Prosecco geschlürft und Zeche geprellt?

JÜNKERATH. Die Staatsanwaltschaft Trier ermittelt gegen einen Mann aus der Verbandsgemeinde Obere Kyll wegen Betrugs in einem außergewöhnlichen Fall. Er soll in großem Stil am Zuger See in der Schweiz Hochzeit gefeiert und die Zeche geprellt haben.

An diesem Mai-Wochenende 2005 war in Zug herrliches Wetter. Im renommierten Parkhotel hatte ein Mann aus der Verbandsgemeinde Obere Kyll elf Zimmer für seine Gäste sowie ein italienisches Buffet für 27 Personen zum Preis von 72 Schweizer Franken pro Kopf gebucht. Seine Braut hatte angeblich die Sitzordnung und den Blumenschmuck (730 Schweizer Franken) vorgeschrieben. Vor der St.-Verena-Kapelle, die außerhalb der Stadt im Grünen liegt, stand schon der Prosecco kalt. Mit traumhaftem Blick auf den Zuger See und die Bergkulisse mit Pilatus und Rigi stieß die Eifeler Hochzeitsgesellschaft auf die Trauung und die Taufe des kleinen Sohnes an. Anschließend wurde im Parkhotel, in dem auch Boris Becker schon für eineinhalb Jahre gewohnt hatte, gefeiert. Die Zeche nicht bezahlt

Die Zeche wurde nach Angaben des Hotels allerdings bis heute nicht bezahlt. "Dieser Hochstapler ist absolut charakterlos", schimpft Hoteldirektor Stefan Gareis. Er hat zwar einen Schuldschein über 7556 Franken (etwa 5200 Euro), aber genutzt hat ihm das bisher wenig. Gareis: "Als wir ihm Mahnungen zugeschickt haben, ist er mit einem A 8 vorgefahren und hat gerade mal 200 Franken angezahlt." Am besagten 13. Oktober 2005 habe der Beschuldigte mit dem Parkhotel einen Vertrag über Ratenzahlung abgeschlossen, sagt der Direktor. Weil er sich angeblich auch daran nicht hielt, hat Gareis einen Münchener Anwalt mit dem Eintreiben des Gelds beauftragt. Briefe, zuletzt vom 16. Dezember mit Fristsetzung zum 10. Januar 2006, blieben erfolglos. Hotelier Gareis erstattete schließlich im Dezember Anzeige bei der Prümer Polizei. Die Staatsanwaltschaft Trier hat nach Aktenlage die Ermittlungen in Gang gebracht. Der mutmaßliche Zechpreller musste vor kurzem zur Vernehmung nach Prüm. Ob Anklage erhoben wird, steht noch nicht fest. Horst Roos, Leitender Oberstaatsanwalt in Trier: "Es gibt drei Möglichkeiten: Entweder wir meinen, dass nach Auswertung dieses Protokolls die Beweise für eine Anklage ausreichen oder nicht, oder wir stellen fest, dass noch weitere Ermittlungen durchgeführt werden müssen." Überrascht reagierte der Beschuldigte auf die TV-Anfrage: "Ich fürchte aber nichts, weil alles gegenstandslos ist. Mein Anwalt ist damit beschäftigt, alles zu entkräften." Das Zuger Parkhotel versuche, Geschäftliches und Privates zu vermischen. Alles sei nur geschäftlich gelaufen, so der Beschuldigte. Darüber kann Hoteldirektor Gareis allerdings nur lachen: "Die Rechnung wollte er auf seine Firma ausgestellt haben, aber er hat handschriftlich darauf alles als persönliche Feier anerkannt." Kopien der Rechnung, des Ratenvertrags und der Anwaltsbriefe liegen dem TV vor. In der Schweiz war auf den Namen der Ehefrau des Beschuldigten eine Immobilienfirma gegründet worden. Kurzzeitig war das Ehepaar auch in der Schweizer Gemeinde Meierskappel gemeldet. Am 16. Januar 2006 wurde die Immobilienfirma aufgelöst, laut Schweizer Handelsblatt vom 20. Januar, weil "die Gesellschaft ohne Domizil" sei. Der Beschuldigte bleibt unterdessen bei seiner Variante der Geschichte und meint: "Ich bin ein unbescholtener Bürger." Auch der Ortsbürgermeister des Dorfes an der Oberen Kyll, in dem der Mann lebt, bezeichnet die Familie als "unauffällig".

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