Polit-Phantom erstmals in Prüm

Prüm/Bernkastel-Wittlich · Die SPD im Eifelkreis Bitburg-Prüm hat einen legendären Prominenten zum Neujahrsempfang eingeladen: Am Sonntag, 13. Januar, 16 Uhr, tritt der Bundestagsabgeordnete Jakob Maria Mierscheid in der Prümer Karolingerhalle als Festredner auf - wird er sich diesmal zeigen?

 Jakob Maria Mierscheid. Foto: Privat

Jakob Maria Mierscheid. Foto: Privat

Prüm/Bernkastel-Wittlich. Mit Ankündigungen in der Politik muss man vorsichtig sein. Der SPD-Neujahrsempfang verspricht jedoch eine Sensation, die man der Partei nur zu gerne abkaufen möchte: Denn die Festrede hält laut Pressemitteilung der Vorsitzenden Monika Fink kein Geringerer (allerdings auch kein Bedeutenderer) als Jakob Maria Mierscheid. Es wäre sein erster Auftritt in der Öffentlichkeit. Oder überhaupt irgendwo. Denn Mierscheid geistert seit Jahrzehnten durch die Politik, ohne dass ihn jemals ein Mensch leibhaftig zu Gesicht bekommen hätte.
Gut unterrichtete Kreise schwören Stein und Bein darauf, dass der Mann aus Morbach nur eine Erfindung der beiden ehemaligen Bundestagsabgeordneten Peter Würtz und Karl Haehser sei. Auch das Internet-Lexikon Wikipedia will nicht so recht an die Existenz des Hunsrückers glauben: "Die Schwerpunkte seiner angeblichen politischen Arbeit", so heißt es dort, seien unter anderem "die Aufzucht und Pflege der geringelten Haubentaube in Mitteleuropa und anderswo sowie Untersuchungen des Nord-Süd-Gefälles in Deutschland".
Dabei hat er doch bahnbrechende Anträge ins Parlament eingebracht: So wollte Mierscheid das Hinterbänkler-Dasein - nicht zuletzt das eigene - dadurch abschaffen, dass man im Plenum einfach alle Stühle in die erste Reihe stellte. Damit aber scheiterte er ebenso wie vor zwölf Jahren mit dem tapferen Versuch, die Olympischen Spiele nach Morbach zu holen.
Gelegentlich veröffentlicht er auch Mitteilungen auf der Website des Bundestags, zuletzt über die Uhr im Plenarsaal. Zitat: "Die Uhr geht richtig, aber diese Regierung geht nicht richtig." In einer weiteren Mitteilung bestreitet er, "ein erfundener schräger Pfälzer Vogel" zu sein: "Das ist natürlich barer Unsinn."
Trotzdem: Mierscheid blieb im Schatten. Obwohl, zumindest inoffiziell, in Berlin sogar ein Verbindungsgang zwischen zwei Parlamentsbauten als "Jakob-Mierscheid-Steg" bezeichnet wird. Und er vor sieben Jahren in einem Interview mit der taz klarstellte: "Ich bin eine Realität. Ich bin kein Phantom. Mich muss es geben."
Und weil es ihn eben geben muss - genau so wie seit bereits 150 Jahren die SPD - ist die Welt auch gespannt auf Sonntag und hofft darauf, dass Mierscheid nicht wegen "Erkrankung" oder "plötzlicher Termine" absagen muss. Josef Junk, Bürgermeister der Verbandsgemeinde Bitburg-Land, freut sich jedenfalls sehr: "Ich finde es toll, dass es dem SPD-Kreisvorstand gelungen ist, einen so herausragenden Bundespolitiker zu verpflichten", sagt er. Am Mittwoch meldet sich dann Monika Heinicke aus dem SPD-Bürgerbüro in Bitburg: "Habe kurz mit Herrn Mierscheid wegen seiner Rede gesprochen", gibt sie durch. "Er wird einen Rückblick auf 150 Jahre SPD halten und dabei auch seine politische Leistung mit einbringen."
Das musikalische Rahmenprogramm übernimmt, sofern es sie wirklich gibt, Sonja Gottlieb aus Idar-Oberstein. "Bundesweit bekannt", schreibt die SPD in vermutlich absichtlicher Holprigkeit, "ist sie als Liederinterpretin zeitkritischer Lieder von Brecht bis Wader". fplExtra

In einer Mitteilung auf der Website des Bundestags schreibt Jakob Maria Mierscheid: "Es gibt die Bielefeldverschwörung, die behauptet, eine Stadt des Namens Bielefeld gebe es gar nicht … Es gibt mittlerweile Bücher und Filme über die Bielefeldverschwörung. So wie über mich … Ich werde im Jahre 2013 80 Jahre alt. Aber der Unterschied zu Bielefeld ist: Mich gibt es. Sie lesen mich ja gerade. Und ich bin kein Verschwörer." fpl

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