Rheinland-Pfalz macht über 10 000 Hektar seines Staatsforstes zum Nationalpark - Eröffnung im Hunsrückhaus

Birkenfeld/Thalfang · Der Nationalpark Hunsrück-Hochwald soll in diesem Jahr eröffnet werden. Es ist das erste Projekt dieser Art in Rheinland-Pfalz. Fachleute erhoffen sich eine Belebung des Tourismus. Skeptiker befürchten Probleme für die Holzindustrie. Projektleiter Harald Egidi erklärt, warum der Nationalpark so bedeutsam ist und welche Effekte er bringt.

 Der ursprüngliche Wald der Region bestand überwiegend aus Laubbäumen, wie hier in der Nähe des Erbeskopfes. TV-Foto: Hans-Peter Linz

Der ursprüngliche Wald der Region bestand überwiegend aus Laubbäumen, wie hier in der Nähe des Erbeskopfes. TV-Foto: Hans-Peter Linz

Birkenfeld/Thalfang. Es ist eines der ehrgeizigsten und umstrittensten Projekte der Landesregierung: die Schaffung eines Nationalparks im Hunsrück. Nachdem das Projekt bereits seinen Weg durch die kommunalen Gremien gegangen ist, steht Ende Januar die Debatte und Abstimmung im Landtag in Mainz an. Dann wird aller Voraussicht nach die rot-grüne Mehrheit das Projekt beschließen. Die Eröffnung des Nationalparks ist für Pfingsten angesetzt.
Umsatzeinbrüche befürchtet: Widerstand gegen das Projekt gibt es unter anderem in der Einheitsgemeinde Morbach.
Dort befürchtet die ansässige Holzindustrie einen Rohstoffmangel und sinkende Umsätze. In der Region hatten sich sogar zwei Vereine gegründet: Der eine befürwortet den Nationalpark, der andere will ihn verhindern. Das Projekt selbst ist in Rheinland-Pfalz einzigartig. Der Nationalpark Hunsrück-Hochwald wäre der 16. Nationalpark Deutschlands und der erste in Rheinland-Pfalz. Seine Fläche wird sich vom südwestlichen Hunsrück in den Hochwald erstrecken. Die Flächen befinden sich im Eigentum der Länder Rheinland-Pfalz (9260 Hektar) und des Saarlandes (970 Hektar) - das ist etwa die Größe von 14 300 Fußballfeldern. Das Areal umfasst Flächen in den Landkreisen Birkenfeld, Bernkastel-Wittlich, Trier-Saarburg und St. Wendel. Es besteht vornehmlich aus Waldgebiet und erstreckt sich vom Nordosten in den Südwesten.
Staatsvertrag verhandelt: Harald Egidi ist Projektleiter im Umweltministerium. Er leitet das Projekt von einem Büro bei der Birkenfelder Kreisverwaltung aus. "Das ist der erste Nationalpark, der von Anfang an in zwei Bundesländern geplant wird. Deshalb gibt es einen Staatsvertrag zwischen Rheinland-Pfalz und dem Saarland", erklärt der ehemalige Forstamtsleiter. Die Eröffnung soll dann im Hunsrückhaus am Erbeskopf gefeiert werden.
Urzustand wieder herstellen: Egidi sagt: "Bei dem Projekt geht es, im Gegensatz zu den wesentlich größeren Nationalparks in den USA, darum, einen Naturzustand langfristig wieder herzustellen." Denn tatsächlich sei diese Landschaft schon seit Jahrtausenden Kulturlandschaft.
Das bedeutet, dass der Mensch dort immer wieder etwas getan und damit die Landschaft verändert hat. So wurde vor der Industrialisierung in kleinen Kohlenmeilern an vielen Standorten Brennstoff für die Eisengewinnung und -verhüttung hergestellt. Damit ging die Vernichtung von Buchenwäldern einher, die erst die Preußen mit der schnell wachsenden Fichte wieder aufgeforstet haben. Abdrücke der Bodenplatten dieser Meiler seien erst kürzlich bei einer speziellen Laser-Kartografierung des Geländes entdeckt worden, erzählt Egidi. Später wurde Stahl in großen Hüttenwerken erzeugt - wie in der Völklinger Hütte im benachbarten Saarland.
Das Gebiet war sogar schon in keltischer Zeit besiedelt, wovon noch heute der Ringwall in Otzenhausen zeugt. Trotzdem habe sich das Gebiet eine gewisse Ursprünglichkeit erhalten, weiß Egidi.
Einzigartiges Waldgebiet: Denn es war immer ein zusammenhängendes Waldgebiet - und das macht es in Rheinland-Pfalz einzigartig. "Das erkennt man schon auf der ersten erhaltenen Karte des Gebiets von 1591", sagt der Forstexperte. Die Bodenwelt sei seit Jahrhunderten erhalten geblieben. Der ursprüngliche Baumtyp der Region sei die Buche gewesen. Und nun gehe es darum, dass diese ursprünglichen Pflanzen sich ihren Naturraum wieder zurückerobern können. Die Voraussetzungen dazu schaffe der Nationalpark.
Das Gebiet sei aber auch unter anderen Aspekten sehr geeignet. "15 Prozent der Fläche sind Moorstandorte, besonders bei Morbach. Das gibt es sonst nirgends in Rheinland-Pfalz", sagt Egidi.
Kontraste: Im Kontrast zu diesen Feuchtgebieten gebe es auch seltene Felsformationen von Allenbach bis Otzenhausen, in denen es warm und trocken ist. Das seien alles Alleinstellungsmerkmale und schaffe "eine enorme biologische Vielfalt."
Nach und nach soll sich so wieder ein Naturzustand einstellen. Das sei ein Prozess, der Jahrzehnte lang dauern werde, so der Fachmann.

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