"Plötzlich wurde es dunkel"

SCHLAUSENBACH. Genau ein Jahr ist es her, dass ein so genannter Mini-Tornado über das Schneifeldorf Schlausenbach hinweg fegte und Sachschaden in Millionenhöhe anrichtete. Inzwischen ist von den Zerstörungen fast nichts mehr zu sehen.

Dienstag, 10. Juni 2003. Ein außergewöhnlich schwül-heißer Tag. Gegen 17.30 Uhr zieht sich über dem Prümer Land der Himmel zu. Erst dunkel, dann gelb-orange, dann wieder dunkel. Der Wind frischt auf. Während sich erste Gewitter über Äckern und Feldern zu entladen beginnen, trifft es einen Ort massiv: Innerhalb weniger Sekunden tobt über den Bergzug von Auw ein Tornado Richtung Schlausenbach heran, der in weniger als 15 Minuten eine rund 300 Meter breite Schneise schlägt und an fast allen Gebäuden schwere Schäden anrichtet. Als nur wenige Minuten später die Rettungskräfte eintreffen, sind die Menschen im Ort wie paralysiert. Alle sind an der Buswartehalle zusammengelaufen, wo sie versuchen, den ersten Schock zu verarbeiten. Kaum jemand spricht. Gespenstische Ruhe. Mit den Rettungskräften von Polizei, Feuerwehr und DRK trifft auch Paul Fuchs ein. Der Ortsbürgermeister war kurz zuvor dabei, mit einigen Feuerwehrleuten in Auw die Bodendecke für das neue Geräte- und Bürgerhaus zu gießen. "Plötzlich wurde es dunkel", erinnert sich der Gemeindechef. Wegen des Sturms und Regens habe man schnell in einer Gaststätte Schutz gesucht. Als dann ein Schlausenbacher Bürger eingetroffen sei, um nach Fensterscheiben Ausschau zu halten, habe man erfahren, dass dort im Tal etwas Schlimmes passiert sein musste. Fuchs: "Als wir dann in den Ort kamen, sahen wir das ganze Ausmaß." In der Tat: Die Bilanz war erschütternd: Kaum ein Haus, das nicht beschädigt war, abgerissene Baumkronen, zerstörte Stromleitungen, überall Teile von Eternitplatten, die wie Geschosse durch den Ort geflogen waren. Dass kein Mensch zu Schaden kam, betrachten die Schlausenbacher heute noch als ein Wunder. Inzwischen ist im Schneifeldorf ganze Arbeit geleistet worden. Die meisten Dächer sind neu gedeckt, an den Häusern ist - auch und besonders mit Hilfe der Dorferneuerung - viel renoviert worden.Das Dorfbild hat profitiert

"Das Land hat sich nicht lumpen lassen", erzählt Paul Fuchs. "Was (Ministerpräsident) Beck zusagte, ist eingehalten worden." Und überhaupt: Schlausenbach sei sogar schöner geworden. Die meisten Leute hätten die Chance ergriffen, obwohl viele "sehr niedergeschlagen" gewesen seien. Das sieht Edgar Kiewel genau so. Der Dorferneuerungs-Experte bei der Kreisverwaltung Bitburg-Prüm ist voll des Lobes: Die Schlausenbacher seien ja noch ein paar Tage später geschockt gewesen. Aber: "Die Leute haben mit Kraft, Engagement und eigenem finanziellem Aufwand sehr viel Positives erreicht." Der Bedarf für nicht durch Versicherungen abgedeckte Maßnahmen habe bei 385 000 Euro gelegen. Inzwischen seien für die Dorferneuerung rund 20 Anträge eingegangen, von denen bereits ein großer Teil bewilligt sei. 58 000 Euro habe man schon für private Projekte ausgezahlt, weitere 55 600 Euro seien bewilligt. "Alle waren geschockt, als sie diese Verwüstung gesehen haben", erinnert sich auch Prüms Verbandsgemeinde-Bürgermeister Aloysius Söhngen. Jedoch sei schon am Abend nach der Katastrophe spürbar gewesen, dass die Leute es anpacken würden. Die bislang vollzogene Dorferneuerung sieht der Verwaltungschef ebenfalls als positiv an. Dabei gehe es nämlich nicht nur darum, die Schäden zu reparieren, sondern auch das Dorfbild zu verbessern: "Kompliment an Auw-Schlausenbach." Und Paul Fuchs, der Ortsbürgermeister? Er wiederholt gerne, dass bereits rund 80 Prozent der Schäden behoben sind. Den Hinweis auf den heutigen "Jahrestag", an dem schwere Gewitter gemeldet sind, kommentiert er ohne mit der Wimper zu zucken: "Ich hab‘s vernommen."

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