Schlägerei: 29-Jähriger wegen Körperverletzung vor Gericht

Prüm/Waxweiler/Gondenbrett · Nach einem Diskothekenbesuch soll er ebenso zugeschlagen haben wie nach einem Karnevalsabend, jetzt muss sich ein 29-Jähriger vor dem Amtsgericht Prüm (Eifelkreis Bitburg-Prüm) wegen Körperverletzung verantworten.

Prüm/Waxweiler/Gondenbrett. Notorischer Schläger oder doch ein Unschuldiger, der nur zufällig in gleich zwei gewalttätige Auseinandersetzungen geraten ist? Der erste Verhandlungstag gegen einen 29-jährigen Prümer hilft kaum dabei, ein treffendes Bild des Mannes zu gewinnen, der sich wegen gefährlicher Körperverletzung vor dem Amtsgericht Prüm verantworten muss.

Die Anklage: Zweimal soll er zugeschlagen haben. Einmal in der Nacht zum 13. Februar vor einer Diskothek in Waxweiler, dann einige Wochen später während des Karnevals am 8. Februar vor dem Gondenbretter Festzelt. Im ersten Fall habe er einen 20-Jährigen geschlagen und getreten, im zweiten, er spielte am Verhandlungstag eine eher untergeordnete Rolle, soll der Beschuldigte erneut die Fäuste geschwungen und seine Knie in jemandes Rücken gerammt haben. Neben ihm auf der Anklagebank sitzt ein 24-jähriger Freund. Er wird der Beihilfe beschuldigt.

Die Aussage der Beschuldigten: Der Hauptangeklagte schweigt vorerst zu den Vorwürfen. "Wir werden uns äußern, aber noch nicht jetzt", erklärt sein Anwalt Wolfgang Ferner. Der 24-jährige Mitangeklagte bezieht aber Stellung. Spät am Abend habe er den Beschuldigten vor der Tür getroffen. "Er saß auf einer Bank und war klitschnass", erinnert sich der Freund. Jemand, vermutlich der 20-jährige Anzeigenerstatter, habe ihn mit einem Getränk begossen, nachdem er vom Angeklagten versehentlich angerempelt worden sei. "Nachdem wir ihn vor der Tür noch mal trafen und er Ärger suchte, sind wir gegangen. Ein Freund holte uns mit dem Auto ab." Plötzlich sei der 20-Jährige am Auto gewesen und habe gegen den Kotflügel getreten. Der Angeklagte sei dann sofort aus dem Wagen gesprungen und habe "ihn sich geschnappt." Er selbst habe aber keineswegs, wie behauptet, jemanden festgehalten, damit der Beschuldigte auf den Mann einschlagen oder gar treten konnte.

Die Zeugen: Das 20-jährige mutmaßliche Opfer beschreibt die Situation vor dem Vorfall als gereizt und räumt ein, dass seine Gruppe im Tanzlokal durchaus etwas gepöbelt habe. An ein Getränk, das er dem vermeintlichen Gewalttäter über die Kleidung schüttete, kann er sich nicht erinnern. Er merkt aber an, dass er etwas getrunken habe: "Viel? Ach, normal, würde ich sagen. Ich hatte so zwischen zehn und 15 Whiskey-Cola." Im März hatte der Mann Anzeige erstattet, sie aber zur Überraschung der Polizei bald wieder zurückgezogen. Auf Nachfrage nach den Gründen erklärte er damals, der Angeklagte habe ihn gewarnt: "Geh zur Polizei, und du warst das letzte Mal bei der Polizei." Gegen den Beschuldigten wurde daraufhin Haftbefehl erlassen. Von einem Drohszenario will der 20-Jährige heute aber nichts mehr wissen. "Angst? Mehr oder weniger - ich hatte keine Lust auf Ärger."
Auch die Befragung von zehn weiteren Zeugen wirft in beiden Fällen mehr Fragen auf, als beantwortet werden. Zwar sind sich in Erinnerung an den Abend in Waxweiler alle einig, dass die Stimmung gereizt war, wer aber wen wann geschlagen hat und ob getreten wurde, darüber gehen die Meinungen auseinander. Auch zum Karnevalsvorfall herrscht kein Konsens. Man ist sich nicht einig, ob und wann der Angeklagte wen geschlagen, geschubst oder getreten hat.
Überraschender Gedächtnisverlust: Ein Zeuge erstaunt mit seiner Stellungnahme das gesamte Gericht: "Ich kann mich an den Abend nicht erinnern." Staatsanwalt, Richter und Verteidiger sind irritiert: "Aber sie hatten die Erinnerung noch bei ihrer polizeilichen Aussage einen Monat nach dem Vorfall?", fragt Richter Felix Heinemann. "Kann sein. Heute aber nicht mehr", sagt der Zeuge. Erst als er darauf hingewiesen wird, dass sein überraschender Gedächtnisverlust strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen könne, lässt die temporäre Amnesie nach und die Erinnerungen kehren zurück.

Wie geht es weiter: Der Angeklagte bleibt trotz eines Antrags seines Anwalts auf Entlassung in Untersuchungshaft. Am Dienstag, 19. November, beginnt um 14 Uhr der zweite Verhandlungstag, an dem weitere Zeugen befragt werden.Meinung

Es ist nicht normal
Das Verfahren gegen den vermeintlichen Gewalttäter wirkt verworren, doch trotz aller Ungereimtheiten bleibt eins bereits hängen: Entsetzen. Entsetzen über die Selbstverständlichkeit, mit der von den Zeugen auf die Themen Gewalt und Aggression reagiert wird. Entsetzen darüber, wie Schlägereien offensichtlich einfach hingenommen werden. Während einer Pause ist da zu hören: "An welchem Abend wird denn nicht auf dem Parkplatz oder vor der Tür gepöbelt oder geprügelt?" Man wunderte sich, wie es nun zu diesem Verfahren kommt. Bitte? Ist es so normal, beim Feiern vielleicht eins auf die Nase zu bekommen? Wo gehobelt wird, da fallen Späne - wo gefeiert wird, da gibt es möglicherweise eins auf die Fresse? Nein! Es ist nicht normal und wird hoffentlich niemals normal sein. Strafrechtlich mag es relevant sein zu klären, ob geschlagen oder getreten wurde. Juristisch mag es von Belang sein, herauszufinden, wer wen wann provoziert haben könnte. Gesellschaftlich wichtig ist aber die Haltung: Akzeptiert das Ganze nicht, schickt eure Freunde nach Hause, bevor sie zuschlagen. f.auffenberg@volksfreund.de

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