Selbsthilfe gegen die Launen der Sauer

Langsur · Ein neuartiges Konzept zum Schutz vor dem Hochwasser der Sauer haben das Land und die Verbandsgemeinde Trier-Land in Langsur vorgestellt. Rund 500 000 Euro wurden in das Pilotprojekt investiert.

 So wird hier dicht gemacht: Fachingenieur Klaus Lenz aus Speyer erläutert die Möglichkeiten des Hochwasserschutzes. TV-Foto: Friedhelm Knopp

So wird hier dicht gemacht: Fachingenieur Klaus Lenz aus Speyer erläutert die Möglichkeiten des Hochwasserschutzes. TV-Foto: Friedhelm Knopp

Foto: (h_tl )

Langsur Scheinbar friedlich fließt der deutsch-luxemburgische Grenzfluss durch die schöne Landschaft, die jährlich Tausende Touristen lockt. Doch der Fluss kann bekanntlich auch anders: Drei schwere Hochwasser suchten in den vergangenen 20 Jahren die Anrainerorte heim. Stark betroffen ist jedes Mal Langsur, wobei es besonders die Anwohner der Sauerstraße in der unteren Ortslage trifft. Und das nicht nur bei schweren Hochwassern. Schon bei kleineren Überflutungen, wie sie alle zwei bis drei Jahre auftreten können, haben sie die "Sauer im Haus".
Dazu Bürgermeister Wolfgang Reiland von der Verbandsgemeinde (VG) Trier-Land: "Schon vor über 20 Jahren haben sich Politiker mit dem Problem befasst, darunter der damalige Ortsbürgermeister Karl-Heinrich Orth und die damalige Fachministerin Klaudia Martini." Das Ergebnis langer und aufwendiger Voruntersuchungen lag nach Angaben von Reiland und Abteilungsleiter Erwin Manz vom Mainzer Umweltministerium dann 2010 vor. Die Analyse und die Zahlen waren erschreckend: Die topografische Lage Langsurs und der weiche Untergrund in Ufernähe hätten eine riesige Maßnahme mit Begrünungsarbeiten und dem kompletten Umbau der örtlichen Kanalisation erfordert.
Neben den Kosten in Höhe von 5,1 Millionen Euro wäre es auch mit dem Langsurer Idyll am Fluss vorbei gewesen. Eine 1,5 Kilometer lange Mauer hätte den Ort von der Sauer getrennt. Und eine Wirtschaftlichkeitsrechnung ergab, dass die Kosten höher gewesen wären als der Nutzen durch verhinderte Hochwasserschäden.
Die Lösung hieß stattdessen "objektbezogener Hochwasserschutz". Das heißt, dass nicht die gesamte Ortslage abgeschirmt werden soll, sondern nur die von leichten und mittleren Hochwassern am stärksten betroffenen Anwesen.
22 gefährdete Häuser in Langsur sind nun für den Ernstfall mit individuellen Absperrvorrichtungen ausgestattet. Auch die Betroffenen selbst mit ihrer Hochwassererfahrung waren an der Planung beteiligt. Je nach Lage und Gebäudeform können die Bewohner bei Gefahr die verschieden konstruierten Schutzvorrichtungen in kurzer Zeit selbst vor Haustüren und Fenstern installieren. Allerdings waren dazu seit Januar entsprechende Vorbereitungen vor den Häusern erforderlich - etwa Bodenfundamente und Stahlelemente, in die sich die Schutzwände bei Bedarf einfügen lassen. Horst Thul ist Eigentümer eines Hauses an der Sauerstraße. Es liegt direkt vis-à-vis zum Fluss. Thul zum TV: "Ich habe so manches Hochwasser hier erlebt. Wir warten schon seit 25 Jahren auf eine Lösung - nun hat man sie hoffentlich gefunden." Bisher habe er die Hochwasser auch mit eigenen Einbauten einigermaßen im Griff gehabt - bis auf das Sickerwasser dahinter. Nun baue er auf diese professionelle Lösung - "da bin ich direkt dabei gewesen, als das Projekt vorgestellt wurde". Thul hat sogar weiter vorgesorgt: Der nun vorgestellte Schutz hätte in der Normalversion für eine Wasserhöhe von 1,60 Meter gereicht. "Ich habe dann 1100 Euro dazu gelegt und vorsichtshalber auf 1,90 Meter erhöht, womit wir hoffentlich auf der sicheren Seite sind", sagt der Hauseigentümer.
Auch Reinhold Thiel, Ortsvorsteher von Langsur, hat für sein Haus an der Sauerstraße eine der neuen Schutzvorrichtungen erhalten. Thiel: "Ich kann auf manches Hochwasser mit zum Teil hohen Schäden zurückblicken. Das was jetzt gemacht wurde, ist richtig." Er halte diese Art von Hochwasserschutz direkt am Objekt für perfekt. Die Planer hätten 100-prozentige Arbeit geliefert. Allerdings sieht Thiel auch eine weitere Entwicklung: Die Hochwasser der Sauer seien in den letzten Jahren zurückgegangen. Das sei sicher das Ergebnis der zahlreichen Renaturierungsmaßnahmen, besonders an Nebengewässern am oberen Flußlauf. Thiel: "Großräumige Gewässerrenaturierung ist meiner Meinung nach wirksamer als jede Hochwasserschutzanlage."
Gestern haben die Verbandsgemeinde, vertreten durch Bürgermeister Reiland, und die bei der Planung federführende Struktur- und Genehmigungsdirektion (SDG) Nord, vertreten durch Alfred Weinandy, das fast fertige Pilotprojekt vorgestellt. Zahlreiche Anwohner, Landrat Günter Schartz, Mitglieder des Verbandsgemeinderats und des Ortsgemeinderats begleiteten Klaus Lenz vom beauftragten Ingenieurbüro Wald + Corbe (Speyer) zu den Objekten. Dort erläuterte der Experte die verschiedenen Möglichkeiten, um entsprechend der örtlichen Gegebenheiten einen optimalen Schutz zu ermöglichen. Anschließend übergab SGD-Vertreter Weinandy den Hochwasserschutz offiziell per Unterschrift an Bürgermeister Reiland.
"Was lange währt, wird endlich gut", freute sich Ortsbürgermeisterin Maria Braun nach dem Rundgang. Ihr Dank galt allen Beteiligten von Land, SGD-Nord, Verbandsgemeinde und besonders den engagierten Bewohnerinnen und Bewohnern aus Langsur, allen voran Ortsvorsteher Reinhold Thiel.

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