Rücktrittsforderung für Michael Billen ohne Folgen

Bitburg · Auch in seiner Heimat weht für Michael Billen inzwischen ein rauer Wind. Die Grünen fordern seinen Rücktritt von sämtlichen Ämtern, die SPD wünscht sich, dass er sie zumindest ruhen lässt, und die Linke will, dass er den Vorsitz des Jugendhilfeausschusses niederlegt. Billen selbst hat jedoch nichts dergleichen vor.

 Jäger und Gejagte: Der CDU-Landtagsabgeordnete Michael Billen präsentiert stolz seine Trophäensammlung. Foto: Klaus Kimmling

Jäger und Gejagte: Der CDU-Landtagsabgeordnete Michael Billen präsentiert stolz seine Trophäensammlung. Foto: Klaus Kimmling

Michael Billen sitzt auf vielen Stühlen. Und an fast jedem dieser vielen Stühle wird derzeit ordentlich gerüttelt.

Nachdem bekannt geworden war, dass der CDU-Mann sich im Rahmen seiner Nürburgring-Recherchen Zugang zu geheimen Polizeidaten verschafft hatte, hagelte es Rücktrittsforderungen. Ein großer Teil davon kam aus Billens eigener Partei und bezog sich auf seine politische Tätigkeit im Landtag.

Doch auch der Eifelkreis Bitburg-Prüm ist für Billen kein sicherer Hafen mehr. Die Grünen forderten Anfang Januar seinen Rückzug von sämtlichen kommunalen Ämtern. Und das sind viele: Billen ist Vorsitzender des Jugendhilfeausschusses, Aufsichtsratsvorsitzender der Flugplatz Bitburg GmbH, Vorsitzender des DRK im Eifelkreis, Mitglied des Kreistags sowie CDU-Kreisvorsitzender.

Auch die SPD hat ihre Vorstellungen von dem, was Billen tun sollte. Die Kreistagsfraktion hatte den noch amtierenden Landrat Roger Graef bereits Ende November gebeten, er möge auf Billen einwirken, seine Ämter bis zum Abschluss der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen ruhen zu lassen.

Situation in längerem Gespräch erörtert



Statt Graef hat nun der neue Landrat Joachim Streit Billen "in einem längeren Gespräch die Situation erörtert" und ihn um eine schriftliche Stellungnahme gebeten. Diese kam von Billens Anwalt. Er gehe davon aus, dass das Verfahren gegen seinen Mandanten mangels hinreichenden Tatverdachts eingestellt werde. Deshalb sei es nicht erforderlich, dass Billen seine Ämter ruhen lasse, schreibt der Anwalt.

Der neueste Vorstoß kommt von der Linken. Der Kreisverband fordert Michael Billen auf, den Vorsitz des Jugendhilfeausschusses niederzulegen. Es gehe um politische Verantwortung, heißt es in der Begründung. "Was soll man Jugendlichen und ihren Eltern sagen, die in schwierigen Umständen leben, wenn der Vorsitzende des Jugendhilfeausschusses Zielscheibe staatsanwaltschaftlicher Ermittlungen ist und es ohne Zweifel feststeht, dass er sich nicht korrekt verhalten hat?"

Wolfgang Ferner (Kreistagsmitglied, Die Linke) will einen Antrag in den Kreistag einbringen: Das Gremium soll beschließen, Billen zu raten, den Vorsitz niederzulegen. Allerdings ist jetzt schon abzusehen, dass Ferner damit keinen Erfolg haben wird. Denn die meisten anderen Fraktionen unterstützen sein Anliegen nicht (siehe Extra).

Billen selbst scheint nicht vorzuhaben, irgendwelche Ämter ruhen zu lassen oder gar aufzugeben. Er habe auf Landesebene einen Fehler eingestanden, dessen juristische Bewertung noch ausstehe, sagt er. "Aber ich wüsste nicht, was ich mir in den kommunalen Gremien zuschulden kommen lassen hätte." Und auch nicht, was das eine mit dem anderen zu tun habe.

Die Fraktionen zum Vorstoß der Linken

CDU: "Man soll die Kirche im Dorf lassen", sagt Patrick Schnieder. Mehr habe er dazu nicht zu sagen.

FWG: Die FWG-Fraktion lehnt den Antrag von Wolfgang Ferner ab. Rechtlich werde die Sache von der Staatsanwaltschaft Landau geprüft. Daher sei keine Zuständigkeit des Kreistages gegeben. Moralisch habe Billen sein Verhalten mit sich, seiner Partei und seinen Wählern auszumachen, sagt Klaus Schnarrbach. Eine mehrheitliche Entscheidung für den Antrag käme zudem einer Vorverurteilung gleich. "Ich bedaure ohnehin, dass oftmals keine Sachpolitik mehr betrieben wird. Es scheint immer mehr nur noch darum zu gehen, den politischen Gegner fertig zu machen", sagt Schnarrbach.

SPD: Die SPD wünscht sich, wie sie in einem Schreiben an den Landrat erläutert hat, dass Billen seine Ämter bis zum Abschluss der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen ruhen lässt. "Der Vorsitzende des Jugendhilfeausschusses hat eine Vorbildfunktion", sagt Bernd Spindler und es sei ungünstig, wenn gegen ihn ermittelt werde. Ob die SPD-Fraktion die Linke bei ihrem Anliegen unterstützt, müsse noch intern beraten werden.

FDP: "Ich finde diesen Antrag unmöglich", sagt Marie-Luise Niewodniczanska. Natürlich habe Michael Billen mit der Polizeidaten-Affäre "Blödsinn gemacht". Doch ihrer Meinung nach soll er Vorsitzender des Jugendhilfeausschusses bleiben. Er mache die Arbeit in diesem wichtigen Ausschuss sehr gut, sehr sachlich und objektiv.

Bündis90/Die Grünen: "Wir hätten es gut gefunden, wenn Michael Billen von sich aus zurückgetreten wäre", sagt Roswitha Biwer. Aber solange kein Straftatbestand nachgewiesen sei, halte sie es nicht für sinnvoll, Billen mit so einem großen Gremium an die Wand zu stellen. Zumal dem Kreistag dazu zum einen die gesetzliche Grundlage fehle und Billen zum anderen weder im Kreistag noch in den Ausschüssen etwas falsch gemacht habe.

Meinung

Ergebnisse abwarten

Michael Billen hat ohne jeden Zweifel einen Fehler gemacht - das weiß er auch - und vielleicht sogar eine Straftat begangen - das werden die Ermittlungen noch zeigen. Doch sind die Geschütze, die da gerade gegen ihn aufgefahren werden ein bisschen überdimensioniert. Und ihre Lunte riecht schwer danach, als wollten die Schützen vor allem die Gunst der Stunde nutzen, um den Lokalfürsten endlich und endgültig zu stürzen. Zum einen ist die Beschaffung geheimer Polizeidaten kein Kapitalverbrechen, zum anderen hat sie nicht besonders viel mit Billens Arbeit im Kreistag oder dem Jugendhilfeausschuss zu tun. Warum wartet man nicht einfach das Ergebnis der Ermittlungen ab? Wenn Billen, sollten sie zu seinen Ungunsten ausfallen, dann immer noch nicht freiwillig abdanken will, hätte man wenigstens etwas in der Hand, um ihn dazu zu bewegen. k.hammermann@volksfreund.de

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