Sechs Dörfer sind auf dem Sprung

Prüm · Aus vier mach sechs: Nach den Bürgerentscheiden in Kerschenbach und Stadtkyll sind es nun sechs Gemeinden, die an die Prümer Tür klopfen. Dort, so hat es der Verbandsgemeinderat nun erneut klargestellt, würde man sie bereitwillig aufnehmen.

"Ich begrüße auch den Ortsbürgermeister einer künftigen Gemeinde, Ewald Hansen aus Reuth", sagt Aloysius Söhngen, Bürgermeister der Verbandsgemeinde (VG) Prüm zum Auftakt der jüngsten Sitzung des VG-Rats. Noch ist es zwar lange nicht so weit, dass aus dieser scherzhaften Bemerkung Realität wird. Aber nicht nur der lautstarke Applaus der Ratsmitglieder verdeutlicht, dass die sechs Dörfer Hallschlag, Ormont, Scheid, Reuth, Kerschenbach und Stadtkyll als neue Gemeinden in der VG Prüm willkommen sind.
Kommunal Reform



Einstimmig hat sich der Rat dazu bereiterklärt, die Dörfer aufzunehmen. In Bürgerentscheiden hatten sich die Einwohner mit deutlichen Mehrheiten für den Wechsel in die Nachbar-VG ausgesprochen (der TV berichtete).
"Ich bin ganz erstaunt, vor allem auch über die große Beteiligung und das klare Votum - auch unter den genannten Bedingungen", sagt Söhngen. "Alles, was vorher war, müssen die Gemeinden selbst tragen."
Damit sind vor allem die angehäuften Liquiditätskredite gemeint, die die Dörfer anteilig nach Einwohnerzahl mitnehmen würden und entweder aus eigenen Mitteln tilgen oder nach und nach abtragen.
So würde beispielsweise Stadtkyll als größter Ort Schulden in Höhe von 1,8 Millionen Euro mitnehmen, insgesamt sind es bei den sechs Dörfern 3,6 Millionen Euro. Die Grundschule in Stadtkyll würde übernommen, und analog zu den VG-Außenstellen in Schönecken und Bleialf könnte auch in Stadtkyll ein Bürgerbüro eingerichtet werden. Auch für das Waldfreibad müsse man eine Lösung finden, sagt Söhngen. Stadtkyll allein habe unter anderem wegen des Ferienparks Übernachtungszahlen vergleichbar mit den Gesamtzahlen der VG Prüm. "Daher müssen wir auch entsprechende Einrichtungen vorhalten", sagt Söhngen.
Ob es so weit kommt, sei derzeit aber noch nicht absehbar. "Das Land ist da der entscheidende Spieler."
Zurück in die Zukunft


Bei den Ratsfraktionen sind die neuen alten Gemeinden jedenfalls willkommen: "Es muss ja nichts weiter passieren, als dass wieder zusammengefügt wird, was einmal zusammen war", sagt Klaus Enders, Vorsitzender der FWG.
Er vergleicht den Wunsch der Bürger der Oberen Kyll mit dem Fall der Berliner Mauer. "Die Leute wollen wieder in ihre politische Einheit zurück", sagt Enders. Nun müsse das Land über seinen Schatten springen und den Wunsch der Bürger respektieren.
"An uns soll es nicht liegen. Unser Wort steht", bestätigt die CDU-Fraktionsvorsitzende Mathilde Weinandy. "Jetzt muss das Land schauen, wie es weitergeht. Man muss erkennen, dass man eine Reform nicht gegen den Willen der Bürger machen kann."Meinung

Was zusammengehört
Sechs Dörfer von der Oberen Kyll wollen zur VG Prüm, und die Prümer sind bereit, sie aufzunehmen. Bei so viel Einigkeit müsste sich doch ein Weg zueinander finden lassen, der beide Partner zufrieden macht - sollte man meinen. Doch die Hürden liegen nicht nur in Mainz, sondern auch in Daun und Jünkerath. Dort hat der VG-Rat in der Vergangenheit klargestellt, dass man nicht bereit ist, die - damals noch vier - Dörfer ziehen zu lassen. Man wollte als komplette VG fusionieren, um als starker und gleichberechtigter Partner auftreten und verhandeln zu können. Doch die gescheiterten Fusionsgespräche mit Hillesheim und Gerolstein haben gezeigt, dass angesichts der immensen Schuldenlast der VG Obere Kyll von gleichberechtigten Verhandlungen nicht die Rede sein kann. Niemand war bereit, diese Schulden zu übernehmen und sich auf eine Fusion einzulassen. Daher wäre nun zunächst der VG-Rat der Oberen Kyll am Zug, den Wunsch der Dörfer anzuerkennen und die Bereitschaft zu erklären, sie ziehen zu lassen. Denn die Verhandlungsmöglichkeiten als Gesamt-VG sind ausgeschöpft. Bis zum Ende der Freiwilligkeitsphase Ende Juni wird kein neuer Vorschlag mehr zustande kommen. Damit befindet sich die Zukunft der Oberen Kyll ohnehin in der Hand des Landes - mit ungewissem Ausgang. Von daher würde sich der VG-Rat jetzt nichts mehr nehmen, wenn man zumindest in diesem Punkt dem klar geäußerten Wunsch der Bürger entspricht. Der Vulkaneifelkreis ist ohnehin in seiner Existenz bedroht, der Verlust von sechs Dörfern wird an dieser grundsätzlichen Situation auch nichts ändern. Wenn nun VG und Kreis auf die Bürger hören, dann müsste auch die Landesregierung klar Farbe bekennen, ob ihr der Bürgerwille etwas bedeutet. c.brunker@volksfreund.de

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