Schönheit zum Greifen nah

Irrel · Peter Wagner ist ein Mann mit vielen Interessen, vielen Begabungen und vielen Talenten. Bekannt ist der 84-Jährige aus Irrel vor allem als Heimatforscher und als der große Orchideen-Kenner der Südeifel. In seinem unlängst erschienenen Buch präsentiert er die Prachtexemplare der Natur in plastischer 3D-Fotografie.

 So funktioniert's: Für dreidimensionale Nahaufnahmen von Pflanzen, wie hier vom Rittersporn, macht Peter Wagner zwei fast identische Aufnahmen; der Aufnahmewinkel verschiebt sich dabei nur um zwei bis drei Zentimeter. Beim gleichzeitigen Betrachten setzt das menschliche Gehirn daraus später ein einziges, räumliches Bild zusammen. TV-Foto: Wilma Werle

So funktioniert's: Für dreidimensionale Nahaufnahmen von Pflanzen, wie hier vom Rittersporn, macht Peter Wagner zwei fast identische Aufnahmen; der Aufnahmewinkel verschiebt sich dabei nur um zwei bis drei Zentimeter. Beim gleichzeitigen Betrachten setzt das menschliche Gehirn daraus später ein einziges, räumliches Bild zusammen. TV-Foto: Wilma Werle

Foto: (e_bit )

Irrel. Auf dem Wohnzimmertisch von Peter Wagner liegt ein seltsames Gerät. Am einen Ende des Holzgestelles befindet sich ein Durchguck mit zwei Prismengläsern, vorgelagert ist im rechten Winkel eine Holzleiste mit zwei Klammern. Ganz im Entfernten erinnert es an eine kleine Armbrust. In Wirklichkeit aber ist es ein über hundert Jahre alter, sogenannter Stereobetrachter, an den zwei fast identische Bilder geklemmt werden, die das Gehirn beim Betrachten zu einem einzigen Bild zusammenfügt. Der Effekt: Das Bild erscheint räumlich; der Betrachter meint, mitten in der Szenerie zu stehen.
Anfang des vorigen Jahrhunderts, zu einer Zeit, als das Fernsehen für Jedermann noch in weiter Ferne lag und die Welt jenseits des eigenen Horizonts die große Fremde war, bot diese Form von Heimkino den Menschen die Möglichkeit, auf Doppelbildern aus aller Herren Länder die Welt zu entdecken. Später wurden die Modelle weiterentwickelt; das Grundprinzip ist gleich geblieben. Heute kennt man die Guckis als Spielzeug für Kinder oder als pfiffiges Produkt der Souvenirindustrie.
"Mein Onkel war Schulbruder in Neuguinea und hat von dort viele Fotos mitgebracht", erinnert sich Wagner. "Er hat in mir das Interesse für die Fotografie geweckt." Vieles hat er von ihm gelernt und einige Kameras später auch geerbt. Noch heute benutzt er für seine Stereoskopie-Aufnahmen gerne eine rund 60 Jahre alte Belplasca-Kamera mit zwei im Augenabstand seitlich nebeneinander liegenden Objektiven.
Vom menschlichen Auge


"Räumlich sehen kann man ja nur mit zwei Augen. Dasselbe macht die Kamera nach", weiß Wagner, bedauert aber zugleich, dass Makroaufnahmen mit einem Abstand von weniger als einem Meter mit dieser Kamera nicht funktionieren. Für plastische Nahaufnahmen seiner geliebten Orchideen steigt er dann auf die etwas modernere Technik um. Die Betonung liegt auf: etwas moderner. Denn selbst die neusten Erfindungen der digitalen Kamerawelt können keine 3D-Aufnahmen machen. So wählt Wagner also einen herkömmlichen, analogen Fotoapparat und legt einen Dia-Film ein. Damit macht er dann zwei fast identische Fotos, die später im Doppel-Gucki zu einem einzigen, räumlichen Bild verschmelzen.
"Dafür benutze ich ein Stativ mit einem Querbalken, um die Kamera darauf etwa zwei bis drei Zentimeter verschieben zu können. Manchmal habe ich auch eine Wasserwaage dabei. Das muss exakt sein."
In Tübingen lässt er seine Aufnahmen entwickeln. "Es gibt dafür spezielle Dia-Rahmen, in denen das Bild mit Hilfe eines kleinen Rädchens nochmals justiert wird. Ich muss nur darauf achten, dass ich nicht rechts und links verwechsele. Dann setzt das Gehirn die beiden fast gleichen Bilder wieder zu einem zusammen."
Heraus kommen beeindruckende Aufnahmen der Eifelheimat: Man glaubt, am Ufer der Irreler Wasserfälle zu stehen und das Wasser rauschen zu hören. Die Dinos in der Teufelsschlucht wirken greifbar nah.
Die Lieblingsmotive von Peter Wagner aber sind die Orchideen. Die Schönheit und die filigranen Strukturen von 20 verschiedenen Arten sind in seinem neusten Buch zu entdecken: "Orchideen im Naturpark Südeifel in 3D". Die Bilderpaare können mit Hilfe eines ausklappbaren und mit zwei Prismen ausgestatteten Buchdeckels dreidimensional betrachtet werden. Dazu gibt es ausführliche Beschreibungen.
Das Buch, herausgegeben vom Naturpark Südeifel, ist zum Preis von 12,95 Euro erhältlich in den Touristinformationen in Irrel und Bollendorf sowie im Naturparkzentrum Teufelsschlucht.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort