Justiz Bitburger Schleuserprozess: Zeuge fühlt sich bedroht

Bitburg/Trier · Für das Landgericht Trier ist es ein mühsames Vorantasten im Prozess gegen drei wegen möglicher Schleuserei angeklagte Araber, die von Bitburg aus agiert haben sollen.

 Jede Menge Arbeit wartet noch auf die Beteiligten im Schleuserprozess am Landgericht Trier.

Jede Menge Arbeit wartet noch auf die Beteiligten im Schleuserprozess am Landgericht Trier.

Foto: picture alliance/dpa/Patrick Pleul

Es ist „erst“ der achte Tag im Prozess gegen drei Männer im Alter von 33 bis 55 Jahren, denen zahlreiche Fälle von illegaler Einschleusung von Nicht-EU-Ausländern nach Deutschland und in andere EU-Länder vorgeworfen werden. Es sind Vater G. und Sohn K. aus dem Libanon und  der als Helfer angeklagte Syrer M. Von 2017 bis 2019 sollen sie zu Preisen bis zu 20 000 Euro zahlreiche syrische Staatsangehörige nach Deutschland und in die Niederlande eingeschleust haben. Dabei seien die  Angeklagten nicht die alleinigen Täter gewesen, sondern hätten einige Helfer in Syrien und im Libanon gehabt. Besonders ein Mitarbeiter aus der Deutschen Botschaft in Beirut soll sich als Visumsfälscher hervorgetan haben. Gegen ihn läuft ein gesondertes Verfahren.

Das Verfahren vor der Ersten Großen Strafkammer ist langwierig und mühsam. Reihenweise werden ehemalige Kunden der möglichen Bitburger Schleuser vernommen. Meist sind es Syrer, die ab 2014 bereits als Kriegsflüchtlinge in Deutschland lebten und ihre minderjährigen Kinder hatten mitbringen dürfen. Doch wenn dann etwa die 18-jährige Tochter noch im kriegsumtobten Syrien lebte, war die Sorge groß und jede Hilfe recht. Meist über Netzwerke von Familien und Freunden kam man dann auf die vermeintlich selbstlosen Helfer in Nahost, die „legale Wege per Visum“ nach Deutschland versprachen.

Der Kostenpunkt für die „Hilfe“ lag meist im unteren fünfstelligen Euro-Bereich. 17 000, 18 000, 16 000 Euro, rund 2000 Euro Anzahlung in Syrien oder Libanon, der Rest auch in Raten zahlbar in Deutschland, möglicherweise an den Angeklagten G. Abgeliefert wurden die fünfstelligen Restbeträge am Tag der Einschleusung. Übergabeort war wohl eine Wohnung in einem Dorf bei Trier. Die gefälschten Visa stammten direkt von der deutschen Botschaft in Beirut, wie erwähnt. Zahlreiche Zeuginnen und Zeugen haben in den letzten Verhandlungstagen recht gleichlautend den Ablauf geschildert – die Fälle gleichen sich.

Typisch etwa das syrische Elternpaar, das 2016 mit minderjährigen Kindern nach Deutschland gekommen war und auch die 18-jährige Tochter aus dem Kriegsgebiet holen wollte. Als Zeugen erklären die Eltern, wie es zu ersten Kontakten in einem Essener Fastfood-Lokal kam, und der Gesprächspartner  versicherte, dass alles völlig legal ablaufen werde.

Von Damaskus über Ägypten sollte der Flug nach Frankfurt gehen. 1500 Euro die Anzahlung. Doch beim Umsteigeversuch im Land der Pharaonen war für die Tochter Schluss. Sie musste zurück, das Geld war weg. Angeblich sei eine Angabe im Visum unklar gewesen, dann soll sie verbotenerweise im Flughafen gefilmt haben. Die Zeugen: „Heute ist uns klar, dass alles illegal und Betrug war.“

Ein Pizzabäcker aus Essen berichtet, wie er für einen ihm bekannten Syrer den Geldboten gemacht hatte – „mit 7000 Euro von Essen drei Stunden Fahrt in ein Dorf bei Trier“. Es ging wohl um die Tochter des Bekannten. Dann folgt der brisante Teil der Aussage, für den sich besonders Oberstaatsanwalt Eric Samel und sein Kollege Stefan Buch interessieren. Der Mann berichtet nämlich, wie er  2019 im Vorfeld dieses Prozesses massiv bedroht worden sei. „Wenn du vor Gericht redest, werden wir deine Familie töten“, habe ein Anrufer am frühen Morgen mitgeteilt.

Danach knistert es wieder zwischen Anklage und Verteidigung: Wer könnte verantwortlich sein für die mögliche Zeugenbedrohung? Auf der Anklagebank sitzen G. und sein Sohn K. als Hauptbeschuldigte. Schon am ersten Verhandlungstag wäre es fast zur Verständigung über ein garantiertes Strafmaß gegen ein volles Geständnis gekommen. Es scheiterte, weil die Staatsanwälte das vorgeschlagene Höchststrafmaß für G. als zu gering erachteten (wir berichteten).

Für den Sohn K. galt dies nicht, er hätte noch die Gelegenheit gehabt. Nach der Sache mit der Zeugenbedrohung sei damit erst einmal Schluss, erklärt der Oberstaatsanwalt. Die Verteidiger von K., Markus Eifel und Heiko Hofstätter, kontern mit einer Erklärung ihres Mandanten, wonach er in keine illegalen Machenschaften verwickelt gewesen sei, sondern nur Ausweise von Verwandten übernommen und überbracht habe.

Fortsetzung am  8. Oktober, 9 Uhr.

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