Römer, Töpfer und fliegende Händler

SPEICHER. In einer neuen Serie stellt der TV ab heute Städte in der Eifel vor. Den Auftakt macht Speicher. Ein Krug, eine Ähre und ein Töpferrad. Die Symbole im Wappen von Speicher zeugen von der Bedeutung des Töpferhandwerks für Stadt und Umfeld – von der Römerzeit bis zur Gegenwart.

Die Ähre, lateinisch "spica", steht für "Spicarium", die Urform des Ortsnamens Speicher. Historiker sehen darin Assoziationen zum Sammeln und "Speichern", vorwiegend von Feldfrüchten. Derweil ist es in der langjährigen Ortsgeschichte nicht allein beim Töpfern und Ährensammeln geblieben. Das heutige, etwa 3000 Einwohner zählende Speicher präsentiert sich als freundliches, einladendes Eifelstädtchen und modernes Zentrum, inmitten einer malerischen Wald- und Flusslandschaft. Hier fühlen sich Einheimische, Zugereiste, Besucher und Feriengäste gleichermaßen wohl. Je nach Gusto und Ambitionen finden sie nahezu alles, was ihren Vorstellungen von Lebensqualität und Freizeitwert entspricht. Dabei zählt Speicher nicht unbedingt zu den Eifelstädtchen, deren bloßer Anblick den Betrachter bereits ins Schwärmen versetzt. Spätestens aber beim ausgedehnten Stadtrundgang verspürt auch der Speicherbesucher schnell solcherlei Hochgefühl. Dies umso mehr, wenn er das Glück hat, einen Mann wie Werner Streit, Angehöriger einer alteingesessenen Familie, ambitionierter Heimatkundler und Kulturhistoriker, begleiten zu dürfen. "Ich bin hier geboren und interessiere mich seit früher Jugend für die Belange meiner Heimatstadt", sagt Streit. Als Erfüllung eines jahrzehntelangen Engagements für "sein Speicher" bezeichnet er die Eröffnung des Heimatmuseums im Jahre 1988, dessen Leiter er von Beginn an ist. "Ees Museum", wie der Volksmund es liebevoll nennt, ist ein "Haus der Eifelgeschichte". Die Besucher kommen aus aller Welt. Werner Streit zufolge war das mittelalterliche Speicher ein reines Töpfer- und Hausiererdorf. Die Leute zogen mit der Hotte auf dem Rücken weit über Land, um Töpferware zu verkaufen. Dabei entwickelte sich reger Handel. Die Hausierer wurden zu reisenden Kaufleuten. Sie importierten ihrerseits Käse aus Holland, Spezialitäten vom Rhein und Vieles mehr. Die Sprache der Händler war Jenisch. "Um Verständliches unverständlich zu machen", meint Werner Streit schmunzelnd. In Speicher machte sich Wohlstand breit. Die französische Revolution brachte den Handel weitgehend zum Erliegen. Und im zweiten Weltkrieg wurde Speichers alte Bausubstanz zu 70 Prozent zerstört. "Vieles im heutigen Stadtbild ist neu", konstatiert Werner Streit. Etwa seit Mitte der 1960er-Jahre habe sich der Ort zum modernen Einkaufszentrum mit hervorragender Gastronomie und Infrastruktur gewandelt. Ideal auch für Feriengäste, die in Speichers herrlicher Umgebung ihre Zelte aufgeschlagen haben. Mit Werner Streit geht es durch die Innenstadt. Vorbei an der Pfarrkirche St. Philippus und Jakobus mit ihrem berühmten Kreuzweg, bei dem der Künstler alles realistisch darstellt, nur das Kreuz bleibt imaginär, bis hinunter zum Marktplatz, zentraler Punkt für Veranstaltungen aller Art. Wir sehen das Schulzentrum, das Gewerbe- und Industriegebiet, immer wieder alte Sandsteinhäuser, Sportanlagen, das St.-Vinzenz-Haus, das Seniorenheim Marienhof und vieles mehr. Bemerkenswert und nahezu einmalig in seiner Art ist der "Ehrenamtliche Besuchsdienst" des Marienhofes. Im Jahre 2005 gab es dafür den Ehrenamtspreis. 26 Vereine in intakter Gemeinschaft

Voll des Lobes ist Werner Streit über die 26 Speicherer Ortsvereine. Ob Eifelverein, Musikverein Eifelecho, DRK, die Sportschützen, die Hundefreunde, der Gewerbeverein und all die anderen, sie machen sich um Ortsbild und Image verdient und sorgen dafür , dass in Speicher das Leben pulsiert. Sehenswert in der reizvollen Umgebung sind eine gemütliche Grillhütte, die idyllische Kreuzkapelle, ein interessantes Biotop sowie zahllose malerische Fleckchen an der Kyll oder in Wald und Flur - ein Paradies für Wanderer. "Heimat ist der Winkel vielfältiger Geborgenheit, es ist der Platz, an dem man sich aufgehoben fühlt - in der Sprache, im Gefühl, ja selbst im Schweigen." Mit einem Zitat des Autors Siegfried Lenz beendet Werner Streit unseren Rundgang.

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