Poller auf Radwegen - eine umstrittene Hilfe

Prüm/Gerolstein · Sie sollen vor Gefahren schützen, sind aber oftmals selbst eine: Poller, die mitten auf Radwegen stehen. Fahrradverbände kritisieren die Verwendung, auch der Landesbetrieb Mobilität plädiert für einen sparsamen Einsatz. Verantwortlich sind die Bauämter, die auf die Schutzfunktion der Poller verweisen.

 Tiefe Kratzer in den Pollern zeugen von mehr als einem unsanften Zusammenstoß – so wie hier auf dem Radweg bei Niederprüm. TV-Foto: Christian Brunker

Tiefe Kratzer in den Pollern zeugen von mehr als einem unsanften Zusammenstoß – so wie hier auf dem Radweg bei Niederprüm. TV-Foto: Christian Brunker

Lackspuren, Dellen, Striemen auf dem Boden: stumme Zeugen, dass wieder einmal ein Radler unfreiwilligen Kontakt mit einem Poller hatte. Erst im Mai stieß ein 63 Jahre alter Radfahrer im ostbelgischen Raeren auf dem Vennbahnradweg gegen einen Poller, überschlug sich und musste mit dem Rettungshubschrauber in ein Krankenhaus geflogen werden, wie der belgische Rundfunk BRF meldete. Offenbar hatte der Mann, der in einer Gruppe unterwegs war, das Hindernis nicht rechtzeitig gesehen.Tückische Gruppenfahrten


Beim Prümer Radsportclub hat man ebenfalls Erfahrungen mit den Pollern. "Es gilt, höchst wachsam zu sein", sagt Erich Roelen, besonders wenn man in einer Gruppe fahre. Wichtig sei, sich dann per Handzeichen rechtzeitig zu warnen, damit es nicht zu einem Unfall komme. Das setzt allerdings Erfahrung im Gruppenfahren voraus.
Wie oft dennoch etwas passiert, darüber gibt es keine Statistik. Denn glücklicherweise gehen die meisten Kollisionen glimpflicher aus als der beschriebene Unfall, und sie werden nicht erfasst.

Siegfried Brockmann von der Unfallforschung der Versicherer geht von einer hohen Dunkelziffer aus, exakte Zahlen gibt es nicht. Doch es wird deutlich: Obwohl sie eigentlich zur Sicherheit beitragen sollen, sind Poller oft selbst eine Gefahrenquelle auf nahezu allen Radwegen der Eifel, beispielsweise dem Prümtalradweg. "Sie stehen vor Kreuzungen mit Straßen, Feld- und Wirtschaftswegen", sagt Ewald Dockendorf, Leiter des Bauamts der Verbandsgemeinde Prüm. Dort sollen sie die Radfahrer vor Gefahrenstellen warnen. Durch weiße Linien auf dem Boden und rot-weiß reflektierende Schilder soll sichergestellt werden, dass sie auch rechtzeitig gesehen werden. Der derzeitige Bestand sei mit dem Landesbetrieb Mobilität (LBM) abgestimmt, der auf den Wegen regelmäßige Kontrollfahrten vornimmt. Die VG sei für die Verkehrssicherheit verantwortlich. "Wir müssen da rechtlich abgesichert sein", sagt Dockendorf. Würde man die Schilder beispielsweise an der Seite aufstellen, bestehe die Gefahr, dass sie nicht wahrgenommen werden. Doch natürlich sei auch nicht von der Hand zu weisen, dass auch die Schilder nicht gänzlich unproblematisch seien. "Man muss da einen Kompromiss zwischen Verkehrssicherheit und Wohlfühlbedürfnis eingehen", sagt Dockendorf.

Der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club (ADFC) kritisiert die Poller (siehe Extra). Besonders die "Drängelgitter" - versetzt aufgestellte Geländer, die das Durchfahren erschweren - seien außerdem für Radfahrer mit Anhänger, Liegerad oder Tandem nur schwer bis gar nicht zu passieren.
Auch der Landesbetrieb Mobilität Gerolstein ist für den sparsamen Einsatz. "Unser Wunsch ist, dass die Anzahl der Poller minimiert wird", sagt LBM-Chef Harald Enders. Deshalb sollen sie aus Sicht des LBM nur dort stehen, wo sie unbedingt erforderlich sind, um vor unerwarteten Gefahren zu warnen.

Wie ist ihre Meinung zu den Pollern und Schildern auf den Radwegen? Schreiben Sie uns ihre Meinung per E-Mail an eifel-echo@volksfreund.de ! Name und Anschrift nicht vergessen!Meinung

Gut gemeint, aber gefährlich
Ob Maare-Mosel-, Kylltal- oder Eifel-Ardennen-Radweg: Fast überall finden sich in regelmäßigen Abständen Poller, Schilder oder Schranken auf dem Weg. Sie sollen vor kreuzenden Straßen oder Wirtschaftswegen warnen oder Autos daran hindern, die Wege als Abkürzung zu missbrauchen. Doch nicht überall sind sie auch sinnvoll. Es gilt, die Gefahren in jedem Einzelfall gegeneinander abzuwägen. Müssen wirklich bei nur sehr selten genutzten Wirtschaftswegen jeweils vor und hinter den Kreuzungen Poller mitten im Weg stehen? Manchmal gar zwei davon? Oder Kreuzungen, die sehr gut einzusehen sind? Außerdem könnten in vielen Fällen auch dicke weiße Farbmarkierungen mit "Stop"- oder "Achtung"-Zeichen auf dem Boden einen ähnlichen Zweck erfüllen, ohne dass eine Kollisionsgefahr besteht. Natürlich sollte ein aufmerksamer Radfahrer die Poller rechtzeitig erkennen und ihnen ausweichen können. Doch die Radwege in der Eifel haben einen touristischen Charakter und werden oft von größeren Gruppen genutzt. Gerade die Tatsache, dass man auf einem Radweg und nicht auf der Straße unterwegs ist, führt dann dazu, dass man sich während der Fahrt unterhält oder die Landschaft genießt - da kann die Aufmerksamkeit auf den Radweg und mögliche Hindernisse schon mal nachlassen. Von daher sollten Poller nur dann mitten auf den Wegen stehen, wenn wirklich sehr gefährliche Stellen bevorstehen. c.brunker@volksfreund.deExtra

Der Allgemeine Deutsche Fahrrad Club (ADFC) empfiehlt, Schilder und Poller nur da einzusetzen, wo sie zwingend notwendig sind. Und vor allem müssen sie auch nachts und bei schlechtem Wetter ausreichend sichtbar sein. Im "Handbuch zur Radfernwegezertifizierung" des ADFC empfiehlt der Verein möglichst breite Wege. Umlaufgitter und Poller werden abgelehnt, denn sie lenkten die Aufmerksamkeit der Radfahrer auf die Hindernisse und damit vom Verkehr - der eigentlichen Gefahrenstelle - ab. Außerdem spricht sich der ADFC dafür aus, dass Rettungsfahrzeuge im Notfall die Wege nutzen können, um schneller bei Verletzten zu sein. Auch dies werde durch Poller verhindert. Die Rechtslage ist laut ADFC zudem widersprüchlich, denn laut der Straßenverkehrsordnung sei es verboten, Gegenstände auf Straßen anzubringen, wenn dadurch der Verkehr gefährdet oder erschwert werde. Deshalb rät der ADFC dazu, Poller oder Umlaufsperren durch Markierungen auf der Fahrbahn oder seitliche Schilder zu ersetzen. red/ch

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