computer - bereits eingebaut.
Ab Herbst 2012 sollen sie für den Feldversuch in Betrieb gehen.
Schon in wenigen Jahren, so Crespin, könnten auch Ultraschallgeräte in den Rettungswagen installiert werden und wichtige Daten in Echtzeit an einen Tele-Notarzt übertragen.Extra

Telemedizinisches Rettungsassistenzsystem: Das System wird mit TemRAS abgekürzt und deutet, dass, neben dem Rettungsdienst des Kreises Euskirchen auch die der Kreise Düren und Heinsberg sowie der Städte Köln und Aachen teilnehmen. Rund zwei Millionen Euro lassen sich die Europäische Union und das Land den Test kosten. Das Projekt hat im August mit dem theoretischen Teil begonnen. Im Herbst soll es dann in die praktische Arbeit der Rettungsdienste integriert werden. Medizinisch wird das Projekt im Kreis Euskirchen von der Leitenden Notärztin Dr. Gisela Neff betreut. sch

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