Schritte in ungeklärtes Neuland

Weil der Anschluss an das Kanalsystem der VG-Werke Neuerburg für die kleine Gemeinde Niehl mit sehr hohen Kosten verbunden wäre, will der Ort die Schmutzwasserentsorgung in Zukunft selbst regeln und gründet deshalb als erstes Dorf in ganz Rheinland-Pfalz eine eigene Abwasser-Genossenschaft.

Niehl. (uhe) 170 000 Euro sind viel Geld. Vor allem für einen kleinen Ort wie Niehl, der gerade mal 75 Einwohner zählt. 170 000 Euro wäre die Höhe des Anteils, den die Menschen in dieser Gemeinde zahlen müssten, um an das zentrale Abwassernetz der Verbandsgemeinde Neuerburg angeschlossen zu werden. "Das wären für jeden Haushalt je nach Zahl und Größe der Grundstücke zwischen 4000 und 20 000 Euro", sagt Günter Nosbüsch, stellvertretender Bürgermeister des Dorfs. Denn das Problem sei, dass nicht nur die bebauten, sondern auch die vergleichsweise vielen ungenutzten Grundstücke für die Berechnung der Anliegerbeiträge mit heran gezogen würden.Das muss auch anders gehen, haben sich Menschen in Niehl überlegt und einen Weg eingeschlagen, der nach Aussage Nosbüschs bisher in Rheinland-Pfalz einmalig ist: die Gründung einer eigenen Abwasser-Genossenschaft. "Wir betreten damit absolutes Neuland", sagt der Niehler Helmut Schomer, der wie Nosbüsch jedoch davon überzeugt ist, dass diese Variante für die Gemeinde weitaus günstiger wird. So soll zukünftig die Reinigung des Abwassers über fünf eigene, unterschiedlich große (oder vielmehr kleine) Kläranlagen geregelt werden.Bewirtschaftet werden diese von der dafür gegründeten Abwasser-Genossenschaft, an der wiederum alle Haushalte im Ort beteiligt sind. "Ohne die Zustimmung des gesamten Dorfes wäre es gar nicht möglich gewesen", erklärt Nosbüsch. Schließlich müsse die Versorgung sämtlicher Haushalte und die Finanzierung des Vorhabens über die Mitglieder gewährleistet sein. Und auch seitens der Verbandsgemeinde, die das Vorhaben zunächst eher zurückhaltend verfolgt habe, gebe es keine Einwände.Wie viel der Bau der kleinen Kläranlagen die Niehler letztendlich kosten wird, könne derzeit noch nicht gesagt werden, erklären Nosbüsch und Schomer. Doch da die Konstruktionen relativ einfach seien und die Genossenschaftler das Errichten der Anlagen weitestgehend selbst übernehmen wollen, lasse sich hier einiges an Geld einsparen. Und das nicht nur beim Bau, sondern auch bei der anschließenden Bewirtschaftung.Denn statt der bisherigen Abwassergebühr kämen dann nur noch die Kosten für die Klärschlammentsorgung und die jährliche Prüfung der Anlagen auf die Bürger zu, erklärt Schommer, der mit jährlichen Einsparungen von bis zu 70 Prozent rechnet.Was er und Nosbüsch allerdings bedauern, ist der Umstand, dass der möglicherweise zukunftsweisende Modell-Charakter des Projekts bisher noch nicht gewürdigt wurde. Zumindest nicht dort, wo Fördergelder verteilt werden. Dafür aber in anderen Orten des Eifelkreises. Es gebe bereits einige Gemeinden, sagt Nosbüsch, "die interessiert beobachten, was wir hier so machen."

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