Aus dem Archiv (November 2019) Schreibtisch in Prüm findet möglicherweise Nachahmer in Ostbelgien

Prüm · Die Kultur-Ministerin der deutschsprachigen Gemeinschaft Belgiens hat das Modellprojekt in der Abteistadt besichtigt. Auch für Ostbelgien könnte sie sich ein ähnliches Angebot vorstellen.

 Die Kulturministerin der deutschsprachigen Gmeinschaft Belgiens, Isabelle Weykmans (zweite von links), hat sich das Modellprojekt „Schreibtisch in Prüm“ angesehen. Mit dabei waren der Kreisbeigeordnete Rudi Rinnen, Rudolf Müller, Verbandsbürgermeister Aloysius Söhngen und Projektleiterin Annika Saß (von links).

Die Kulturministerin der deutschsprachigen Gmeinschaft Belgiens, Isabelle Weykmans (zweite von links), hat sich das Modellprojekt „Schreibtisch in Prüm“ angesehen. Mit dabei waren der Kreisbeigeordnete Rudi Rinnen, Rudolf Müller, Verbandsbürgermeister Aloysius Söhngen und Projektleiterin Annika Saß (von links).

Foto: TV/Stefanie Glandien

Heinz Bonefas ist eigentlich schon im Ruhestand. Doch so gar nicht arbeiten war anscheinend nichts für ihn, denn heute betreibt er einen Weinversand und außerdem organisiert er noch Taxifahrten. „Zu Hause war zu wenig Platz. Den brauchte der Student“, sagt er und bezog vor zwei Jahren einen „coworking space“ in Prüm – besser bekannt unter dem Namen: „Schreibtisch in Prüm“.

Dieses Modellprojekt der Entwicklungsagentur Rheinland-Pfalz (der TV berichtete mehrfach) wurde zusammen mit der Verbandsgemeinde (VG) Prüm und dem Eifelkreis Bitburg-Prüm vor zwei Jahren in den Räumen des ehemaligen Landratsamts eingerichtet.

 Nach etwas zögerlichem Beginn hat sich das Angebot mittlerweile etabliert und ist über die Grenzen hinaus auf Interesse gestoßen. So auch bei Isabelle Weykmans, Ministerin für Kultur und Sport, Beschäftigung und Medien der deutschsprachigen Gemeinschaft Belgiens, die sich vor Ort ein Bild gemacht hat.

In Prüm gibt es insgesamt vier Büros mit jeweils zwei Schreibtischen, einen Besprechungsraum und eine Teeküche. Jeden Arbeitsplatz kann man zeitlich begrenzt oder dauerhaft anmieten.

„Für viele ist das Homeoffice nicht immer eine gute Lösung, sei es, weil die Kinder einem nicht die nötige Ruhe lassen oder aufgrund mangelnder digitaler Versorgung“, sagt Aloysius Söhngen, Bürgermeister der VG Prüm. Außerdem wünschten sich viele auch die räumliche Trennung von Arbeitsplatz und Zuhause.

Neben Schreibtisch, Stuhl und Lampe gibt es an jedem Platz WLAN/LAN und einen Drucker. Man braucht also nur noch sein Laptop einzustöpseln und kann loslegen. Die Arbeitsplätze können montags bis freitags von 7 bis 21 Uhr genutzt werden. Täglich ist ein Ansprechpartner vor Ort.

In Prüm ist das Rudolf Müller, der nach dem Rechten guckt. Zweimal die Woche werden die Büros von einer Reinigungsfirma geputzt. 100 Euro monatlich kostet es derzeit, einen Schreibtisch fünf Tage die Woche zu nutzen. Für einen Tag pro Woche zahlt man 50 Euro.

Schlechte Internetverbindungen, viele Pendler, dörfliche Strukturen – Ostbelgien hat mit den gleichen Problemen zu kämpfen, wie die Eifel. Auch dort gebe es in den Dörfern Gemeindehäuser oder andere Gebäude, die nur am Wochenende oder gar nicht mehr genutzt werden, sagt Isabelle Weykmans. Es sei denkbar, dort so ein Angebot einzurichten.

Auch Rheinland-Pfalz will das Prümer Modell auf andere Gemeinden übertragen. „Die Erkenntnisse aus Prüm werden für das erweiterte Projekt „Dorf-Büros“ genutzt“, sagt Projektleiterin Annika Saß. Ziel der Dorf-Büros ist, Pendelstrecken zu reduzieren, damit auch den CO2-Ausstoß zu verringern. Die Menschen könnten dort arbeiten, wo sie wohnen, Leerstände würden sinnvoll genutzt.

Noch bis 2023 unterstützt Rheinland-Pfalz Kommunen bei der Einrichtung und dem Betrieb solcher Dorf-Büros. Wer ein solches Angebot einrichten möchte, muss einen Konzeptentwurf bei der Entwicklungsagentur Rheinland-Pfalz einreichen. Für die Einrichtung gibt es einen Zuschuss bis zu 25 000 Euro und dazu noch jeweils bis zu 25 000 Euro für die ersten drei Betriebsjahre.

In Prüm nutzen in der Regel zwischen sechs und acht Menschen mehrere Monate lang einen Schreibtisch oder mieten den Besprechungsraum. Das Projekt läuft voraussichtlich bis Juli 2022. „Wir sind froh, dass die Räume sinnvoll genutzt werden. Man muss auch Geduld haben und einen längeren Zeitraum lang testen, wie so etwas angenommen wird“, sagt Kreisbeigeordneter Rudolf Rinnen. Auch für Existenzgründer und Kleinstunternehmer sei es interessant, sich einzumieten, da man eine feste Büroadresse angeben könne.

„Ich sehe auch bei uns Bedarf an solchen Büros, ebenso an Versammlungsräumen, in denen man seine Geschäftskunden empfangen kann“, sagte die Ministerin. „Auch wir haben Interesse daran, dass die Leute bei uns bleiben, um zu arbeiten.“

 Im ehemaligen Landratsamt ist das Modellprojekt „Schreibtisch in Prüm“ untergebracht.

Im ehemaligen Landratsamt ist das Modellprojekt „Schreibtisch in Prüm“ untergebracht.

Foto: TV/Stefanie Glandien

In Wasserbilligerbrück (VG Trier-Land) wird am 5. Dezember das erste Dorf-Büro eröffnet. Auch 2020 soll es wieder einen Wettbewerb für weitere Dorf-Büros geben. Verbandsgemeinden, verbandsfreie Gemeinden und Ortsgemeinden können sich bewerben. Informationen über die Bewerbungsrunde findet man im Internet unter www.dorfbueros-rlp.de

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