Schwiegeroma bestohlen: Bewährung

Wegen Diebstahls und räuberischen Diebstahls hat das Amtsgericht Bitburg am Mittwoch eine 27-Jährige zu einer Freiheitsstrafe von 15 Monaten auf Bewährung verurteilt. Das Urteil ist rechtskräftig.

Bitburg. Eine junge Frau - arbeitslos, ohne Wohnsitz - be-stiehlt die Großmutter ihres Lebensgefährten. Die ältere Dame hatte sie bei sich aufgenommen und sogar für sie gekocht. Als die alte Dame sie bei ihrem zweiten Diebeszug auf frischer Tat ertappt, schubst diese ihre 82-jährige Gastgeberin gegen eine Wand. Es sind unglaubliche Vorwürfe, für die sich eine 27-jährige Angeklagte am Mittwoch vor dem Amtsgericht Bitburg zu verantworten hat. Sie klingen nach einer dreisten, skrupellosen Person. Und sie passen nicht zu der zurückhaltenden, höflichen Frau, die am Mittwoch auf der Anklagebank Platz genommen hat und mit leiser Stimme die Fragen des Staatsanwalts Arnold Schomer und des Vorsitzenden Richters Udo May beantwortet. Dennoch lässt die Angeklagte gleich zu Beginn der Verhandlung über ihren Anwalt Martin Kretschmer erklären, dass sie die ihr vorgeworfenen Taten komplett einräumt. Insgesamt 1465 Euro stiehlt die 27-Jährige laut Anklage aus der Wohnung der Großmutter ihres damaligen Lebensgefährtin - zunächst im September 2009 aus der Handtasche des Opfers 250 Euro. Einige Wochen später geht sie an das Ersparte, das im Schlafzimmer deponiert ist: 1415 Euro.

Geld geklaut, um Heroin zu kaufen



Die junge Frau habe die Tatsache, dass die 82-Jährige sie in der Wohnung aufgenommen und ihr vertraut habe, schamlos ausgenutzt, wirft Staatsanwalt Schomer der Angeklagten vor. Dennoch beantragt auch er "nur" eine Freiheitsstrafe auf Bewährung. Neben dem Geständnis der jungen Frau, das dem Opfer eine Aussage vor Gericht erspart, ist es vor allem der bisherige Werdegang der 27-Jährigen, der den Vertreter der Anklage milde stimmt. Mit elf Jahren aus Kasachstan nach Deutschland eingewandert, schafft sie hier den Hauptschulabschluss und macht anschließend eine Ausbildung zur Einzelhandelskauffrau, die sie 2005 erfolgreich abschließt. Bis dahin tritt sie strafrechtlich nicht in Erscheinung. Dann der Knick: "Sie hat wohl die falschen Freunde kennengelernt", sagt ihr Verteidiger. Sie kommt mit Drogen in Kontakt, wird heroinabhängig.

Diese Sucht war es wohl auch, die die 27-Jährige zu den Diebstählen bei ihrer "Schwiegeroma" verleitete. Sie brauchte dringend Geld, um sich Heroin zu verschaffen. Es war ihr deshalb egal, dass sie ihrer Gastgeberin auch mit Gewalt Geld stahl. "Ich glaube nicht, dass das die Art ist, die die Angeklagte sonst an den Tag legen würde", sagt ihr Anwalt Kretschmer.

Offenbar ist auch das Gericht dieser Ansicht und urteilt milde: eine Freiheitsstrafe von 15 Monaten, die für drei Jahre auf Bewährung ausgesetzt ist. Zudem gibt Richter May der jungen Frau als Auflage mit, 100 Stunden gemeinnützige Arbeit abzuleisten. Und, noch wichtiger: Binnen drei Monaten muss die 27-Jährige dem Gericht nachweisen, dass sie sich ernsthaft um eine stationäre Drogentherapie bemüht hat. "Sie müssen umdenken und etwas gegen ihre Drogensucht tun", appelliert May an die Frau. Diese schaut ihn mit ernster Miene an und nickt.

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