Rote Linie überführt Dealer

BITBURG/PRÜM. Wegen Drogenhandels ist nach seinem Komplizen nun auch der zweite bei Prüm aufgegriffene Litauer vor dem Amtsgericht Bitburg zu einer Haftstrafe verurteilt worden. Entscheidendes Indiz: ein positiver Drogen-Wischtest.

Am 30. Januar schnappte die Mobile Kontrollgruppe des Zolls auf der A 60 bei Prüm zwei Männer, die mit einem im Rücksitz ihres Wagens versteckten Paket Heroin in Richtung Süden unterwegs waren. Den geständigen Beifahrer Niklas P. (35) (Namen von der Redaktion geändert) verurteilte das Schöffengericht zu zwei Jahren und zehn Monaten Haft (der TV berichtete). Fahrer Valdas U. (29) will von dem Drogengeschäft jedoch nichts gewusst haben. Er sei nur angeheuert worden, um ein Auto nach Litauen zu überführen. Die Vorladung eines angeblichen Entlastungszeugen aus Litauen scheiterte - der Brief des Gerichts an die vom Angeklagten angegebene Adresse kam postwendend zurück. So ging es am dritten Verhandlungstag hauptsächlich um den so genannten Drogen-Wischtest. Der Zollbeamte, der am 30. Januar die beiden Verdächtigen getestet hatte, demonstrierte den Ablauf am vorsitzenden Richter Werner von Schichau.Der Richter als Testperson

"Ich habe heute nichts genommen", scherzte von Schichau und ließ sich den Teststreifen über die Fingerspitzen ziehen. Innerhalb weniger Minuten färbte sich die Kontrolllinie rot - ein Nachweis, dass der Test funktioniert. Die Anzeigelinie daneben blieb unverändert. Sie wird nur dann rot, wenn die Testperson vor kurzem Kontakt mit Opiaten hatte. "Bei beiden Verdächtigen hat sich die Anzeigelinie damals sehr stark rot gefärbt", berichtete der Zollbeamte. Als Sachverständige bestätigte eine Mitarbeiterin der Herstellerfirma des Tests eine korrekte Anwendung. Das Gericht interessierte sich vor allem für die Frage, ob ein positives Ergebnis auch dann möglich wäre, wenn die Testperson nur mittelbaren Kontakt hatte. Etwa, indem Valdas U. und Niklas P. nacheinander das Lenkrad angefasst hätten. "Ausschließen lässt sich das nicht. Aber wenn der Test so stark anschlägt, ist die Wahrscheinlich eines direkten Kontakts mit Drogen sehr groß", sagte die Sachverständige.Das 60-fache einer nicht geringen Menge

Staatsanwalt Manfred Stemper sah den Nachweis für die Tatbeteiligung von Valdas U. erbracht. Er habe widersprüchliche Aussagen dazu gemacht, wann und wie er Niklas P. kennen gelernt habe. Eine im Wagen gefundene Sandwich-Packung mit niederländischer Aufschrift, die Auswertung der SMS-Nachrichten von Handys und vor allem der Drogentest fügten sich zu einem Gesamtbild. Die umgerechnet 91,6 Gramm reines Heroin seien das 60-fache einer so genannten nicht geringen Menge. Stempers Forderung: drei Jahre und zehn Monate Haft. Verteidiger Dietmar Bonn sah hingegen "begründete Zweifel" an einer Täterschaft. Niklas P. habe seinen Mandanten unter einem Vorwand nach Deutschland gelockt und den Drogen-Deal ohne sein Wissen durchgezogen. Es sei nicht auszuschließen, das die Drogenspuren durch Kontakt mit einem dritten Gegenstand übertragen worden seien. Bonn plädierte auf Freispruch. Das Urteil des Gerichts lautete: dreieinhalb Jahre Haft. Der angeblich beabsichtigte Autokauf in Belgien sei unglaubwürdig, weil nur Valdas U. einen Führerschein besitze und die beiden nur 75 Euro dabei gehabt hätten. Von Schichau: "Das Professionelle an diesem Fall: Einer nimmt es auf sich, der andere hält sich bedeckt und hofft, davon zu kommen."

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