Risiko und Vertrauen

Die demografische Entwicklung macht es uns deutlich. Die Menschen werden immer älter. Es gab nie so viele Hundertjährige wie derzeit. Bei aller Freude über die steigende Lebenserwartung, fragt sich manch älterer Mensch, dessen Kinder vielleicht schon im Alter von 60 bis 70 Jahren verstorben sind: Warum bin ich noch hier?

Warum holt Gott mich nicht zu sich?

Davor haben die meisten Menschen Angst: Alt zu werden - und dabei verwirrt und pflegebedürftig auf fremde Hilfe angewiesen zu sein. Den Kindern oder fremden Menschen zur Last zu werden. Für manche noch schlimmer: ausgeliefert und des eigenen Willens beraubt zu sein. Das ist die andere Seite der steigenden Lebenserwartung und der Vorstellung von aktiven Senioren, die auch mit über 90 Jahren ihren Haushalt bestreiten oder Reisen unternehmen. Jeder Zweite Über-90-Jährige leidet an einer Form von Demenz. In meiner eigenen Vorstellung noch belastender als stark hilfsbedürftig zu sein sind über längere Zeit starke Schmerzen zu erleiden.

Die Mehrzahl der Menschen sagt, so wolle man nicht leben - mit einem Minimum an Lebensqualität und abhängig von anderen. Es gibt Menschen, die sagen, dann möchten sie lieber ihrem Leben ein Ende setzen.

Ich will trotz des Wissens, dass das Alter nicht nur Sonnenseiten mit sich bringt, alt werden. Mein Wunsch danach ist heute intensiver als vor 30 Jahren. Zugegeben: Ich träume auch von vielen aktiven und gesunden Jahren bis ins hohe Alter. Ich weiß auch nicht, wie ich damit umgehe, wenn es völlig anders kommt und mir keine Zeit bleibt, aufgeschobene Träume zu verwirklichen.

Ich weiß nicht, ob und wie ich alt werde. Ich lege mich auch nicht fest, was ich will, wenn meine Lebensqualität gering wird. Aber es liegt nicht in meiner Hand, was aus mir wird. Ich kann zwar Weichen stellen, aber ich erreiche keine Sicherheiten.

Ich muss Risiken eingehen und vertrauen. Vertrauen haben zu Menschen, die mir Hilfe anbieten und Vertrauen in mich, dass ich vieles aus eigener Kraft bewältige - oder auch einfach nur aushalte.

Hilfreich ist es, wenn neben dem Vertrauen zu den Menschen ein Vertrauen zu Gott besteht. Denn er wird mich auch noch verstehen, wenn ich mich den Menschen nicht mehr mitteilen kann.

Monika Dondelinger ist Di-plom-Sozialarbeiterin beim Caritasverband Westeifel, Dienststelle Bitburg

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