Politik Politikwissenschaftler spricht in Prüm über Vertrauensverlust in die traditionellen Medien

Prüm · Meinungsbildung durch Facebook und Twitter: Der erste Gast des Geschichtsvereins Prümer Land in diesem Jahr, Politikwissenschaftler Ulrich Sarcinelli, hat über den Vertrauensverlust in die etablierten Medien gesprochen.

 Ulrich Sarcinelli, einer der renommiertesten  Politikwissenschaftler Deutschlands, hat beim Prümer Geschichtsverein einen Vortrag zu den Untiefen der modernen Mediengesellschaft gehalten.

Ulrich Sarcinelli, einer der renommiertesten  Politikwissenschaftler Deutschlands, hat beim Prümer Geschichtsverein einen Vortrag zu den Untiefen der modernen Mediengesellschaft gehalten.

Foto: TV/Vladimir Nowakowski

Im Casino der Kreissparkasse hat Sarcinnellis Vortrag „Glaubwürdigkeit und Vertrauen in der Mediengesellschaft – eine mögliche Krise der liberalen Demokratie“ zum Thema – draußen kriselt und rieselt es bereits seit Stunden. Starker Schneefall und Glatteis machen die Straßen nahezu unpassierbar. „In Deutschland herrscht zurzeit ein politisch raues Klima“, bemerkt der aus Landau angereiste Professor trocken, „doch raues Klima sind Sie ja gewohnt, wie ich sehe.“

Bedingt durch das Wetter kommen statt der erwarteten 150 lediglich rund 30 Mitglieder des Geschichtsvereins zur Veranstaltung, die sich an die Jahreshauptversammlung anschließt. So geht es, da die Beschlussfähigkeit trotz der geringen Zahl nicht gefährdet ist, im Galopp durch die Tagesordnungspunkte. Der Vorstand wird entlastet und einstimmig wiedergewählt, die Kasse stimmt und auch alle Beisitzer des vergangenen Jahres nehmen wieder ihre Posten ein.

Etwas länger, aber das mit gutem Grund, gerät der Rückblick auf die Veranstaltungen des vergangenen Jahres. Dass 2017 rund 2000 Besucher gezählt wurden, spricht für die Qualität des Angebots – neben Heimat-, Kabarett- und Mundartabenden, hielten einige Hochkaräter Vorträge zur Lage in Europa, unter ihnen Jacques Santer, der ehemalige Präsident der Europäischen Kommission, oder auch Udo di Fabio, der Richter am Bundesverfassungsgericht war. Der Politikwissenschaftler Ulrich Sarcinelli, erster Gast der diesjährigen Reihe „Brennpunkt Geschichte“ reiht sich nahtlos ein.

Der Professor und Vorsitzende des Trägervereins der Friedensakademie Rheinland-Pfalz spricht über den zunehmenden Vertrauensverlust in die Berichterstattung etablierter Medien und die Auswirkungen, die die sogenannten Alternativen Fakten für Gesellschaft und Demokratie haben. „Es existiert eine Bevölkerungsgruppe, die sich Informationen ausschließlich bei Facebook und Twitter beschafft.“ Sarcinelli zufolge eine gar nicht so schöne neue Medienwelt: „Im Gegensatz zum professionellen Journalismus, für den saubere Recherche, eine Gewichtung, Beurteilung und Auswahl der Themen immens wichtig sind, finden sie im Internet jeglichen Unsinn, der genau ihre persönlichen Vorurteile bestätigt.“

In den USA seien es inzwischen zwei Drittel der Bürger, deren Meinungsfindung nur noch über Social Media stattfinde, sagt Sarcinelli: „Lügen und überprüfbare Nachrichten stehen sich dort ebenbürtig gegenüber, in Deutschland wird es in absehbarer Zeit auch so sein.“ Unsere Vorstellung von der Welt sei ein Konstrukt der medialen Wahrnehmung, sagt der Wissenschaftler. „Das gilt heute mehr denn je. Die traditionellen Medien haben kein Monopol mehr in Sachen Meinungsbildung, Menschen erschaffen sich in ihren virtuellen Filterblasen eine eigene Wirklichkeit.“ Mit der Digitalisierung seien Tür und Tor für Manipulation und Täuschung weit aufgestoßen.

„Und wenn Wahrheit und Lüge nicht voneinander zu trennen sind, dann hat auch die Politik keine Chance mehr“, sagt Sarcinelli und nennt Beispiele: In Deutschland sei es die AfD, die mit Falschmeldungen und offen rechtsnationalen Aussagen provoziere und die Bevölkerung spalte, der Präsidentschafts-Wahlkampf in den USA 2016 sei ein Großversuch in Sachen Fake News gewesen, der türkische Präsident Erdogan beschneide unverhohlen die Chancen auf Meinungsfreiheit, indem er Schulen und Universitäten schließe.

Aber auch der deutsche Qualitätsjournalismus habe in der jüngeren Vergangenheit Fehler gemacht: „Die sachliche Distanz zur Flüchtlingskrise hat gefehlt. Das rechtfertigt aber nicht den allgemeinen Aufschrei über eine sogenannte Lügenpresse.“

Sauberer Journalismus, der öffentlich rechtliche Rundfunk und starke regionale Blätter garantierten eine umfassende Meinungsbildung, auf die jeder Bürger ein Anrecht habe, sagt Sarcinelli. „Eine professionelle Berichterstattung brauchen wir heute mehr denn je – und die besteht aus viel mehr als nur Posts, Klicks und Likes.“

 Deutschland in der Krise? Der Polit-Experte Ulrich Sarcinelli hat beim Geschichtsverein darüber gesprochen, wie es ums Land steht.

Deutschland in der Krise? Der Polit-Experte Ulrich Sarcinelli hat beim Geschichtsverein darüber gesprochen, wie es ums Land steht.

Foto: TV/Vladimir Nowakowski
 Deutschland in der Krise? Der Polit-Experte Ulrich Sarcinelli hat beim Geschichtsverein darüber gesprochen, wie es ums Land steht.

Deutschland in der Krise? Der Polit-Experte Ulrich Sarcinelli hat beim Geschichtsverein darüber gesprochen, wie es ums Land steht.

Foto: TV/Vladimir Nowakowski
 Deutschland in der Krise? Der Polit-Experte Ulrich Sarcinelli hat beim Geschichtsverein darüber gesprochen, wie es ums Land steht.

Deutschland in der Krise? Der Polit-Experte Ulrich Sarcinelli hat beim Geschichtsverein darüber gesprochen, wie es ums Land steht.

Foto: TV/Vladimir Nowakowski
 Deutschland in der Krise? Der Polit-Experte Ulrich Sarcinelli hat beim Geschichtsverein darüber gesprochen, wie es ums Land steht.

Deutschland in der Krise? Der Polit-Experte Ulrich Sarcinelli hat beim Geschichtsverein darüber gesprochen, wie es ums Land steht.

Foto: TV/Vladimir Nowakowski
 Deutschland in der Krise? Der Polit-Experte Ulrich Sarcinelli hat beim Geschichtsverein darüber gesprochen, wie es ums Land steht.

Deutschland in der Krise? Der Polit-Experte Ulrich Sarcinelli hat beim Geschichtsverein darüber gesprochen, wie es ums Land steht.

Foto: TV/Vladimir Nowakowski
 Deutschland in der Krise? Der Polit-Experte Ulrich Sarcinelli hat beim Geschichtsverein darüber gesprochen, wie es ums Land steht.

Deutschland in der Krise? Der Polit-Experte Ulrich Sarcinelli hat beim Geschichtsverein darüber gesprochen, wie es ums Land steht.

Foto: TV/Vladimir Nowakowski
 Deutschland in der Krise? Der Polit-Experte Ulrich Sarcinelli hat beim Geschichtsverein darüber gesprochen, wie es ums Land steht.

Deutschland in der Krise? Der Polit-Experte Ulrich Sarcinelli hat beim Geschichtsverein darüber gesprochen, wie es ums Land steht.

Foto: TV/Vladimir Nowakowski

Nächster Gast der Reihe „Brennpunkt Geschichte“ ist am Donnerstag, 15. März, Abtprimas Notker Wolf. Der Titel seines Vortrags lautet: „Schluss mit der Angst – Deutschland schafft sich nicht ab“. Er referiert um 19 Uhr im Prümer Konvikt – Haus der Kultur. Der Eintritt ist frei. Mehr Informationen zu dieser und weiteren Veranstaltungen des Geschichtsvereins Prümer Land unter www.gvpl.de

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