Selbst die Ziegen würden meckern

PRÜM. Der Prümer Explosionskrater wächst immer weiter zu – eine Entwicklung, für deren Ende sich schon seit Jahren Stadt, Vereine, Forstleute und Planer einsetzen. Vorschläge gab es in der Vergangenheit einige, woran es aber nach wie vor fehlt, ist das Geld, um diese auch umzusetzen.

"Den Krater wollte ich mir bei dem Publikumsverkehr eher ungern antun", sagt Regino Esch, "da lässt nur einer mal das Tor auf, und schon laufen die Ziegen durch Prüm." Für Esch keine so lustige Vorstellung, wären es doch seine Tiere, die dann möglicherweise zwischen Konvikt und Basilika rumirren würden. Dass es dazu kommen könnte, ist jedoch eher unwahrscheinlich. "Bisher gibt es da nichts Konkretes", sagt der Ökolandwirt aus Wascheid, der in seinem Betrieb "Hof Steinrausch" Ziegen hält. Nun gelten Ziegen als sehr genügsam, da sie auch dort grasen können, wo die Haltung von Kühen schwierig ist. Lässt man sie dann laufen, fressen sie so ziemlich alles, was am Boden wächst. Bis irgendwann nichts mehr da ist. So wie in der Prümer Stadtkasse, die ebenfalls gründlich abgegrast ist, der allerdings ein Trupp Grünzeug fressender Ziegen sehr gelegen käme. Diese würden sich dann im Explosionskrater auf dem Kalvarienberg austoben und das wegfuttern, für dessen Beseitigung die Stadt sonst viel Geld ausgeben müsste. Die Tiere von Regino Esch könnten das erledigen. Rein theoretisch - und das auch nur, wenn im Vorfeld viel Praktisches geleistet würde. Denn der Krater, der 1949 durch eine gewaltige Munitionsexplosion verursacht wurde, ist mittlerweile so zugewachsen, dass selbst Ziegen die Lust am Grasen vergehen würde. "Da wäre erst einmal motor-manuelle Arbeit nötig", sagt der Biobauer, also ein Intensiveinsatz mit der Kettensäge. Zudem müsste der Krater komplett eingezäunt werden - viel Aufwand, der sich für Esch kaum lohnen würde, von der Gefahr durch und für ausbüchsende Ziegen mal ganz abgesehen. "Es kommen immer wieder Leute zu mir mit Vorschlägen, die zum Teil ganz gut, zum Teil aber nicht realisierbar sind", sagt Prüms Stadtbürgermeisterin Mathilde Weinandy. Unrealisierbar ist etwas dann, wenn damit Kosten verbunden sind, was die Summe der realisierbaren Vorschläge recht überschaubar hält. Einer davon könnte aus einem Projekt hervorgehen, das Schüler und zwei Lehrer des Prümer Gymnasiums noch in diesem Sommer angehen wollen. Ganz im Sinne der so genannten "Land Art" (Landschaftskunst) sollen Schüler dabei "vor Ort mit dem Kalvarienberg arbeiten", erklärt Kunstlehrer Günther Schuster. Eine Begehung habe es bereits gegeben, und spätestens nach den Sommerferien sollen die Schüler Gestaltungskonzepte erarbeiten. "Wir werden dann kreative Ideen herausfiltern und diese der Stadt vorstellen", sagt Schuster. Auf der Suche nach Ideen ist auch die Frau des Kunstpädagogen, Birgit Nolte-Schuster. "Wir wollen den Krater wieder stärker in unseren Fokus nehmen", erklärt die Vorsitzende des Prümer Verkehrsvereins, der sich bei seiner Sitzung gestern Abend auch mit der Problematik des zuwachsenden Geländes befasst hat. Schon seit längerem gibt es im Verein Überlegungen, die geschätzten 4000 Euro für das Freistellen des Kraters und jährlichen Folgekosten über Patenschaften abzudecken (der TV berichtete) oder aber über eine Stiftung, was auch die Stadtbürgermeisterin sehr begrüßen würde. Vorerst sieht es aber so aus, als müssten die Prümer darauf hoffen, dass im Rahmen des Land-Art-Schulprojekts ein geeignetes Konzept entsteht. Land-Art-Künstler haben Zeit

Und auch wenn es möglicherweise noch einige Zeit dauert, bis es umgesetzt werden kann, ist das kein Problem, denn Land-Art-Künstler haben Zeit: So hat der wohl bekannteste Landschaftskünstler, Christo, 23 Jahre dafür gekämpft, den Berliner Reichstag verhüllen zu dürfen, was er 1995 dann schließlich auch gemacht hat. Und noch beharrlicher war Christo bei den Vorbereitungen für das Kunstwerk in Riehen, nordöstlich von Basel, die ganze 32 Jahre gedauert haben. 1998 hat er dort 178 Bäume verhüllt. Wobei: Ein verpackter Explosionskrater wäre nicht wirklich die Lösung.

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