Prozess um Messerattacke: Die Augenzeugen schweigen

Trier/Hallschlag · Ein Opfer und seine Familie, die mit dem mutmaßlichen Täter offenbar im Reinen sind und zum Tatgeschehen schweigen. Ein wegen versuchten Mordes angeklagter Mann, der sich an die Details nicht erinnern will. Und ein Landgericht, das gestern erneut versucht hat, herauszufinden, wie genau sich die Messerattacke in Hallschlag abgespielt hat.

Wieder und wieder schüttelt Staatsanwalt Jörn Patzak den Kopf. Ungläubig schaut er am Mittwoch in Richtung der Zeugin, die dem Gericht mal mit lauter, mal mit weinerlicher Stimme weismachen will, dass sie sich an den genauen Ablauf des Geschehens am Abend des Geburtstags ihres Ehemannes nicht erinnern könne. Dabei war sie, wie sie selbst zugibt, dabei, als der Streit an jenem Samstag Ende Februar eskalierte zwischen ihrem Mann und ihrem Neffen, der wegen des Vorwurfs des versuchten Mordes vor dem Landgericht Trier steht. Sie rief sogar die Polizei an, teilte mit, "dass ihr Mann randaliere und alle Anwesenden drangsaliere". Und sie war wohl auch in der Küche in Hallschlag anwesend, als ihr Mann durch mehrere Messerstiche, hauptsächlich in den Rücken, lebensgefährlich verletzt wurde. Nur genau das will die Zeugin nicht mitbekommen haben: "Ich weiß nur noch, dass mein Mann vornübergebeugt auf dem Tisch lag und Blut tropfte."
Mehr als zwei Promille Alkohol
Dabei ist die Ehefrau des Opfers die einzige Augenzeugin des Geschehens, die verpflichtet ist, sich zu dem Vorfall an jenem Abend in der Küche des gemeinsamen Hauses zu äußern: Als lediglich angeheiratete Tante des Angeklagten hat sie kein Zeugnisverweigerungsrecht - im Gegensatz zu ihrem Mann, der als Onkel des Angeklagten zum Prozessauftakt von dem ihm zustehenden Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch machte (der TV berichtete). Und auch im Gegensatz zur Tochter, die als Verlobte des Angeklagten nichts sagen muss und es am Mittwoch ebenfalls vorzieht zu schweigen. Doch Staatsanwalt Patzak bemüht sich vergeblich, Details von der Ehefrau des Opfers zu erfahren. "Wir geben's auf", zieht letztlich die Vorsitzende Richterin Petra Schmitz entnervt einen Schlussstrich.
Damit bleibt weiterhin unklar, wie sich der genaue Tatablauf an jenem Abend Ende Februar abgespielt hat: Der 21-jährige Angeklagte hatte zum Prozessauftakt zwar eingeräumt, dass er das Messer gegen seinen Onkel erhoben habe, dabei habe er allerdings vor dem 55-Jährigen gestanden. An Details könne er sich nicht mehr erinnern. Durchaus nachvollziehbar, berücksichtigt man das, was der Rechtsmediziner gestern zu Protokoll gibt: Der 21-Jährige muss zur Tatzeit einen Blutalkoholgehalt von mindestens 2,14 Promille gehabt haben. Darüber hinaus führt der Sachverständige aus, dass es angesichts der Verletzungen im Rückenbereich gut möglich, aber nicht zwingend sei, dass das Opfer saß und der Täter hinter ihm gestanden habe. Eben jene Situation, die die Verlobte des Angeklagten bereits bei ihrer polizeilichen Vernehmung kurz nach der Tat beschrieben hatte - bevor sie sich entschloss zu schweigen.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort