Sie geben der Eifel ein Gesicht

Bitburg · Was ist Eifeler Baukultur? Heute gibt es auf diese Frage eine Antwort. Erstmals verleiht der Eifelkreis zusammen mit der Landesarchitektenkammer den Baukulturpreis. Mehr als 70 Bauherren haben sich mit ihren Projekten um die Auszeichnung beworben - darunter vorbildlich sanierte alte Häuser wie auch Neubauten.

Bitburg. Wer einmal in der Bretagne war, braucht nur die Augen zu schließen, um sie wieder zu sehen: die Steinhäuser mit den bunten Fensterläden. Auch im Schwarzwald prägen regionaltypische Gebäude die Landschaft: die Schwarzwaldhäuser mit ihren ausladenden großen Dächern, üppigen Balkonen und viel Holz. Typisch für die Eifel ist das, was die Architekten das Trierer Quer einhaus nennen: ein landwirtschaftliches Gebäude, das Stall und Wohnräume unter einem Dach vereint. Zwei Geschosse, geneigte Dächer ohne Überstand, meist ohne Gauben. Kurzum: Das typische Eifeler Haus in Steinbauform, wie es sich zu Beginn des 19. Jahrhunderts entwickelt hat, zeichnet sich durch eine funktionale Aufteilung, klare Linien und schlichte Formen aus - kein Klimbim.
Doch längst ist die Eifel nicht mehr vorrangig landwirtschaftlich geprägt. Und mit der Landwirtschaft scheint auch die für die Eifel typische Bauweise in Vergessenheit geraten zu sein. Ob Türmchen und Erker oder gleich das Haus Toskana aus dem Katalog: Neubaugebiete dokumentieren die Vielfältigkeit der Geschmäcker. Das wird auch so bleiben. Aber das, was an Baukultur die Landschaft seit Jahrzehnten prägt, soll nicht in Vergessenheit geraten. Das ist, kurzgefasst, das Anliegen der Initiative Baukultur Eifel, die der Kreis in Zusammenarbeit mit der Landesarchitektenkammer Rheinland-Pfalz 2011 ins Leben gerufen hat. Es geht darum, den einzigartigen Charakter der Region zu erhalten.
Ob liebevoll sanierte Altbauten oder aber neue Gebäude, die regionaltypische Besonderheiten aufgreifen und diese weiterentwickeln: Der Kreis will sie mit dem Baukulturpreis auszeichnen, der heute Abend erstmals in Haus Beda vor geladenen Gästen verliehen wird.
Keine Belehrung, keine Vorgaben


"Es geht um die Verheutigung traditioneller Bauweisen. Dabei soll weder belehrt noch etwas vorgegeben werden. Unser Ziel ist es, eine Diskussion anzuregen und Ideen zu geben, um regionale Identität zu fördern und zu erhalten", sagt Landrat Joachim Streit, Vorsitzender und Mitinitiator der Initiative Baukultur Eifel - eine Initiative, die deutschlandweit einmalig ist und auch vom Bundesbauministerium als beispielhaft gewürdigt wird. Mehr als 70 Bauherren und Architekten haben sich um den mit bis 1000 Euro dotierten Preis beworben. "Das Niveau der Projekte ist extrem hoch", sagt Edgar Kiewel, Dorferneuerungsbeauftragter des Eifelkreises. Mehr verrät er noch nicht. Erst heute Abend wird der Vorhang gelüftet. Der Preis wird in mehreren Kategorien wie Bauen im Bestand, Neubauten, öffentliche Gebäude oder private Wohnhäuser vergeben. "Wir sagen nicht: Das ist schlecht. Sondern wir wollen beispielgebende Projekte vorstellen und damit inspirieren", erklärt Herbert Mayer, Baukulturbeauftragter des Eifelkreises.
Dass der Kreis mit seiner Initiative Baukultur auf Bundesebene als Vorreiter gilt, ist nicht zuletzt auch der engagierten Arbeit von Marie-Luise Niewodniczanska zu verdanken, die sich seit Jahrzehnten für die Dorfkernsanierung und Dorfentwicklung starkmacht, Mitglied der Wettbewerbsjury "Unser Dorf soll schöner werden" und nun auch Sponsorin des ersten Baukulturpreises ist. Knapp 20 Millionen Euro an Landes- und Bundesmitteln wurden in den vergangenen 20 Jahren im Eifelkreis im Rahmen des Dorferneuerungsprogramms investiert. Mit der Initiative Baukultur Eifel wird der Blick von der Sanierung alter Bausubstanz auch auf regionaltypische Neubauten erweitert. Niewodniczanska ist überzeugt: "Die gebaute Umwelt ist ein Spiegelbild unserer Gesellschaft und damit ein wichtiges Markenzeichen der Region." Dieses Markenzeichen will die Eifel weiter ausbauen.

Der TV wird in einer Reihe alle Bauprojekte vorstellen, die heute Abend bei der ersten Verleihung des Baukulturpreises ausgezeichnet werden.
Meinung

Zurück zu den Wurzeln
Vor Jahrzehnten noch als Preußisch-Sibirien verschrien, hat die Eifel längst zu neuem Selbstbewusstsein gefunden. Regionale Gerichte und Produkte stehen - auch dank der Regionalmarke Eifel - hoch im Kurs. Die Zeit ist reif, auch beim Bauen zurück zu den Wurzeln zu kehren. Dafür ist Baukultur Eifel die Initialzündung. Regionaltypische Gebäude, die mit dieser Initiative gefördert werden, sind Teil von dem, was Heimat ausmacht und Geborgenheit schafft. Das kann im Wettbewerb um Arbeitskräfte oder Touristen zum Standortvorteil werden. d.schommer@volksfreund.de

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