Schweine oder Neubauten

Matzen · Seit Jahrzehnten bemüht sich Matzen um ein Neubaugebiet. Bislang scheiterte das an den Gerüchen aus der Landwirtschaft. Inzwischen wurden die Richtlinien gelockert, so dass die Planung eines Wohngebiets möglich wäre. Die Frage ist allerdings nach wie vor, wie sich eine Wohnbebauung mit der Landwirtschaft verträgt.

Matzen. Dass die städtischen Gremien mehrheitlich die Auffassung vertreten, ein Neubaugebiet mit 40 Grundstücken wäre für Matzen viel zu groß, stört Hermann-Josef Fuchs nicht.
Denn diese Ansicht deckt sich mit seiner eigenen. "Was wir bräuchten, wären vier bis fünf sukzessiv verfügbare Baustellen", sagt der Ortsvorsteher in Matzen. Im Grunde also eine Erschließung nach Bedarf. Und dass es Bedarf gibt, steht für Fuchs außer Frage. Er habe ständig Anfragen nach Baugrundstücken von Familien aus Matzen, aber auch von außerhalb, sagt Fuchs, der 2009 das Amt des Ortsvorstehers und damit auch eine jahrzehntealte Baustelle übernommen hat: Denn dass in Matzen zuletzt ein Neubaugebiet erschlossen wurde, ist gut 40 Jahre her. Und der erste Versuch, daran etwas zu ändern, ist ähnlich lang.
Grund für die gehemmte Entwicklung Matzens ist die landwirtschaftlich geprägte Struktur des Bitburger Stadtteils. So hat die Zahl der Betriebe in den vergangenen Jahrzehnten zwar stark abgenommen. Und darüber hinaus liegen die wenigen Höfe, die noch übrig sind, weitgehend außerhalb der Ortslage. Trotzdem sorgen die überwiegend auf Schweinemast spezialisierten Betriebe für eine kernige Landluft - die auch lange Zeit ein Hindernis für die bauliche Entwicklung war. Denn um ein Neubaugebiet ausweisen zu können, müssen gesetzlich vorgeschriebene Geruchswerte eingehalten werden. Das aber hat sich inzwischen dahingehend geändert, dass die Grenzwerte der sogenannten Geruchsimmissions-Richtlinie vor einigen Jahren gelockert wurden.
15 Prozent Einwohnerverlust



Für den 420-Einwohner-Stadtteil Matzen, der seit 2004 rund 15 Prozent seiner Einwohner verloren hat, ergeben sich daraus neue Perspektiven, wie auch ein auf Grundlage der geänderten Grenzwerte erstelltes Gutachten bestätigt. Demnach hätte der Stadtteil nun grundsätzlich die Möglichkeit, ein Neubaugebiet zu erschließen.
In Betracht kommt dafür aus Sicht des Ortsbeirats nach wie vor das Gebiet südwestlich der Ortslage. Und zwar im Bereich des Neuen Messenwegs, der in der Verlängerung weiter bis zum Bitburger Stadtgebiet führt. "Die Tendenz von Matzen war schon immer in Richtung Bitburg", sagt der Ortsvorsteher und verweist auf entsprechende Beiratsbeschlüsse aus den 1970er Jahren.
Auch aus städtebaulicher Sicht wäre der von Matzen favorisierte Bereich durchaus geeignet, wie Claudia Struth vom Bitburger Stadtplanungsbüro Isu erklärt. Zum einen, weil dadurch ein Anschluss an ein bereits vorhandenes Baugebiet geschaffen werde, zum anderen weil die Lage aufgrund der "Topografie und Besonnung" ideal wäre. Allerdings äußert Struth auch Bedenken: "Man darf nicht nur auf die Betriebe schauen, so wie sie jetzt sind, sondern muss natürlich auch berücksichtigen, was dort geplant ist."
Landwirte eingebunden


Die Ingenieurin des Planungsbüros setzt deshalb genau wie Fuchs auf den vom Bauausschuss geforderten runden Tisch (siehe Extra). Bislang ist denjenigen, die daran Platz nehmen sollen, noch kein Termin bekannt. Doch sind einige Stühle für die Landwirte in Matzen reserviert. Dazu zählt auch einer, der namentlich nicht genannt werden möchte, nach eigenen Angaben in den vergangenen Jahren aber bereits einige Gutachten in Auftrag geben und bezahlen musste. Denn bevor ein Betrieb erweitert oder verändert werden kann, muss zunächst die Verträglichkeit mit der Wohnumgebung geprüft werden. Und eine Veränderung dieser Umgebung kann gravierende Einflüsse auf die weitere Entwicklung der landwirtschaftlichen Betriebe haben. "Wir sind ja nicht gegen ein Neubaugebiet", sagt der Landwirt. Nur sei es eben wichtig, dabei auch die Zukunft der ortsansässigen Betriebe zu berücksichtigen.Extra

Die Entwicklung der Bitburger Stadtteile: Während Stahl und Masholder aufgrund ihrer Neubaugebiete wachsen, gehört Matzen wie Erdorf zu den Stadtteilen, wo die Entwicklung aufgrund fehlenden Baulands eher rückläufig ist. Anders als in Matzen hat die Stagnation in Erdorf (560 Einwohner) allerdings nichts mit zu hohen Geruchsimmissionswerten zu tun, sondern damit, dass der Stadtteil über Jahrzehnte hinweg teilweise in einem Wasserschutzgebiet lag. Durch die Schließung des Erdorfer Trinkwasserbrunnens ist dieser Schutzstatus jedoch aufgehoben, weshalb die Stadt daran arbeitet, in dem Bereich "Auf der Acht" ein Neubaugebiet zu realisieren. Bis zu 32 Grundstücke sollen dort in zwei Bauabschnitten erschlossen werden. Derzeit laufen dazu die Verhandlungen mit den Grundstückeigentümern.Extra

Runder Tisch: Statt die vom Ortsbeirat Matzen geforderte Planung für neue Wohnbauflächen zu beginnen, hat der Bauausschuss im April einstimmig die Einführung eines Runden Tischs mt Ortsbeirat, Landwirten, Grundstückseigentümern sowie Fraktionsmitgliedern beschlossen. Ziel ist es, den Bedarf an Baugrundstücken zu ermitteln sowie Möglichkeiten einer Erschließung an anderer Stelle zu prüfen. Leerstehende Gebäude oder unbebaute Grundstücke in der Ortslage sollen bei der weiteren Planung berücksichtigt werden. Einen Termin für den Runden Tisch gibt es noch nicht. uhe

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