Salami-Taktik um Eifel-Spargel

HEILENBACH. Obwohl die Genehmigung von zwei Windrädern "formell rechtswidrig" erteilt wurde und eine Umweltverträglichkeit noch nicht nachgewiesen wurde, will die Kreisverwaltung die Anlagen nicht abschalten.

Von Salamitaktik spricht man, wenn in einem Verfahren durch eine Reihe kleiner Übergriffe und Forderungen versucht wird, etwas zu erreichen, ohne dabei Schwierigkeiten zu bekommen. Das heißt - um bei dem Beispiel mit der Salami zu bleiben - dass von der Wurst, die einem nicht gehört, so lange kleine Stückchen abgeschnitten werden, bis auf einmal nichts mehr da ist. Aus der Sicht einiger Menschen ist der Windpark in Heilenbach so eine Salami, und die Art und Weise, in der die Windräder nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz genehmigt wurden, dazu die Taktik. Sieben neue Anlagen stehen dort. Zwei davon haben nach Angaben der Bitburg-Prümer Kreisverwaltung im vergangenen Juli die baurechtliche Genehmigung erteilt bekommen, die fünf anderen bereits zwei Jahre zuvor, im Sommer 2002. Und auch die Betriebsgenehmigungen wurden nicht auf einmal, sondern salamischeibenweise erteilt - im März 2002, im Mai 2002, im Juni 2002, im Juli 2003 und im Januar 2005. Aufgebaut wurden die Räder allerdings schneller, Anfang des Jahres innerhalb weniger Wochen. Dass das Baurecht für sieben Anlagen nicht auf einmal beantragt wurde, hat aus Sicht von Oswin Müller auch einen Grund: "Salami-Taktik". Müller ist ehemaliger Oberster Richter am Bundesverwaltungsgericht und Rechtsbeistand von Alfred Lichter aus Ehlenz, der gegen die Betriebserlaubnis der Räder Widerspruch eingelegt hatte (der TV berichtete). "Man könnte voraussetzen, dass alle Räder im Bezug auf ihre Umweltverträglichkeit isoliert betrachtet werden, aber in Wirklichkeit ist es insgesamt eine Windfarm", sagt Oswin Müller, so das Emmissionsmessungen nicht am einzelnen Windrad, sondern am gesamten Windpark gemessen werden müssen. "Nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes vom vergangenen Jahr sind die Räder mit einer Windfarm gleich zu setzen", sagt auch Oliver Schäfer, Sachverständiger und Bewohner in Heilenbach, so dass die nacheinander einzeln erteilten Betriebserlaubnisse keine Gültigkeit hätten. Ebenfalls kaum Gültigkeit hat aus Schäfers Sicht der Widerspruch, den er und seine Frau fristgerecht gegen den Betrieb der beiden zuletzt genehmigten Windräder eingereicht hatten, der aber nach Aussage der Kreisverwaltung falsch zugeordnet wurde. Die Behörde hat den Fehler zwar eingeräumt, doch die Räder laufen weiter. Nachweis erst, wenn die Anlagen laufen

"Aufgrund eines Verfahrensfehlers ist die Genehmigung zwar formell rechtswidrig ergangen", sagt Rudolf Müller von der Kreisverwaltung Bitburg-Prüm, "dies führt aber nicht zwangsläufig dazu, dass die Genehmigung insgesamt rechtswidrig ist." Darüber hinaus erfolge die Prüfung im Genehmigungsverfahren immer auf der Grundlage von Prognosen, fügt er hinzu, und "die tatsächlichen Emissionswerte von Windkraftanlagen an bestimmten Standorten können zwangsläufig erst dann ermittelt oder gemessen werden, wenn die Anlagen in Betrieb sind". Dass eine mögliche Umweltbelastung erst nachgewiesen werden kann, wenn Lärm und Schattenwurf gemessen worden sind, dafür hat auch Schäfer Verständnis, nicht aber dafür, dass die Windräder sich solange "formell rechtswidrig" weiterdrehen dürfen. Vor zwei Wochen hat er bei der Kreisverwaltung für die Betriebserlaubnis der zu früh genehmigten Räder eine aufschiebende Wirkung beantragt - und dem Antrag wurde stattgegeben. "Daraufhin habe ich dann - weil die Dinger wirklich laut sind - beantragt, dass sie abgeschaltet werden", sagt der Sachverständige aus Heilenbach. Doch dann sei erneut ein Brief der Kreisverwaltung gekommen, der ihn immer mehr an der Behörde zweifeln ließe. Statt die Windkraftanlagen abzuschalten, verweist der zuständige Sachbearbeiter darauf, dass Schäfer "einen Antrag beim Verwaltungsgericht Trier auf Widerherstellung der aufschiebenden Wirkung" seines Widerspruchs stellen kann. Warum die aufschiebende Wirkung, die zuvor genehmigt wurde, jetzt über das Verwaltungsgericht wieder hergestellt werden muss, konnte die Kreisverwaltung auf TV-Anfrage nicht erklären. Zumindest derzeit noch nicht: "Öffentliche Stellungnahmen unsererseits als Verwaltung im Zusammenhang mit einem noch nicht abgeschlossenen Verfahren sind nicht üblich."

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