Politik, Geschichte und Verantwortung

Bitburg · Der 9. November ist ein besonderes Datum für die deutsche Geschichte. Um daran zu erinnern und über Demokratie zu sprechen, besuchen Landtagsabgeordnete die Schulen des Landes. Der TV war in Bitburg und Prüm dabei.

Bitburg. Von Bauer zu Bauer: Michael Billen (CDU) weiß, wie er junge Landwirte ansprechen soll. In Schwarz gekleidet steht er vor 22 Jungs der Berufsbildenden Schule Landwirtschaft des Dienstleistungszentrums Ländlicher Raum (DLR) in Bitburg. Ganz in seinem Element erzählt er von dem Anlass seines Besuches - die Erinnerung an den 9. November. Dann stellt er sich vor. "Es gibt keinen freieren Beruf als den des Bauers", sagt er.
Danach dreht sich alles genau darum: Um die Landwirtschaft. Und die Politik für die grünen Berufe. "Wer von euch ist einer politischen Jugendorganisation?", fragt er ein wenig herausfordernd, als ob er schon die Antwort wüsste. Keine Hand hebt sich. Er will zeigen, wie wichtig politisches Engagement ist.
Doch die Schüler sind alles andere als politisch unbewandert. Sie kennen sich mit den Themen der Landwirtschaft aus, das zeigen ihre vielen Fragen.
Vom geplanten Nationalpark im Hunsrück, über Windkraft in der Schneifel und Preisen für Biogas bis hin zu Keimen in den Anlagen: Die Jungs fragen viel und hören den Antworten interessiert zu.
Ab und zu beenden sie selber die Sätze von Billen. Mit klarer Stimme erzählt er anschaulich, mit Anekdoten aus seinem Leben und Alltag. Wie als es um Windkraft geht. "Ein Windrad macht füüüüüsch, wenn es sich dreht", sagt er und macht eine breite Bewegung mit dem Arm. "Doch der Grundstück-Besitzer hört mit jeder Drehung: ein Euro, zwei Euro, drei Euro". Die Jungs lachen.
Dann spricht Billen über Bio-Lebensmittel und darüber, wie viele Menschen auf Marketingmaschen reinfallen, nur weil sie nicht genug über die Natur wissen. "Wie meine Schwester", sagt er. Damit geht er auf ein Thema ein, das immer wieder in seinem Vortrag vorkommt. Das Naturverständnis muss wieder geweckt werden, "sonst denken die Kinder, die Kühe seien lila". Dafür setzt er seine Hoffnung auf die jungen Bauern, die vor ihm sitzen.

Prüm. Gedankenversunken blickt Monika Fink in den Saal der Aula der Berufsbildenden Schule Prüm. "Es ist schon kurios, dass der 9. November als Jahrestag der Reichspogromnacht und der Wiedervereinigung für Deutschland diese dunkle und helle Seite hat", sagt die SPD-Landtagsabgeordnete. Es werde vermutlich schwer, die 114 Jugendlichen der elften und zwölften Klassen mit dem Thema zum Gespräch zu motivieren, fürchtete sie kurz vor Beginn der Veranstaltung - und sollte sich damit irren.
"Eine Demokratie muss sich gerade in Erinnerung an die Verfolgung der Juden gegen jede Art von Diskriminierung entschieden wehren", sagt sie und stößt damit eine rege Diskussion an. "Was halten sie vom NPD-Verbot?", will ein Schüler wissen. "Sofern wir eindeutige Beweise für die Verfassungswidrigkeit einer Partei haben, muss sie verboten werden", erklärt Fink. Spitzfindig merkt ein Schüler an: "Ist das aber nicht auch wieder eine Diskriminierung der NPD?" Definitiv sei das keine Diskriminierung, kontert Fink. "Nein, diese Leute wollen ja einen anderen Staat. Sie wollen unseren demokratischen Staat abschaffen - und insofern ist es keine Diskriminierung, sondern eine Sache des Staatsschutzes." Man müsse mit Menschen, die extreme Thesen vertreten - egal ob von links oder rechts - reden und sie ernst nehmen, betont Fink. Doch nicht allein das demokratische Prinzip brennt den Schülern als Thema auf den Nägeln, auch über Selbstverständnis einer Politikerin wollen sie mit Fink sprechen. "Gibt es etwas, das sie an der Politik wirklich nicht leiden können?" Fink überlegt einen Moment und sagt: "Tatsächlich gibt es was, es ist das schlechte Ansehen, das die Politik hat. Ich kann nicht leiden, wenn es heißt, wir seien faul oder machen nichts, weil es einfach nicht stimmt."Extra

"Es war interessant und Billen hatte gute Antworten auf unsere Fragen. Ich fand gut, dass wir über aktuelle Themen, die uns betreffen, geredet haben." "Ich nehme mit, dass viele Leute keine besonders gute Meinung von Politikern haben. Ich selber werde nun wohl doch etwas darüber nachdenken müssen." "Mich hat besonders interessiert, als wir über Windkraft und Biogasanlagen gesprochen haben. Gut fand ich, wie er die Themen präsentiert hat." "Die Diskussion zeigte mir, dass viele Jugendliche noch sehr weit weg sind von der Politik und noch nicht wirklich wissen, wie sie funktioniert." "Ich hatte großes Interesse an den Themen, die wir behandelt haben. Weil sie aktuell sind. Michael Billen hat Meinungen, die ich auch teile." "Mir gefiel sehr, dass wir über beide Seiten des 9. November gesprochen haben. Das regte zum Nachdenken an und wird mich noch länger beschäftigen."

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