Pistole auf Beamte gerichtet: 20-jährigem Eifeler droht dauerhafte Unterbringung in der Psychiatrie

Trier/Prüm · Muss ein 20-Jähriger aus dem Raum Prüm dauerhaft in die Psychiatrie? Über diese Frage verhandelt derzeit das Landgericht Trier. Der junge Beschuldigte hatte sich im März eine heftige "Schlacht" mit Polizeibeamten geliefert, bei der er um ein Haar erschossen worden wäre.

Trier/Prüm. "Als er die Pistole auf mich richtete, zog ich meine Dienstwaffe und wollte abdrücken. Dann konnte ich im letzten Moment direkt in den Lauf seiner Waffe sehen und erkannte, dass die nicht echt war. Da haben nur Sekundenbruchteile gefehlt, und dieser Prozess würde heute nicht stattfinden", sagt ein Prümer Polizeibeamter als Zeuge vor der Ersten Großen Jugendkammer.

Der Vorfall beschäftige ihn noch heute sehr. Das gehe "nicht mehr raus". Er sollte am frühen Morgen des 9. März zusammen mit einem Kollegen den merkwürdigen jungen Mann überprüfen, der auf einer Bank bei der Kapelle am Kalvarienberg saß. Für den Beamten endete die folgende heftige Rangelei mit einer Kopfverletzung, für den damals 19-Jährigen mit der Festnahme und einer vorläufigen Unterbringung in der Psychiatrie, in der er sich heute noch befindet (der TV berichtete). Der Beschuldigte sieht die Hauptursache für den Zusammenstoß noch immer bei der Polizei: "Ich fühlte mich angegriffen und da ist die Sache halt eskaliert."

Die Polizei war von einem Anwohner alarmiert worden. Der hatte den zerzaust wirkenden jungen Mann auf der Bank angesprochen, weil offensichtlich ein halb verhülltes Gewehr aus seinem Rucksack hervorschaute. Der habe ihn daraufhin aufgefordert, so der Zeuge, sofort den Wald zu verlassen, denn er besitze einen "Tollwutberechtigungsschein", sei hier weisungsbefugt und mache Jagd auf tollwutkrankes Wild.

Ein weiterer Polizeibeamter berichtet als Zeuge von einem ungewöhnlichen "Geruchserlebnis" bei der Vernehmung des Festgenommenen in der Wache: "Der stank so nach Benzin, dass wir erst mal durchlüften mussten." Der Beschuldigte und das Benzin - in der Tat eine besondere Geschichte. "Schon mit fünf Jahren bin ich beim Basteln durch Zufall drauf gekommen, dass die Benzindämpfe einen so angenehm benebeln" erklärt der Beschuldigte. Daraus muss sich eine Sucht entwickelt haben. Seit 2014 soll er ständig mit dem Benzinkanister herumgelaufen sein. Hinzu kamen Probleme im Elternhaus, eine abgebrochene Lehre im elterlichen Betrieb und einen Aufenthalt beim Großvater im heimischen Grevenbroich. Auch dort gibt es Aggressions-Probleme mit Passanten in freier Natur.

Zurück in der Eifel, zieht der 19-Jährige 2014 von zu Hause in den Wald, wo er sich nach dem Vorbild von Survival-Fernseh-Dokumentationen einen Unterstand baut. Bald muss er von Frisur und Bart her wie Rübezahl gewirkt haben - kein Vergleich zum gepflegten Auftritt von heute. Geld hat er noch, versorgt sich im Supermarkt und kauft die zwei Luftdruckwaffen. "Um wieder beim Schützenclub einsteigen zu können", begründet er das heute. Was für ein Club das genau sein soll, kann er auf Nachhaken des vorsitzenden Richters Albrecht Keimburg nicht konkret beantworten.

Auch soll er im Wald von tollwutkranken Rehen belästigt und nachts im Schlaf von einem tollwutkranken Fuchs "angefressen" worden sein. Ob die Tollwutsichtungen und die Bissverletzungen aber auch eine Folge zu viel geschnüffelter Benzindämpfe sein könnten, lässt sich nicht mehr feststellen.

Seit März befindet sich der inzwischen 20 Jahre alte Beschuldigte in der psychiatrischen Klinik Nette-Gut in Andernach. Könnte die vorläufige Unterbringung zur dauerhaften werden? Der leitende Arzt bezeichnet ihn als unproblematischen Patienten, auch im Umgang mit den Mitpatienten - ruhig, freundlich, sozial angepasst, aber auch sehr sprunghaft. Waren es nur die Benzindämpfe? Der Arzt spricht von einer "paranoiden Psychose". Die sei medikamentös gut behandelbar, sofern der Patient bei der Therapie kooperiere.

Die Eltern des Beschuldigten verfolgen die Verhandlung. Sie hoffen auf einen therapeutischen Erfolg. "Er missachtet jedes Regelwerk, das fing schon im Kindergarten an", sagt der Vater. Aber nach den Monaten in der Klinik zeichne sich ein positives Bild ab, und "wir bereiten alles vor, um ihn unterstützen zu können". f.k.
Die Verhandlung wird mit zwei Kurzterminen fortgesetzt. Richtig weiter geht es am Dienstag, 13. Oktober, 9 Uhr.

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