AUS DEM ARCHIV Stadt Bitburg verbietet Alkohol auf dem ZOB und im Waisenhauspark Schnaps und Bier? Nicht mehr hier!

Bitburg · Seit Mittwoch ist Alkohol auf dem Bitburger Busbahnhof und im Waisenhauspark verboten. Die Polizei befürwortet die Verordnung der Stadt. Jugendliche, die sich dort treffen, fühlen sich allerdings kriminalisiert.

 Das letzte Bier: Seit Mittwoch kann es teuer werden, auf dem ZOB Alkohol zu trinken.

Das letzte Bier: Seit Mittwoch kann es teuer werden, auf dem ZOB Alkohol zu trinken.

Foto: TV/Nathalie Hartl

Eine Polizeisirene schrillt über den Zentralen Omnibusbahnhof (ZOB) in Bitburg. „Die holen mich ab“, ruft ein junges Mädchen ihren Freunden zu und lacht. Ein Scherz. Diesmal rauscht die Streife am Bushäuschen vorbei. Doch genauso gut könnte die junge Frau den Spruch ernst gemeint haben. Denn beinahe täglich rollen Polizeiwagen vorbei. Und nicht selten kontrollieren die Beamten die Jugendlichen, die sich hier treffen.

Gründe dafür gibt es laut Dienststellenleiter Christian Hamm genügend. Immer wieder komme es auf dem ZOB zu Prügeleien. Passanten würden angepöbelt, Flaschen durch die Gegend geworfen, Busse und Haltestellen beschädigt und jede Menge Müll hinterlassen. Verantwortlich dafür sei meist „ein bestimmtes Klientel betrunkener Jugendlicher“.

Das Problem ist seit Langem bekannt (der TV berichtete mehrfach). Verbessert hat sich die Situation aber kaum. Das bestätigen Jugendliche, mit denen unser Reporter auf dem ZOB spricht. So erzählt ein 20-Jähriger etwa, dass vor Kurzem in einen Bus eingebrochen wurde. Ein jüngerer Freund von ihm ergänzt: „Schlägereien sieht man hier jeden Tag.“

Seit Jahren fordern Gesetzeshüter und SPD-Politiker daher ein Alkoholverbot auf Bitburgs öffentlichen Plätzen. Diesem Wunsch ist die Stadt nach einem langen Diskussionsprozess nun nachgekommen. Am Mittwoch ist eine formelle Allgemeinverfügung in Kraft getreten, die es verbietet, tagsüber auf dem ZOB und im Waisenhauspark Alkohol zu trinken. Zwischen 7 und 19 Uhr sind demnach Bier, Schnaps und Wein dort tabu.

Die Verfügung gilt vorerst bis zum 30. November. Denn das Problem besteht laut Rathaussprecher Werner Krämer nur in der Sommerzeit, da im Herbst und Winter weniger los sei. Glasflaschen dürfen, wegen Verletzungsgefahr, allerdings das ganze Jahr über nicht mehr in den Park und auf den ZOB mitgebracht werden. Wer sich widersetzt, muss mit einem Platzverweis und einem Bußgeld von mindestens 50 Euro rechnen.

Das sagen die Behörden: Dienststellenleiter Christian Hamm begrüßt die neue Anordnung: „Die Verfügung gibt uns eine bessere Handhabe für Kontrollen.“ Die Trinker könne man durch verstärkte Präsenz am Busbahnhof verdrängen. Und somit auch Alkohol und Drogen von den Schulkindern fernhalten, die auf die Busse warten. Eine Beeinträchtigung für die Einwohner der Stadt sieht er ferner nicht: „Der normale Bitburger setzt sich ja nicht mittags mit dem Sixpack an den ZOB.“

Für die Klientel, die sich derzeit dort trifft, müsse die Stadt aber Alternativangebote schaffen: „Ein bloßes Verbot treibt die Jugendlichen nicht vom Alkohol weg.“ Hamm stellt sich daher vor, dass die Gemeinde den Jungs und Mädchen zusammen mit Streetworkern, dem Haus der Jugend einen neuen Treffpunkt schafft. „Ideal wäre ein Ort, an dem sie selbst Verantwortung übernehmen können, aufeinander achten“, sagt Hamm.

Bei der Stadt sieht man dafür aber offenbar keine Notwendigkeit. Auf TV-Anfrage heißt es von Pressesprecher Krämer: „Der beste Treffpunkt Bitburgs für junge Menschen dürfte das Haus der Jugend sein – oder das Schwimmbad, das Haus Beda mit seiner Bibliothek oder die vielen Sport- oder Kulturvereine.“

Das sagen die Bürger: Das sieht mancher junge Bitburger anders. Am Dienstagnachmittag ist am ZOB einiges los. In kleinen Grüppchen sitzen auf den Bänken Jugendliche zusammen.

Musik wummert aus einem tragbaren Lautsprecher. Über den Bass ist nicht zu verstehen, was die zwei jungen Männer sich zubrüllen, bevor der eine von der Bank aufsteht und auf den anderen zugeht. Sie schubsen sich eine Weile gegenseitig. Nach einigen Augenblicken aber beginnen sie zu lachen. Alles nur Spaß. Heute.

„Wenn es wirklich Stress gibt, prügeln sich die Leute lieber im Entenpark“, sagt einer der beiden. Schlägereien und Randale, sagt er, beobachte man auf dem Busbahnhof nur selten: „Das gab’s früher öfter. Aber die Leute sind weggezogen.“

„Ab und an geht mal ne Flasche zu Bruch“, sagt sein Kumpel, der 18-jährige Steven Schmatz: „Das wird dann aber alles wieder aufgekehrt.“ Das wirkliche Problem auf dem ZOB seien nämlich nicht die Jugendlichen, sondern die Polizei. Ständig würden er und seine Freunde kontrolliert und dabei von den Beamten „frech und von oben herab behandelt“. „Die sagen mir dann, dass aus mir sowieso nichts wird“, sagt Schmatz.

Der 18-Jährige befürchtet jetzt, dass der Ärger mit den Gesetzeshütern sich durch das Alkoholverbot verschärfen wird. Den Nutzen der Verordnung sieht er überdies nicht: „Es gibt viele Spots in Bitburg, die sich zum genießen von Alkohol eignen. Dann geht man eben woandershin.“

Doch es gibt auch Jugendliche auf dem ZOB, die das anders sehen. Etwas abseits von Schmatz’ Gruppe steht der 17-jährige Trevor. Der Speicherer sagt: „Ich finde die Älteren, die hier trinken, umverschämt. Die haben doch eine Vorbildfunktion für die Schulkinder.“ Im Gegensatz zu Schmatz habe er bereits mehrere Schlägereien und Anpöbelungen auf dem Parkplatz beobachtet.

Ähnliches erzählt Emanuela Dilara. Die 35-Jährige sagt, hin- und wieder trinke sie ihr Bier auf dem Busbahnhof: „Aber für die Jüngeren, die das Zeug nicht vertragen und dann randalieren, sollte der Alkohol verboten sein.“

Die transsexuelle Frau sei auch selbst schon von den Jugendlichen bereits beleidigt worden. Körperlich angegriffen habe man sie zwar bislang nicht. Dafür hätten Unbekannte aber anderweitig ihre Aggressionen ausgelassen: etwa an den Scheiben der Haltestellen und der Telefonzelle neben dem Bushäuschen. Statt eines Hörers ragt dort nur ein Kabel aus dem Gerät. Hinzukomme, sagt sie, dass die Jugendlichen offenbar „keine Mülleimer kennen“.

Dass nun ein generelles Alkoholverbot ausgesprochen wird, findet sie trotzdem schade. Denn das kriminalisiere die vielen Menschen, die hier nur gemütlich einen trinken wollen, ohne zu randalieren.

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