Politiker fordern Grenzöffnung „Das ist ein Rückschritt im geeinten Europa“

Gemeinsame Erklärung der Bürgermeister und Landräte der Kommunen an Mosel und Sauer zum diesjährigen Europatag am 9. Mai

Am 8. Mai 2020 jährt sich das Kriegsende des 2. Weltkriegs zum 75. Mal. Die Menschen an Mosel und Sauer waren damals voller Hoffnung auf ein Leben in einer friedlichen Region mit gemeinsamer Zukunft. Robert Schumann, geboren an der französischen Mosel, war einer der Gründerväter der Europäischen Union.

In den vergangenen 75 Jahren haben sich die damaligen Hoffnungen im freundschaftlichen Zusammenwirken in beispielloser Art und Weise erfüllt und Politiker aus unserem Raum haben diese Entwicklung stets in besonderem Maße geprägt. Die Region Saar-Lor-Lux hat dank offener Grenzen und dank des Euro als gemeinsamer Währung einen beispiellosen Aufschwung genommen. Hierauf schauen wir in Dankbarkeit am heutigen Tage zurück.

Der Moselort Schengen steht in der ganzen Welt für ein Europa ohne Grenzen und ist beispielhaft für das Überwinden nationaler Grenzen und nationalen Denkens.

Wir sind uns als regionale Vertreter einig darin, dass die Einführung von Grenzkontrollen an Mosel und Sauer einen Rückschlag in der konkreten Umsetzung der Europäischen Idee darstellt und damit der Wert unserer grenzüberschreitenden Verständigung nicht genügend anerkannt wird.

Wir, die Bürgermeister und Landräte der Kommunen aus Luxemburg und Deutschland, nehmen den heutigen Europatag deshalb zum Anlass, an die Bundesregierung der Bundesrepublik Deutschland zu appellieren, die unnötigen Grenzkontrollen sofort zu beenden.

Die Corona-Pandemie diente als Begründung für diese Kontrollen, leider in vielen Bereichen der EU und des Schengen-Raumes. Aber Viren kennen keine Grenzen, sondern sie müssen anders bekämpft werden. Allein die Tatsache, dass die Maßnahmen zur Coronabekämpfung in Luxembourg deutlich einschneidender als in Deutschland formuliert waren, zeigt das verantwortliche Handeln der Staaten einerseits und die Sinnlosigkeit von Grenzkontrollen andererseits. Ihre Einführung erschwert vielmehr das gemeinsame, tief verflochtene tägliche Leben in der Grenzregion enorm. Das öffentliche Leben, die wirtschaftlichen Beziehungen und die kommunale Kooperation haben bereits Schaden erlitten.

Die aktuelle Lage hat gezeigt, dass wir noch intensiver für unsere gemeinsame Heimat und arbeiten müssen. Jetzt offen zutage getretene politische und gesellschaftliche Fragen sind einer Lösung zuzuführen.

Wir erwarten deshalb, dass Deutschland und vor allem die beiden Bundesländer Rheinland-Pfalz und Saarland, sowie das Großherzogtum Luxemburg uns dabei unterstützen. Sie müssen uns den Stellenwert geben, den es in anderen Regionen der EU bei grenzüberschreitenden Kooperationen bereits gibt.

Wir brauchen eine gemeinsame handlungsfähige Entscheidungsstruktur für unsere gemeinsamen örtlichen Themen. Zum Start eines regelmäßigen Austausches sollte zunächst ein festes Gremium der Bürgermeister der Region eingesetzt werden.

Wir brauchen klare Regelungen für das grenzüberschreitende Leben und Arbeiten. Hier geht es neben Fragen wie Meldepflichten und Integration in den Orten vor allem um die Möglichkeit der Heimarbeit von Grenzpendlern nach Luxembourg. Die zwischenstaatlichen Abkommen sind unverzüglich so anzupassen, dass grenzüberschreitende Heimarbeit in jede Richtung keine steuerlichen, sozialversicherungsrechtlichen oder arbeitsrechtlichen Nachteile zur Folge hat. Ganz nebenbei könnte die damit einhergehende Verkehrsvermeidung einen effektiven und nachhaltigen Beitrag zum Klimaschutz leisten, der großen, gemeinsamen Herausforderung unserer Generationen.

Wir wollen gemeinsam unsere sozialen und örtlichen Infrastrukturen gestalten, um gleichwertige Lebensbedingungen auf beiden Seiten der Grenze zu ermöglichen. Die einzigartige Gemeinschaft in unserer Region ist ein Geschenk der Geschichte, ein Schatz für die Zukunft unserer Kinder und der Jugend, den es zu bewahren und zu mehren gilt. Deshalb wollen wir gerade die Jugend stärker in das grenzüberschreitende Zusammenwirken einbinden. Hinzu sollten neben den vielfältigen Kooperationen in einzelnen Projekten die Partnerschaften zwischen den Gemeinden formell vereinbart werden.

Die Coronakrise führt uns die Zerbrechlichkeit der Europäischen Idee deutlich vor Augen und wir appellieren an die Bürgerinnen und Bürger der Grenzregion Saar-Lor-Lux, das über 75 Jahre gewachsene regionale Selbstverständnis zu bewahren und auszubauen. Die nationalen Entscheidungsträger fordern wir auf, uns bei diesem Prozess aktiv zu begleiten und verlangen nochmals, als ersten, notwendigen Schritt, die Grenzkontrollen endlich fallen zu lassen.

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