Schmuddelliste: Trierer Stadtverwaltung akzeptiert Richterspruch nicht

Trier · Die Stadtverwaltung Trier will Klarheit vom Oberverwaltungsgericht: Wie groß müssen hygienische Verstöße gegen das Lebensmittelrecht sein, damit Verbraucher im Internet vor den Betrieben gewarnt werden dürfen?

Trier. Reichen hygienische Mängel wie zum Beispiel ein Schimmelrasen im Kühlschrank aus, um Verbraucher im Internet vor dem Verzehr von Speisen, Brötchen oder Wurst aus dem jeweiligen Lebensmittelbetrieb zu warnen? Oder ist ein solches öffentliches Anprangern erst gerechtfertigt, wenn die städtischen Lebensmittelkontrolleure konkret verdorbene Lebensmittel - also schimmliges Gemüse oder verschleimtes Fleisch - entdecken? Diese Streitfrage will die Trierer Stadtverwaltung vom Oberverwaltungsgericht in Koblenz klären lassen.
Einträge im Internet


Vorausgegangen waren zwei Beschlüsse des Trierer Verwaltungsgerichts, das einem Restaurant und einem Lebensmittelladen Recht gegeben hatte (der TV berichtete).
Beide Betriebe hatten sich gegen ihren Eintrag auf der sogenannten Schmuddelliste der Stadtverwaltung gewehrt. Das Verwaltungsgericht hatte daraufhin die Stadt aufgefordert, die Internetveröffentlichungen - samt Betriebsnamen und aufgefundenen Hygienemängeln - zu löschen. Begründung: Bei den Betriebskontrollen seien lediglich allgemeine hygienische Verstöße festgestellt worden, zum Beispiel stark verschmutzte Fußböden oder verschimmelte Spülmaschinen. Ein Eintrag im Internet sei allerdings nur zulässig, wenn konkret verdorbene Lebensmittel aufgefunden würden (TV vom 29. Dezember).
Diese Auslegung des neuen Lebensmittelgesetzes - Kommunen sind seit dem 1. September 2012 bundesweit verpflichtet, Schmuddelbetriebe im Internet zu veröffentlichen - will die Trierer Stadtverwaltung vom Oberverwaltungsgericht (OVG) überprüfen lassen.
Zwar seien am Kontrolltag in dem Restaurant tatsächlich keine verdorbenen Lebensmittel gefunden worden, erklärt das städtische Presseamt auf TV-Nachfrage. "Zahlreiche und erhebliche Hygienemängel haben uns jedoch dazu veranlasst, verschiedene Lebensmittel als ekelerregend hergestellt und daher für den menschlichen Verzehr nicht geeignet zu beurteilen. Wenn der Verbraucher wüsste, wie es um die Betriebshygiene zum Zeitpunkt der Kontrolle bestellt war, würde die Mehrheit der Verbraucher diese Produkte ablehnen", begründet Presseamtschef Hans-Günther Lanfer die Beschwerde beim OVG.
Die Rolle der Kommunen


Nicht nur die Stadtverwaltung sieht das so. Auch Christian Fronczak, Sprecher des Bundesministeriums für Verbraucherschutz, hatte bereits Anfang Dezember auf TV-Anfrage erklärt: "Dem Lebensmittelgesetz ist zu entnehmen, dass die Kommunen auch jenseits von Gesundheitsgefährdungen aktiv informieren können und sollen."
Im Paragrafen 40 des Gesetzes heißt es tatsächlich wörtlich, dass Kommunen Betriebsnamen im Internet auch nennen dürfen, wenn "ein nicht gesundheitsschädliches, aber zum Verzehr ungeeignetes, insbesondere ekelerregendes Lebensmittel" von Betrieben verkauft wird.
Ein Termin für die Verhandlung vor dem OVG steht noch nicht fest. woc

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