Rauchen, sniefen oder schlucken

Bitburg · Fast wie russisches Roulette: Die Kräuterdrogen "Legal Highs" können bei Jugendlichen harmlos bis tödlich wirken. Die Polizei warnt vor der Droge - zumal das Thema bei Schulen und Eltern verharmlost werde.

Bitburg. Die Packungen sehen bunt, fröhlich, jugendlich aus. Mit einem Google-Klick kann jeder sie finden, bestellen, konsumieren. Es wird geraucht, gesnieft oder geschluckt. "Legal Highs" sind zum Drogentrend unter Jugendlichen geworden. Ein gefährlicher Trend mit ungewissen Folgen: Herzrasen, Halluzinationen, Brustschmerzen. Die Liste ist lang. Das Polizeipräsidium Trier zählt 90 gemeldete Fälle seit Schulanfang im gesamten Zuständigkeitsgebiet. Kriminalhauptkomissar Elmar Esseln ist sich sicher, dass es diese Fälle im Eifelkreis Bitburg-Prüm auch gibt.
Deswegen hatte die Polizei, die Staatsanwaltschaft und das Gesundheitsamt eine Infoverstanstaltung für Eltern und Lehrer im Haus der Jugend organisiert. Doch Esseln ist mit der Resonanz äußerst unzufrieden: "Ich bin enttäuscht, dass von circa 3000 potenziell zu erreichenden Personen nur etwa 80 Besucher hier waren", sagt er nach der Veranstaltung.
Staatsanwalt Benjamin Gehlen hat Fälle, die mit Legal Highs zu tun haben, circa einmal wöchentlich auf dem Tisch liegen. Zweimal hintereinander betont er, dass die Mischungen keineswegs harmlos seien.
Trotz dieser Umstände wird das Thema, wenn es nach Esseln geht, verharmlost. "Ich kann das nicht nachvollziehen", sagt er. Manche Schulen hätten gemeint, dass sie keine schlafenden Hunde wecken möchten. Oder es gebe Eltern, die nicht kämen, weil sie dächten, man könne ihren Kindern ein Drogenproblem nachsagen. Zum Glück gebe es aber auch Schulen, die wüssten, dass Prävention wichtig sei.
Das scheint an den Bitburger Schulen der Fall zu sein. Der Schulleiter der Otto-Hahn-Realschule plus, Torben Wendland, sagt: "Keine Schule kann sich das leisten, das Thema unter den Tisch zu kehren." Das Problem sei bekannt. Es sei jedoch schon schwierig, herauszufinden, ob Legal Highs genommen wurden. "Wir hatten einen Fall", sagt Wendland, "da war sich der Sanitäter nicht sicher, ob es sich um Drogenkonsum handelte oder bloß um ein Kreislaufproblem." Im Nachhinein konnte das bei der Blutentnahme nicht festgestellt werden. Ein bekanntes Problem der Legal Highs, bei denen sich ständig die Inhaltsstoffe ändern. So schnell, dass auch die Staatsanwaltschaft nicht hinterherkommt. "Es ist ein Wettlauf mit den Produzenten", sagt Staatsanwalt Gehlen. Sobald Substanzen verboten werden, kommen neue auf den Markt.
Wendland meint aber auch, dass die Eltern sich ihre Kinder genau anschauen müssen. "Wenn es die Eltern abends nichts mitbekommen, wie sollen wir es am nächsten Morgen feststellen?" In der Realschule plus würden die Kinder ab 13 Jahren im Biounterricht über Drogen aufgeklärt.
Schulleiter Andreas Merzhäuser vom St.-Willibrord-Gymnasium sagt: "Hören tue ich jede Menge, aber verifizierbare Fälle sind mir nicht bekannt."
Es gebe zwar den ein oder anderen Verdacht, aber nicht auf konkrete Personen bezogen. Die Schule könne nur handeln, wenn es gezielte Hinweise gebe. Prävention sei jedoch ganz wichtig. Gespräche mit Esseln würden laufen. Nach den Ferien sei eine Infoveranstaltung geplant.
Ein paar Jugendliche in Bitburg kennen die Drogen aus dem Biologieunterricht am St.-Willibrord-Gymnasium. Da sei das Thema einmal kurz angesprochen worden. Andere Jugendliche haben von der Droge noch nie etwas gehört. Eine 13-Jährige vom St.-Willibrord-Gymnasium sagt: "Mir wurde sogar schon erzählt, dass man Legal Highs legal in Geschäften kaufen kann."
Die Pressesprecherin des Marienhaus Klinikums Eifel, Doris Fandel, sagt: "Wir hatten bisher keine jugendlichen Patienten, die wegen Legal Highs hier waren." Auch die Streetworkerin in Bitburg, Sophie Schreiner, äußert sich zu dem Thema: "Meistens geht es bei den Jugendlichen um Alkohol und Zigaretten, aber auch Legal Highs sind im Umlauf. Die sind sehr gefährlich. Sie sind noch billiger und einfacher als Cannabis zu beschaffen." Ein Gramm Kräuter sind laut Polizei ab fünf Euro erhältlich, Cannabis koste auf dem Bitburger Schwarzmarkt zwischen zehn und 15 Euro.

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