Pferde reden leise

Pferde reden leise, drücken mit ihrem Körper, selbst mit den Ohren, ihre Gefühlslage aus. Persönlichkeitstrainer Heinz Welz lehrt in Kursen auf dem Eulenhof bei Prüm ihren Besitzern die pferdische Sprache.

 Folgt seinem Herrchen wie ein Hund: Jörg Remmers lernt beim Seminar mit Pferdeflüsterer Heinz Welz die Sprache der Fluchttiere. Sein zweijähriger Andalusiermix Mojito achtet auf jede seiner Bewegungen. TV-Foto: Mechthild Schneiders

Folgt seinem Herrchen wie ein Hund: Jörg Remmers lernt beim Seminar mit Pferdeflüsterer Heinz Welz die Sprache der Fluchttiere. Sein zweijähriger Andalusiermix Mojito achtet auf jede seiner Bewegungen. TV-Foto: Mechthild Schneiders

Prüm. Jung ist er, etwas nervös und ungestüm, lässt sich schnell ablenken, und doch sehr aufmerksam für seine zwei Jahre. Mit den Ohren folgt Mojito jeder Bewegung seines Besitzers Jörg Remmers (39), als dieser in den Round-Pen steigt, ein abgesteckter Zirkel, sogar höchstselbst. Nicht gewöhnlich für ein solch junges Pferd - die erste Respektfrage, folgen, beherrscht er schon. "Jetzt stell die zweite", fordert Heinz Welz (60).

Der Persönlichkeitstrainer gibt einen dreitägigen Pferdekurs in der Halle der Reitanlage auf dem Kalvarienberg bei Prüm. Hierhin ist die Gruppe vom Eulenhof von Yvette und Martin Eulgem in Wirbelscheid wegen des Regenwetters ausgewichen.

Welz ist einer, der die Sprache der Pferde versteht und sie spricht. Nicht mit Worten, sondern mit seinem Körper. Respekt und Vertrauen sind die Stichwörter, Druck aufbauen und nehmen das Geheimnis. Viele machen zu viel Druck, wie Remmers.

Sein Jungpferd trabt durch den Round-Pen anstatt Schritt zu gehen - sein Besitzer hält die Hände zu hoch, der Körper ist angespannt und signalisiert dem Pferd: lauf! Kaum senkt er sie und atmet hörbar aus, fällt Mojito in Schritt. Remmers dreht sich weg, sein Pferd folgt. "Er reagiert schneller als heute Morgen, ein schönes Erlebnis", lobt Welz.

El Niño ist mit seinen sieben Jahren ein alter Hase, kennt das Training schon. "Stell dich hin und sag ihm: Ich bin ein Angebot", fordert Welz die Besitzerin Christa Ebenau auf. Die 43-Jährige geht in den Zirkel, streckt ihre offene Hand Richtung Pferd.

"Du gibst ihm ein ‚Leckerli'. Das ist wie wenn du als Chefin deine Mitarbeiter ins Büro rufst und sofort eine Gratifikation verteilst", erklärt der Trainer. "Gähn mal", verlangt er - und tatsächlich, das Pferd guckt und kommt langsam näher. "Ihr müsst lernen zu gähnen", erklärt der 60-Jährige seinen sechs Schülern.

Gähnen entspanne Reiter und Pferd. Das sei besonders wichtig, wenn das Tier sich erschrecke. Denn dessen natürliche Reaktion auf Probleme sei fliehen. Es müsse lernen: "Wenn ich mich anschließe, löse ich das Problem." Der Reiter müsse permanent gegen die Natur des Pferdes arbeiten.

Das Paar ist ein eingespieltes Team. Die zweite Respektfrage löst es sicher. Dabei soll der Andalusier - nur auf einen Blick von Ebenau - mit der Hinterhand wegdrehen. Dann soll er vorne, anschließend nach hinten weichen - auch das klappt auf minimale Körpersignale. "Habt ihr gesehen, wie wenig Druck es bedarf?", fragt Welz. "Ihr müsst die Energie präzise an der richtigen Stelle anwenden, und schon wirkt sie."

Ziel des Kurses sei es, fit zu werden in den verschiedenen Gesprächsformen mit dem Pferd.

"Ich möchte meine Wissenslücken stopfen und rauskriegen, wie ich meiner Reitbeteiligung das Gelernte beibringen kann", begründet Ebenau, die aus Unna angereist ist, ihre Motivation. Ein absolut zuverlässiges Pferd für die Zukunft wünscht sich Remmers aus Breitscheid bei Neuwied. "Ich will von Beginn an alles richtig machen."

Doch auch Problempferde wie Lancelot sind beim Kurs dabei. Der junge Kaltblutwallach reißt sich gerne vom Führstrick los - gefährlich für seine Besitzerin und ihn. Im Round-Pen offenbart sich: Er hat zwar Vertrauen zu ihr, aber keinen Respekt. Entsprechend "laut" muss seine Besitzerin mit ihm reden; große Gesten, die jedoch während des Kurses immer kleiner werden.

"Pferde sind tausendmal sensibler als wir", erklärt Welz. "Sie reagieren sofort. Wir Menschen können das zwar auch, uns ist es nur aus dem Bewusstsein gefallen." Extra Heinz Welz (60), Persönlichkeitstrainer, Psychologe, Pädagoge, Pferdeflüsterer und Journalist aus Windeck bei Köln, bietet seit 1997 europaweit Kurse an, für bislang 9000 Menschen mit und ohne Pferde. Dabei verknüpft er seine Pferdeerfahrung mit Psychologie. Er versteht sich weniger als Pferde- denn als Menschentrainer. Die Denkweise der Menschen in neue Bahnen zu lenken, sie aufmerksam zu machen - und sie vor allem ihrer Körpersprache und ihrer Gefühle bewusst zu machen, ist sein Ziel. Neben Pferdeseminaren gibt Welz auch Kurse ohne Pferde wie Power-Coaching und Managerschulungen. (mehi)

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