Schnäppchenjagd im Sitzungssaal

Bitburg · Alle sechs Monate verkauft das Bitburger Fundbüro die Dinge, die dort liegengeblieben sind: von der Armbanduhr bis zur Schwimmnudel. Was übrig bleibt, bekommen Asylbewerber.

 Agnes Peters schaut sich an, was da so funkelt und glitzert. TV-Foto: Christian Altmayer

Agnes Peters schaut sich an, was da so funkelt und glitzert. TV-Foto: Christian Altmayer

Foto: (e_eifel )

Bitburg. Agnes Peters zieht den Bademantel zu. Sie schaut an sich herab, streicht mit ihren Händen über den weißen Stoff. "Wie sehe ich aus?", fragt sie. "Der Mantel steht Ihnen ausgezeichnet", sagt die Frau hinter der Theke. Peters dreht sich um die eigene Achse. Dann nickt sie: "Ich nehm' ihn!" Für fünf Euro, da könne man schließlich nicht meckern, findet sie. Die Bitburgerin zieht den Frotteemantel aus und legt ihn auf den Stapel zu den anderen Sachen, die sie heute ergattert hat: Handtücher, Pullover, Schmuck.
Immer dann wenn wieder Fundsachen verkauft werden, stattet sie dem Bitburger Rathaus einen Besuch ab. "Sie ist quasi eine Stammkundint", sagt die Frau hinter der Theke, die übrigens Renate Herne heißt und beim Einwohnermeldeamt arbeitet. Sie organisiert zusammen mit ein paar Kolleginnen den Verkauf der Sachen. Der Rhythmus: Zweimal jährlich.Genau für sechs Monate ist das Fundbüro nämlich verpflichtet mit den abgegebenen Sachen auf die Eigentümer zu warten. Wenn die in dieser Zeit nicht auftauchen, werden die Dinge verkauft. Der Erlös fließt in den Haushalt der Stadt.
Und was gibt es dort so zu kaufen, im großen Sitzungssaal? Stapelweise liegen Pullover, Hosen, Hemden auf den Bänken, aber auch jede Menge Badeartikel, die im Cascade gefunden wurden: Schwimmnudeln, -hosen, -brillen, -flügel.
Eine Frau wühlt in einem Stapel Handtücher. Zwei Plastiktüten wird sie später damit füllen und mit nach Hause nehmen. "Die gehen immer besonders gut weg", sagt Herne. Was dagegen häufig liegenbleibt: "Badelatschen." Doch manchmal finden sich eben doch Käufer dafür. Gleich sieben Paar hat sich eine junge Frau geschnappt - in den verschiedensten Größen und Farben: von den schlichten, blauen Männerlatschen bis zu den pinken Kinder-Flip-Flops mit Mini-Maus-Muster.
Schachern wie auf dem Basar


Ein Mann rollt ein Fahrrad zur Theke. "Wieviel?", fragt er. "Mindestens 25 Euro", sagt Herne, "Das Rad ist tip-top. Da muss man nur die Reifen wieder aufpumpen." Der Mann schüttelt den Kopf: "10 Euro!", sagt er. "Auf keinen Fall. Für 25 ist das schon fast geschenkt." Mit gesenktem Kopf schiebt der Mann das Rad wieder an seinen Platz. Es wird heute nicht verkauft werden - so wie eine Menge der Gegenstände, die hier ausliegen. Was dann mit ihnen geschieht? Sie werden an Hilfseinrichtungen für Flüchtlinge gespendet. Eine Ehrenamtliche, die ihren Namen nicht in der Zeitung lesen will, packt Fundsachen in blaue Säcke - vor allem Badehosen werden offenbar gebraucht, im Bitburger Jugendhotel. Die sind für die Umas, sagt sie, die unbegleiteten, minderjährigen Asylsuchenden. "Die wollen ja auch mal schwimmen gehen." Was die jungen Flüchtlinge nicht gebrauchen können, geht an andere Hilfsprojekte - zum Beispiel an das des ehemaligen Richters Hennes. Weggeschmissen wird nichts.
Darüber ist auch Agnes Peters froh. "Da ist ja nichts dran, an den Sachen", sagt sie. Auch nicht an ihrer Armbanduhr. Vor einem halben Jahr hat sie sie hier erstanden und sie läuft noch tadellos. Und wenn die Zeiger doch mal stehenbleiben? Dann kauft sie die nächste auch wieder hier - so mache sie es schon seit Jahren.
"Bis zum nächsten Mal", ruft Herne ihr hinterher, als sie aus der Tür schlendert, nicht ohne noch einen Blick auf den Modeschmuck zu werfen - die Feder-Kettchen, die Creolen, die Ringe. "Bis zum nächsten Mal, sagt sie, winkt und schließt die Tür. cha

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