Schwarz-weiß und in Farbe: Bitburg im Jahr 2025 - TV-Redakteure zeichnen zwei grundverschiedene Zukunftsszenarien

Bitburg · Der TV wagt ein Experiment: Wir entwerfen zwei extreme Szenarien. Zwischen düsterem Stillstand und heller Dynamik ist Raum zum Nachdenken.

 Blick auf Bitburg: Wird die Stadt im Jahr 2025 grau und verwahrlost oder bunt und lebendig sein? Wo müssen heute die Weichen gestellt werden, damit es morgen läuft? TV-Montage: Birgit Keiser/Foto: Portagflug

Blick auf Bitburg: Wird die Stadt im Jahr 2025 grau und verwahrlost oder bunt und lebendig sein? Wo müssen heute die Weichen gestellt werden, damit es morgen läuft? TV-Montage: Birgit Keiser/Foto: Portagflug

Foto: Portaflug, Föhren/Grafik: Birgit Keiser

Lars Ross: Wenn man nur auf eine Zahl schaut, dann ist Bitburg erfolgreich: Die Zahl der Einwohner liegt Anfang 2025 bei knapp 16.000. Damit ist die Stadt in den zehn Jahren zuvor um 3000 Menschen um fast 20 Prozent gewachsen. Das ist aber nahezu das Einzige, was man bei der Entwicklung der vergangenen Jahre positiv vermerken kann, und als Leistung kann sich die Stadt das nicht auf ihr Konto buchen.

Denn es ist kein Verdienst von Verwaltung oder Politik, dass in einer alternden Gesellschaft ältere Menschen vom Dorf in die Stadt ziehen (und zwar in jede), weil es dort Ärzte, Supermärkte und das eine oder andere Café gibt. Zudem hat verstärkte Migration, die mit der Flüchtlingswelle 2015 begann, zu diesem Wachstum beigetragen. Von gelungener Integration und einem politisch moderierten Prozess zu sprechen, wäre allerdings weit gefehlt. Denn nicht etwa die gut gebildeten und vom Arbeitsmarkt lange Zeit gesuchten Zuwanderer haben sich in Bitburg angesiedelt, sondern all jene, die vor allem billigen Wohnraum brauchten.

Und den gibt es seit 2020 reichlich. Denn der Stadt ist es nicht gelungen, ein professionelles Konzept für eine Landesgartenschau zu erstellen. Die Folge der Entscheidung, aus Kosten Gründen auf professionelle Planer zu verzichten und das Konzept in der Verwaltung mit Bordmitteln zu erarbeiten, war, dass die Bewerbung scheiterte. Eine hochwertige Konversion der Gebäude der ehemaligen US-Housing blieb aus, so dass die Blocks am Ende billig verscherbelt und von den neuen Besitzern ebenso billig vermietet wurden. Das Wachstum hat der Stadt daher vor allem einen neuen sozialen Brennpunkt gebracht.

Zugleich ist die 2016 begonnene Sanierung der Fußgängerzone auch nach fast zehn Jahren noch nicht abgeschlossen. Der Grund: Vor Beginn jedes neuen Bauabschnitts haben Anwohner alle juristischen Hebel in Bewegung gesetzt, um den Ausbau zu verhindern. Sie wollen zwar auch eine schönere Innenstadt und damit eine Aufwertung ihrer Immobilien, aber keine Anliegerbeiträge bezahlen.

Mehr Leerstände

Die Zahl der Leerstände in der Fußgängerzone ist deutlich gewachsen. Einer der Gründe dafür ist, dass das Bitburger Krankenhaus inzwischen nicht mehr in der Innenstadt, sondern als Neubau auf Merlick steht. Hintergrund für den Umzug war, dass eine Erweiterung im Stadtkern nicht mehr möglich war, nachdem der Stadtrat auf Druck einer Bürgerbewegung beschlossen hatte, die Grundschule Süd langfristig am alten Standort zu bewahren. Die täglich mehr als 1000 Besucher der Klinik fehlen seit dem Neubau, der anfangs als großer Erfolg gefeiert wurde, in der Innenstadt als Kunden.

Ebenfalls einer Bürgerbewegung, die stark von Innenstadtbewohnern und Einzelhändlern getragen wurde, ist es zu verdanken, dass eine neu geplante Einkaufspassage zwischen Fußgängerzone und Bedaplatz auch im zweiten Anlauf nicht zustande kam. Eine Reihe der dort als Mieter vorgesehenen Handelsunternehmen haben sich stattdessen entlang der Saarstraße angesiedelt, was zusätzlich zum Ausbluten des Stadtkerns beigetragen hat. Eine neue Bürgerinitiative, die weitgehend von den gleichen Menschen getragen wird, fordert inzwischen die Öffnung der Hauptstraße für den Autoverkehr, um die Stadt zu beleben. Zugleich hat sich seit zehn Jahren am Bedaplatz nichts verändert, außer dass die Gebäude, die die Stadt einst an der Ecke Trierer Straße/Gartenstraße für eine neue Verkehrsführung kaufte, inzwischen von Zäunen umgeben sind, weil der Einsturz droht. Ansonsten gibt es viele Parkplätze auf und rund um den Platz, und im Rathaus denkt man - mangels Alternativen - darüber nach, zumindest das Pflaster auf dem Platz zu erneuern.

An der Verkehrsführung in der Stadt hat sich, trotz der mit den Einwohnern wachsenden Zahl von Autos, auch sonst nichts verändert. Denn das Baurecht für die Nordost-Tangente verfiel 2017, weil Stadt und Land nicht in der Lage waren, die Voraussetzungen für einen Baubeginn zu schaffen. Mutige Kommunalpolitiker haben vor Kurzem immerhin den Vorschlag gemacht, es nochmals mit einem Einbahnstraßenring in der Innenstadt zu versuchen.

Dagmar Schommer: Das kann sich sehen lassen. Bitburg, 2025, ist nicht nur eine liebenswerte, sondern auch eine schöne Stadt, die richtig was zu bieten hat. Wo soll man anfangen? Klar, mittendrin, in der Innenstadt. Karen- und Borenweg wie auch Trierer und Kölner Straße, einst schlichte Durchfahrtsstraßen, sind mit Bäumen gesäumt. Etliche schmucke Neubauten samt neuer Geschäftsläden in den Erdgeschossen stehen dort: eine Sushi-Bar, ein Lebensmittelladen, der von Honig bis Schinken Eifel-"e"-Produkte vermarktet, kleine Cafés, Designermode, Golf-Shops, Hüte, Hemden, Hosen und alles Mögliche für Radfahrer und Wanderer.

Höhenangst überwunden

Bitburg ist gewachsen, über sich selbst hinaus gewachsen. Die Stadt, die nicht mit historischer Bausubstanz glänzen kann, besinnt sich auf ihre Stärken: Dynamik, Tatenkraft und Mut.
Die Höhenangst, die jeden Neubau lange Jahre auf maximal zwei magere Obergeschosse begrenzt hat, ist überwunden. Seit im Karen- und Borenweg wie auch in Kölner und Trierer Straße Häuser mit vier, fünf Geschossen gebaut werden dürfen, stehen die Investoren Schlange. Sogar das erste sechsstöckige Stadthaus steht: am Bedaplatz. Dort ist auch das Bürgerbüro von Stadt, Bitburger Land und Kreis drin.

Mit der Höhe der Häuser ist auch das Innenstadtgefühl gewachsen: Statt wie einst die Hauptstraße einmal rauf und runter zu laufen, wird im gesamten, einladend sanierten Stadtkern flaniert. Die, die zum Einkaufen kommen - auch viele Luxemburger - bleiben gern. Restaurants, Gasthäuser, Musikkneipen: Bitburg ist Treffpunkt. Die Leute gehen aus.

Mit der Bit-Galerie im Süden, dem Anbau des Krankenhauses im Osten und dem neuen Bürohaus am Konrad im Westen hat es angefangen. Und auch im Norden gibt's Neues: das Wellness-Hotel samt Fitness-Studio und allem, was dazugehört, ist neben dem Eifelbräu eine der ersten Adressen für Sporturlauber, die zum Wandern, Radfahren, Reiten oder Golfen kommen. Eifel-Urlaub ist in. Entschleunigung und Ursprünglichkeit sind mehr als ein Trend. Die Lebenseinstellung vieler Menschen hat sich geändert. Ob von der Kölner Bucht oder aus dem Rhein-Main-Gebiet: In die Eifel reist man zum Golf- oder Wander-Wochenende. Das Sport- und Wellnessangebot wird natürlich auch von Einheimischen gern genutzt. Bitburg hat den Tourismus entdeckt.

Das Krankenhaus hat sich zu einem Gesundheitszentrum mit Reha-Klinik und Kur-Haus entwickelt. Ernährungsberatung, Akupunktur, Fastenkur oder Yoga: Bitburg ist Gesundheitsstadt.
Auf dem Housing-Gelände ist im Zuge der Landesgartenschau 2022 ein Schulzentrum für Krankenpfleger, Heilpraktiker, Psycho- und Physiotherapeuten, Fitness-Trainer und Gesundheitsmanager entstanden. Die Universität Trier will dort eine Zweigstelle für Medizintechnik und Medizininformatik gründen.

Dialekt ist zurück

Die vielen junge Leute bereichern und beleben die Stadt. Das gilt auch für die Flüchtlinge. Auf dem Flugplatz ist eine große Aufnahmeeinrichtung entstanden, wo die Menschen aus den Kriegs- und Krisenländern der Welt ein menschenwürdiges erstes Quartier finden. Viele, die bleiben dürfen, fühlen sich so wohl, dass sie in der Eifel ihre neue Heimat finden. Bitburg ist multikulturell.

Die Grenzlage wird als Chance gesehen. Es gibt eine renommierte Sprachenschule, in Kooperation mit der Stadt Luxemburg. Der Stadtrat berät, vom Kindergarten an, Französisch als zweite Sprache einzuführen. Dass die Bitburger mit Stolz Dialekt sprechen, versteht sich von selbst.

Das Housing-Gelände entwickelt sich gerade ähnlich modern wie einst der Trierer Petrisberg. Nebenan, in der alten Kaserne, steht das 2015 geplante Tagungshotel - und wir rege genutzt. Es gibt viele Fachtagungen im Medizin- und Gesundheitsbereich. Ringsum ist ein neues Stadtviertel mit historischem Charme entstanden, in dem sich Familien wie Singles und Senioren gleichermaßen wohlfühlen.

Aber noch mal zum Anfang. Die Begrünung der Innenstadt, die Alleen und Ruheoasen: Das ist 2020 entstanden, zusammen mit der Nord-Ost-Tangente. In der Innenstadt gibt es kaum noch Autoverkehr, dafür viele Fußgänger - und E-Bikes sind der Renner.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort