Schuldunfähig: Hausbesetzer wieder frei

KYLLBURG/BITBURG. (iz) Aufgrund einer ihm bescheinigten Schuldunfähigkeit ist der Hausbesetzer von Kyllburg in der Gerichtsverhandlung in Bitburg wieder auf freiem Fuß gesetzt worden. Offenbar leidet der Mann unter Verfolgungswahn.

Vor dem Amtsgericht Bitburg musste sich ein 19-jähriger Asylbewerber verantworten, der im Sommer Kyllburg in Atem gehalten hatte. Spezialkräfte der Polizei stürmten eine Kyllburger Wohnung, in der sich der Angeklagte verbarrikadiert hatte (der TV berichtete). Der Mann sollte im Sommer von der Polizei in ein anderes Haus einquartiert werden. Denn dort, wo er mit weiteren Ausländern iranischer Herkunft zusammenlebte, hatte es immer wieder Streit und Drohungen gegeben. Der zuständige Bezirksbeamte hatte vorsorglich eine weitere Polizeistreife angefordert. Der Asylbewerber leistete Widerstand und es kam zu einem Handgemenge. Wie sich nun vor Gericht herausstellte, fürchtete der Mann um seine "Männlichkeit". Nachdem sich der Asylbegehrende mit einem großen Brotmesser bewaffnet hatte, setzten die Polizisten Pfefferspray ein. Einer der Beamten wurde dabei an den Augen verletzt und musste ins Krankenhaus. "Der Täter zeigte allerdings keinerlei Reaktionen auf das Spray", sagten die Beamten vor Gericht aus. Der Festnahme entzog sich der Ausländer durch einen gewagten Sprung aus dem Küchenfenster im Obergeschoss. Über ein Vordach flüchtete er in die Stadt. Auf der Flucht traf er mit Thea Thömmes (82) zusammen, die sich verwundert über das Urteil zeigt. "Ich war gerade nach draußen gegangen, um die Blumen zu gießen", erzählt die alte Dame nach all der Aufregung. "Der Kerl kam auf mich zu und hat mich mit erhobenem Messer bedroht." Sie stürzte zu Boden und verletzte sich an Arm, Knie und Rücken. Der Täter nutzte die offen stehende Haustür, um in die Wohnung der Kyllburgerin zu gelangen. Die Eingangstür schloss er hinter sich ab. Spezialkräfte der Polizei hatten schließlich das Haus gestürmt und den Mann festgenommen. Angeblich fühlt er sich von einem Medizinmann seines Stammes verfolgt, "der ihn seiner Männlichkeit berauben soll. Daher hatte er auch so heftig bei dem Auftreten der Polizeibeamten reagiert. Auch hier fürchtete er um seine Genitalien", erläuterte Amtsgerichtsdirektor Werner von Schichau nach dem Prozess. "Der Täter leidet unter Verfolgungswahn, er hat ein Trauma", berichtet Werner von Schichau, "das psychiatrische Gutachten schließt eine Schuldunfähigkeit aufgrund krankhafter seelischer Störung nicht aus. Somit handelte er nicht schuldhaft. Andere Ansatzpunkte, zum Beispiel für eine Unterbringung, waren für das Gericht nicht gegeben." Der Westafrikaner wurde aus der Haft entlassen und auf freien Fuß gesetzt. "Hoffentlich kommt er nun nicht wieder nach Kyllburg", sagte Thea Thömmes.

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