Sie sehen sich abgehängt - Obere Kyll beschwert sich über knapp bemessenes Kita-Fördergeld

Jünkerath/Stadtkyll/Daun · Der Jugendausschuss des Kreises Vulkaneifel wird am Montag auch darüber entscheiden, welche Kinder-Tagesstätten in den kommenden drei Jahren Bundesmittel erhalten. Insgesamt sind das 658 000 Euro. Davon landen an der Oberen Kyll gerade einmal 11 000. Und dort fragt man sich, warum, während sich allein die Verbandsgemeinde Gerolstein über eine Viertelmillion freuen darf.

Sie sehen sich abgehängt - Obere Kyll beschwert sich über knapp bemessenes Kita-Fördergeld
Foto: (e_pruem )

Jünkerath/Stadtkyll/Daun. Diane Schmitz, Bürgermeisterin der Verbandsgemeinde (VG) Obere Kyll, hat einen solchen Hals, dass sie derzeit kaum in einen Pullover kommen dürfte: Sie sieht ihre Kommune ausgebootet und abgestraft - vom Kreis Vulkaneifel.
Es geht um den Jugendhilfe-Ausschuss. Und um Geld: um Bundesmittel, die ursprünglich fürs Betreuungsgeld vorgesehen waren. Es sollte Familien zur Verfügung gestellt werden, die ihren Nachwuchs in den ersten drei Lebensjahren zu Hause lassen und nicht im Kindergarten oder bei Tagesmüttern unterbringen. Das Verfassungsgericht aber kippte im vorigen Jahr die sogenannte (und von der CSU ausgedachte) Herdprämie.Viel hüben, wenig drüben


Der Kreis Vulkaneifel erhält aus diesen Mitteln nun für die kommenden drei Jahre 658 000 Euro. Und die wollen verteilt sein in den Kommunen. Wie, das wird der Jugendhilfeausschuss am Montag in seiner Sitzung beschließen. Dazu wurden die Verbandsgemeinden aufgefordert, Projekte in ihren Tagesstätten zu melden und dafür das Geld zu beantragen.
Von der Oberen Kyll funkten zwei Einrichtungen Bedarf: die Kitas in Hallschlag und in Stadtkyll. In Hallschlag will man Bewegungsräume für die ganz Kleinen einrichten, das soll 11 000 Euro kosten. Die Stadtkyller wiederum möchten ein Bildungsprojekt (siehe Extra) umsetzen, für 32 000 Euro, verteilt auf die drei Jahre.
Aus allen fünf Verbandsgemeinden und dem Kreis-Jugendamt wurden insgesamt 754 000 Euro beantragt, also knapp 100 000 mehr, als Geld bereitliegt. Gestrichen auf der Vorschlagsliste für den Ausschuss wurde Stadtkyll, Hallschlag blieb drin. Damit erhält die Obere Kyll von den 658 000 Euro direkt also 11 000 - das sind 1,66 Prozent.
Und Diane Schmitz bekennt, dass sie sich am liebsten übergeben würde. Zumal Landrat Heinz-Peter Thiel, zugleich Vorsitzender im Jugendausschuss, sie seit Monaten mit ihrer Bitte hängen lasse, zu einer einvernehmlichen, mit allen Kommunen abgestimmten Lösung zu kommen, wie es auch der Gemeinde- und Städtebund vorgeschlagen habe."Gleichmäßige Verteilung"


Thiel ließ den zuständigen Bereichsleiter Philip Schützeberg an die Bürgermeisterin schreiben: Man bitte um Verständnis, wenn man ein solches Einzelprojekt wie in Stadtkyll nicht in so hohem Umfang fördern könne. Man habe dennoch bei Erstellung der Liste versucht, eine möglichst gleichmäßige Verteilung zu erzielen.
Was Diane Schmitz nicht so sieht. Sie vermutet dahinter eine Retourkutsche für das Bestreben der Oberen Kyll, mit Prüm zu fusionieren. Zumal die VG Gerolstein fast eine Viertelmillion Euro erhalte, knapp 38 Prozent der gesamten Summe. Für Kelberg bleiben immerhin mehr als 50 000, für Daun knapp 40 000 Euro. In Hillesheim, wo 70 000 Euro beantragt wurden, landen 14 000 Euro, auch nicht gerade üppig. Von dort wurde aber bisher keine Kritik an der Geldverteilung bekannt. Der Kreis soll 294 000 Euro für seine Projekte erhalten.
Die Angelegenheit ließ auch Walfriede Kasel aus Ormont stutzen: Sie ist neben Ulrike Erb-May eine von zwei Vertreterinnen der Oberen Kyll im Ausschuss, dem 29 Frauen und Männer angehören, 15 davon in nur beratender Funktion. "Ich finde das schon komisch", sagt sie, "das müssen die mir erklären." Sie hat nun vor, den Antrag aus Stadtkyll wieder auf die Liste zu bekommen, macht sich aber nicht viele Hoffnungen: Man stehe im Ausschuss "ziemlich alleine da".Widerspruch aus Reuth


Aus Reuth, einer der Trägergemeinden der Kita Stadtkyll, kommt ebenfalls Kritik: Ortsbürgermeister Ewald Hansen teilt mit, dass man die Entscheidung "in keiner Weise auch nur in Ansätzen" verstehe. Bleibe der Ausschuss bei dieser Verteilung, werde man "gegen diese Entscheidung Widerspruch einlegen und den Rechtsweg bestreiten."
Für den Landrat, der dem TV schriftlich antwortet, liegen hingegen "augenscheinlich Missverständnisse" vor: "Viele der angesprochenen Positionen beziehen sich auf Maßnahmen, die kreisweit greifen", die Kita Stadtkyll profitiere davon "genauso wie jede andere."
Der Posten "Sprachbildung in den Kitas" sei dafür ein Beispiel: Gerolstein sei nur die einreichende Stelle, die Förderung stehe allen zur Verfügung und könne "auch von der Kita Stadtkyll in Anspruch genommen werden". Zudem sei die Förderliste "nur ein Verteilungsvorschlag seitens der Verwaltung". Die Entscheidung darüber, schreibt Heinz-Peter Thiel, "bleibt dem Jugendhilfeausschuss vorbehalten".Meinung

Man muss lange suchen
Möglicherweise wird man Argumente dafür finden, dass die Förderliste und die 1,6 Prozent des Geldes für die Obere Kyll eine gerechte Aufteilung darstellen. Aber wer hat schon so viel Zeit, nach diesen Argumenten zu suchen? Schauen wir einfach auf die Zahlen. Und die sind deutlich. Erbärmlich, dass dabei ein sinnvolles Vorhaben für Kinder über die Wupper geht. f.linden@volksfreund.deExtra

Die Kindertagesstätte Stadtkyll hat Förderung für ein Projekt des Marte-Meo-Zentrums Eifel beantragt. Marte Meo bedeutet sinngemäß "etwas aus eigener Kraft erreichen" und soll die Entwicklung von Kindern und ein positives Selbstbild fördern. In Stadtkyll sollte es darum gehen, die Schützlinge auf ihre Schulzeit vorzubereiten. Neben den erzieherischen Fachkräften sind auch die Eltern eingebunden. Die Marte-Meo-Methodik wurde in den Niederlanden entwickelt, sie setzt unter anderem auf eine verbesserte Kommunikation zwischen Eltern und Kindern. Sie wird aber auch in Einrichtungen für Erwachsene eingesetzt. fpl

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